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08.04.2014

 

Moscheebau in Algerien

 

Ein Minarett aus Deutschland

 

In Algier entsteht derzeit die drittgrößte Moschee der Welt. Es ist ein Heiligtum der Superlative. Seine Architekten sind Deutsche und die Arbeiter kommen aus China.

07.04.2014 von RAINER SCHULZE, ALGIER

 
Der blaue Renault verlässt das Zentrum von Algier und fährt neun Kilometer in Richtung Mekka. Links rauscht die neue Strandpromenade vorbei, vor der Bucht von Algier liegen ein paar Tanker. Es geht durch das Niemandsland der Vorstadt: Wohnhäuser, Gewerbehallen, Park- und Fußballplätze. Der Wagen taucht unter einer Schnellstraße hindurch, dann kommt in Blau und Weiß, den Farben der Stadt, der Bauzaun, darauf drei Reihen Stacheldraht. Chinesische Bauarbeiter in Blaumännern ziehen schleppenden Schritts zu ihren Unterkünften. Die orangefarbenen Helme wippen in der Sonne. Es ist Mittagspause, von elf bis 13 Uhr.

Hinter dem Bauzaun hört man Englisch, Französisch, Arabisch, Deutsch und sehr viel Chinesisch. Tausende Chinesen bauen hier, in der Peripherie der Hauptstadt, im Auftrag des algerischen Religionsministeriums ein islamisches Heiligtum der Superlative. Die „Große Moschee von Algier“ ist viel mehr als nur eine Moschee. Sie ist ein neuer Stadtteil mit Kulturzentrum, Park, Kinosälen, Boutiquen, Teehäusern, Hochschule, Bibliothek, Studentenwohnheim und dem höchsten Gebäude Afrikas: Das Minarett misst 265 Meter und ist eigentlich ein Hochhaus, in dem ein Museum und Forschungseinrichtungen untergebracht sind.

Die Moschee wird ein Stück deutsche Wertarbeit: Vom Frankfurter Architekturbüro KSP Jürgen Engel stammt der Entwurf für die maghrebinische Hallenmoschee mit Einflüssen der Klassischen Moderne. Gemeinsam mit dem Darmstädter Ingenieurbüro Krebs und Kiefer kümmert es sich auch um die Bauleitung. Christen planen eine Moschee? Für den Generaldirektor des Bauherrn Anargema ist das kein Widerspruch: „Beim Bauen geht es um Technik, nicht um Religion“, sagt Belkacem Hamdi.

Auf der Baustelle steht der Architekt Jürgen Engel und staunt. Seit seinem letzten Besuch vor ein paar Wochen ist die Moschee schon wieder gewachsen, mittlerweile ist sie zu einem Viertel fertig. Der Sockel des Gebetssaals ist schon zu erkennen. Er soll einmal 35.000 Gläubige fassen, der Petersdom würde hineinpassen. Die Bibliothek und das Studentenwohnheim stehen schon im Rohbau, die Pfeiler des Minaretts gehen 45 Meter in die Tiefe. Es muss erdbebensicher stehen, alle paar Jahre schwankt hier die Erde. Ein Lastwagen fährt Erdreich ab. Engel lässt den Blick über das riesige Areal schweifen. „Es ist schon ein Abenteuer“, sagt er. „Wir planen für hundert Jahre und mehr.“ Im Hintergrund ruft ein Muezzin.

Zwischen den Baracken wäscht Shan Feng an einem langen Waschbecken ein Stück Schafslunge, die Kollegen spülen ihr Geschirr. Der Baggerfahrer aus dem chinesischen Jiangsu lebt schon seit zwei Jahren auf der Baustelle, einmal im Jahr reist er für 45 Tage in die ferne Heimat. Dass er in Nordafrika die Djamaa El Djazair, die drittgrößte Moschee der Welt, baut, macht ihn stolz. Es ist das größte Projekt seines Arbeitgebers, des staatlichen Baukonzerns „China State“, hierzulande. Schon der Flughafen von Algier, Krankenhäuser, ein Hotel und eine Autobahn sind von Chinesen gemacht.

Die Moschee soll ein Motor für die Stadtentwicklung sein. In der Umgebung sind Wohnviertel geplant, eine Straßenbahn soll zum Zentrum führen. Algier ist dringend auf solche Projekte angewiesen, die Stadt ertrinkt im Autoverkehr. Der Bauherr der Moschee setzt dabei auf typisch deutsche Tugenden: Pünktlichkeit, Genauigkeit, Sorgfalt. „So abgedroschen es klingt. Es ist das Bild, das man von uns hat“, sagt Projektleiter Wolfgang Heine.

Etwa hundert deutsche Unternehmen suchen in Algerien derzeit das Abenteuer. Viele lockt das 280 Milliarden Euro schwere Investitionsprogramm der Regierung: „Hier gibt es Projekte, die man in Europa nicht mehr findet. Neue Eisenbahnlinien etwa oder die Umsiedlung eines Hafens“, sagt Eric Fischer von Krebs und Kiefer, die für die Tragwerksplanung der Moschee zuständig sind. Die Wirtschaft wächst, für das Jahr 2014 rechnen Experten mit einem Plus von 3,6 Prozent. Dass staatliche Großprojekte verwirklicht werden, ist wahrscheinlicher geworden. Die Frage ist nur: „Wie kriegt man die PS auf die Straße?“, sagt Engel.

