Verlag C.H.BECK , München 2016
416 Seiten mit 16 Abbildungen
Originalausgabe
Broschur € 16,95, E-Book € 13,99
ISBN 978 3 406 69807 1
Der Autor, Jurist und Islamwissenschaftler, ist Professor für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Erlangen-Nürnberg sowie Gründungsdirektor des Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa,. Wir haben auf dieser Seite bereits sein Standardwerk „Das islamische Recht, Geschichte und Gegenwart“ (gleicher Verlag, 3. Aufl. 2011) vorgestellt.
Mit vorliegendem Werk macht Mathias Rohe eine Bestandsaufnahme zum Islam in unserem Lande und liefert gleichzeitig einen Beitrag zur Versachlichung des komplexen und auch kontrovers vielbeschriebenen und vieldiskutierten Themas.
Das umfangreiche Material gliedert Mathias Rohe in sechs Teile. Teil I beschreibt die ersten „Begegnungen mit dem Islam“, sei es durch Kreuzzüge oder den Kulturtransfer. Eine Rolle spielt hier der Aufstieg und Niedergang des Osmanischen Reichs. Auch Neugierde und Sehnsuchtsorte sind Bestand der unaufhaltsamen Begegnung: ‚Orient trifft Okzident’.
Teil II gibt einen Abriss zur „Geschichte der Muslime in Deutschland“. Die ersten Muslime in Deutschland waren ‚Türkenbeute’, Kriegsgefangene und Sklaven, die teilweise erstaunliche Karrieren erlangten. Im Dritten Reich wurde der Versuch einer ‚Instrumentalisierung’ zugunsten einer Teilhabe der Muslime am Kriegsgeschehen gestartet. Das letzte Kapitel in diesem Teil gibt dieser Bestandsaufnahme den Anstoß: „Arbeitsmigration und Asyl: der Islam wird einheimisch“, wobei der Autor einschränkt, dass die Entwicklungen, die sich durch die große Zuwanderung seit 2015 ergeben, noch nicht abzuschätzen sind.
Teil III „Religiöse und soziokulturelle Prägungen in der Gegenwart“ gibt Antwort auf Fragestellungen, beispielsweise wie viele Muslime gibt es in Deutschland? und behandelt religiöse Orientierungen sowie Migrationsgeschichte von Muslimen in Deutschland mit Aussagen zu Herkunft und Einwanderungsgrund, interethnische Kontakte etc. Tabellen veranschaulichen die statistischen Erhebungen.
Der vierte Teil umfasst „Organisationen und Einrichtungen“ mit einem Blick auf die Entwicklungen seit den 1980er Jahren und einer kommentierten Aufzählung von 13 deutschlandweit agierenden Organisationen.
In Teil V stellt der Verfasser „Islamisches Leben und deutsches Recht“ gegenüber mit einer Einleitung zu Staat und Religionen. Er zeigt die Reichweite und Grenzen der Religionsfreiheit auf und gibt praktische Beispiele zu Recht und Alltag.
Der größte und letzte Teil „Perspektiven des Zusammenlebens“ enthält u.a. Ausführungen zu der muslimischen Alltagskultur’, den Geschlechterrollen, Debatten über den Islam in Deutschland, zur islamischen Bildung und interreligiösem Dialog sowie eine Zusammenfassung der islambezogenen Wissenschaften in Deutschland. Letztere haben ihre Wurzeln im 16. Jahrhundert. Seit dem folgenden Jahrhundert waren Tübingen, Göttingen und Leipzig die Zentren für wissenschaftliche Studien des Arabischen und des Islam.
Im kurzgefassten Ausblick appelliert Mathias Rohe nochmals an Deutsche und Muslime: Deutschland ist ein säkularer Staat mit allen Konsequenzen, wie Religionsfreiheit usw.
„Nicht nur Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen, sondern auch die Menschen unterschiedlicher Individualitäten und Herkunft im Land. Statt pauschaler Urteile … benötigen wir als Leitmotiv für Begegnungen und Beurteilungen im gesellschaftlichen Zusammenleben wie auch in der wissenschaftlichen Aufarbeitung bei allen Beteiligten nur: Fairness.
Im Anhang gibt es neben Anmerkungen eine umfangreiche Liste weiterführender Literatur sowie ein Personenregister Fazit: Prägnant geschrieben, gibt das fundierte Werk Antwort auf viele Fragen, die Deutsche und auch Muslime heute bewegen. Ein Desiderat auf dem deutschen Buchmarkt!
Helga Walter-Joswig
< Lutz Berger, Die Entstehung des Islam – Die Ersten Hundert Jahre – Von Mohammed bis zum Weltreich der Kalifen