Das an Erdöl und Erdgas reiche und von Präsident Abd al-Aziz Bouteflika autoritär geführte Land setzt bei seinen Bauvorhaben auf Hilfe von außen. „Man holt sich das Know-how ins Land, will aber verhindern, dass das Geld abgezogen wird“, sagt Karim Azaiz, der die Deutsch-Algerische Industrie- und Handelskammer leitet. Die Öffnung hat daher enge Grenzen. Seit 2009 benötigen ausländische Unternehmen, die eine Niederlassung gründen, einen algerischen Partner. Das schreckt viele ab.

Die Moschee soll das Wahrzeichen der Hauptstadt werden. Für Urlauber ist Algerien aber ein weißer Fleck auf der Landkarte. Der Tourismus ist nach dem Bürgerkrieg in den neunziger Jahren praktisch zum Erliegen gekommen. Das rohstoffreiche Land ist auf die Einnahmen aus dieser Quelle bislang auch nicht angewiesen. Es gibt keine touristische Infrastruktur, kaum Hotels, und die herrliche Altstadt, die Kasbah aus dem 16. Jahrhundert, verkümmert. Azaiz glaubt, dass der Tourismus wiederkommt. Noch beruhen mehr als 90 Prozent der Exporte auf Öl und Erdgas. Aber über kurz oder lang müsse sich die algerische Wirtschaft breiter aufstellen. „Die Reserven sind endlich.“

Für den Staat hat die Moschee im Moment höchste Priorität. „Es ist ein großes Projekt für Algerien, sichtbar über die Landesgrenzen hinweg“, sagt Bauherr Hamdi. Anderen ist das Bauvolumen zu gewaltig: Adlène Meddi, Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „El Watan Weekend“, erinnert das Projekt an die überdimensionierten Bauten in den Golfstaaten. Zwar stehe die Große Moschee von Algier für einen liberalen, modernen Islam. Aber die Zeitung hat kürzlich eine Karikatur von Präsident Bouteflika als Kleinkind abgedruckt: Er baut aus Bauklötzen seine Moschee.

Fragt man die Leute auf der Straße, so hört man oft, dass das Geld auch gut für den Bau von Krankenhäusern hätte verwendet werden können. Im quirligen Viertel Bab el Oued steht der Friseur Ainouche Mehenni auf der Straße neben einem Karton voller Fernbedienungen und wartet auf Kundschaft. „Wir Muslime lieben Moscheen. Aber wir brauchen auch andere Dinge wie Krankenhäuser, Schulen und Wohnungen.“ Der Präsident wolle sich ein Denkmal setzen, meint Zeno, ein junger Mann, ein paar Schritte weiter. Zeno hat keinen festen Job. Heute leistet er einem Kumpel Gesellschaft, der Erdnüsse in kleinen Papiertüten verkauft. Zeno ist 21 Jahre alt und weiß nicht, was er in fünf Jahren anfangen wird. Die Jugendarbeitslosigkeit schätzen Experten auf mehr als 50 Prozent. Auf der Moscheebaustelle entstehen Tausende Arbeitsplätze. Aber die chinesische Baufirma bringt ihre eigenen Arbeiter mit. Einige Algerier arbeiten im Büro des Bauherrn. Andere putzen in der Kantine und chauffieren die Auftraggeber vom Flughafen zur Baustelle. Aber die meisten anspruchsvollen Jobs erledigen Chinesen, Kanadier, Deutsche. Es mangelt schlicht an gut ausgebildeten algerischen Fachkräften. Architekt Engel hat eine Idee, wie man das ändern kann: eine Schule für Steinmetze und Schreiner für die vielen Ornamente der Moschee.

Auf der Baustelle stoßen die deutschen Architekten und Ingenieure an Grenzen. „Das Projekt wurde auf einem Niveau geplant, das in Algerien schwierig umzusetzen ist“, sagt Wolfgang Käbberich, fester Vertreter der deutschen Architekten vor Ort. Im Moment fehlt Sand – und das in einem Land, das zu 85 Prozent von der Sahara bedeckt ist. Aber der feine Wüstensand eignet sich nicht für hochfesten Beton. Auch feuerfeste, zertifizierte Steine gibt es nicht. Viele Baumaterialien werden deshalb importiert: Der Kalkstein für die Fassade kommt aus der Türkei und aus Italien. Die 680 Stützenelemente aus Schleuderbeton werden in Deutschland gefertigt und per Schiff angeliefert. Das soll mit dem Sand nicht auch noch passieren. Im Moment ruhen die Betonarbeiten, so lange wird nach einem geeigneten Steinbruch gesucht.

2015 soll die Moschee eigentlich fertig sein. „Wir haben ein wenig Verspätung“, sagt Bauherr Hamdi und korrigiert auf Juni 2016. Auch das dürfte knapp werden. Dass die drittgrößte Moschee der Welt zur Bauruine wird, ist jedoch nicht zu erwarten. Aber das hängt am Ende auch an der Politik. Am 17. April wird ein neuer Präsident gewählt, es wird wohl der alte sein: Bouteflika tritt wieder an. Doch der 77 Jahre alte Präsident ist gesundheitlich schwer angeschlagen. Er sorgt bisher für Stabilität. „Ohne politische Flankierung auf allerhöchster Ebene bekommt man so ein großes Projekt nicht hin“, sagt Azaiz von der Handelskammer.

Engel glaubt, dass Architektur eine Gesellschaft verändern kann, ob in Deutschland, China oder Algerien. „Öffentliche Bauten emanzipieren die Länder. Irgendwann werden sie Demokratien.“

 

Quelle: faz.net

 

   

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