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24.03.2014

 

Streit auf der Golfhalbinsel

 

Katar provoziert seinen mächtigen Nachbarn

 

Martin Woker, Freitag, 21. März 2014, Neue Züricher Zeitung

Die Rebellion in der arabischen Welt hat in den Monarchien am Golf divergierende Interessen verschärft. Saudiarabiens Politik der Systemerhaltung stösst auf Widerstand. Am vehementesten wehrt sich Katar dagegen.

Sie können nicht länger in einem Atemzug genannt werden: Kuwait, Saudiarabien, Bahrain, Katar, die Vereinigten Emirate und Oman. Die vor drei Jahren entbrannte Rebellion in der arabischen Welt hat die sechs Mitglieder des Golfkooperationsrats entzweit und Interessengegensätze zutage treten lassen. Den tiefsten Keil in die vermeintliche Einheit trieb Saudiarabien zu Monatsbeginn mit dem Abzug seiner Diplomaten aus dem Emirat Katar. Bahrain und die Vereinigten Emirate, wozu Dubai und Abu Dhabi zählen, zogen bei dem diplomatischen Kraftakt mit. Katar hat auf Retorsion verzichtet und seine Gesandten am Ort ihres Wirkens in Riad, Abu Dhabi und Manama gelassen.

Verhasste Muslimbrüder

Vorausgegangen waren dem Streit drei Forderungen Saudiarabiens an Katar: Schliessung des Fernsehsenders al-Jazira, Verbot von missliebigen sozialpolitischen Forschungsstellen, sogenannten Think-Tanks, sowie die Auslieferung gesuchter politischer Aktivisten. Pikantes Detail: Bei den inkriminierten Denkfabriken handelt es sich um zwei lokale Ableger angesehener amerikanischer Institutionen (Brookings Institution und Rand Corporation). Ein weiterer Think-Tank wird von einem ehemaligen Knesset-Abgeordneten geleitet, dem in seiner Heimat wegen angeblicher Spionage gesuchten israelischen Palästinenser Azmi Bishara.

Der offensichtlichste Anlass des saudischen Drucks auf das knapp 300 000 Einheimische zählende Land mit dem weltweit höchsten Durchschnittseinkommen gründet in Katars Unterstützung für die Muslimbruderschaft. Ägyptens Regime hatte im Zuge der laufenden Konterrevolution die Muslimbruderschaft zur Terrororganisation erklärt. Saudiarabien zog mit eigenen Anti-Terror-Gesetzen nach, deren Wortlaut die wahhabitische Staatsdoktrin festigt und die ohnehin schon geringe Meinungsäusserungsfreiheit weiter einschränkt. Im Verständnis der saudischen Herrscher säen Muslimbrüder die subversive Saat einer Republik in islamischem Korsett, ähnlich jener, welche die verfemten Schiiten ennet dem Golf in Persien nach dem Sturz des Schahs vor 36 Jahren installiert hatten.

Doch das Feindbild «politischer Islam» verblasste. Nachdem die USA den Muslimbrüdern in Ägyptens erstem freiem Urnengang im Juni 2012 den Wahlsieg zugestanden haben, trägt die Charmeoffensive von Irans neuer Regierung auch in Washington erste Früchte. Beides sind für Saudiarabien Alarmzeichen. Von Präsident Obama wird erwartet, bei seinem auf Ende Monat terminierten Besuch in Riad Farbe zu bekennen. Ein Bekenntnis zur unverbrüchlichen Freundschaft mit dem Hause Al Saud bedeutete eine Parteinahme zugunsten des saudischen Bestrebens nach Hegemonie am Golf. Doch damit ist nicht zu rechnen.

Obama ist zum Balanceakt gezwungen, seine saudischen Kunden (Freunde sind es nicht) bei Laune zu halten und gleichzeitig die Lehre zu verkünden, wonach der Glanz der Moderne auch deren Geist erfordert. Die horrenden Investitionen des Königreichs in die Modernisierung von Infrastruktur, Bildungswesen und Armee erfreuen zwar viele amerikanische und europäische Lieferanten, die inneren Strukturen des bedeutendsten Staates auf der Arabischen Halbinsel blieben ob dem materiellen Segen aber bisher kaum berührt.

An der diesjährigen Buchmesse in Riad zerstörten Sittenwächter die Auslage eines geisteswissenschaftlichen lokalen Verlegers wegen angeblicher Blasphemie (was sofort als Youtube-Sequenz im Internet auftauchte). Ein Buch über einheimische autofahrende Frauen wurde ebenso verboten wie Werke des in der ganzen arabischen Welt hochgeachteten palästinensischen Autors Mahmud Darwish. Während Publikationsverbote (mit der Ausnahme Libanons) im Orient eine lange und unselige Tradition haben, besteht eine der neuen Freiheiten des arabischen Aufbruchs im massenhaften Gebrauch der sozialen Netzwerke und des Internets. Dass deren subversive Kraft in Saudiarabien immer noch verdrängt wird, ist Ausdruck der Angst vor einem gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem autoritären Herrschaftssystem kaum steuern lässt. Gut möglich, dass Saudiarabiens Kronprinz Salman, dieser Tage zu offiziellem Besuch in Peking, die Chinesen um kundigen Rat bat. Auf seinem Programm standen Gespräche zur Kooperation in Jugendangelegenheiten, was immer das auch bedeuten mag.

In auffallendem Kontrast dazu demonstriert Katar mit dem Betrieb seines Satellitensenders Jazira einen innovativen Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln. Das ging so lange gut, bis sich der Sender mit seiner Ägypten-Berichterstattung den Vorwurf einseitiger Parteinahme für die Muslimbrüder einhandelte. Derzeit stehen drei in Kairo eingekerkerte Jazira-Reporter wegen Terrorverdacht vor Gericht. Die einst bejubelte Professionalität des globalen Nachrichtensenders litt unter dessen selektiver Wahrnehmung, die brisante Themen im eigenen Land ignorierte, gleichzeitig aber dem in Katar exilierten ägyptischen Ideologen der Muslimbrüder, Yusuf al-Kardawi, eine Plattform bietet – für Saudiarabien eine Provokation ersten Ranges.

Die Folgen einer Bonanza


Die Beziehungen der Al Saud zu den Scheichs auf der kleinen Halbinsel Katar waren stets von gegenseitiger Animosität gekennzeichnet, was sich periodisch in Grenzstreitigkeiten mit dem seit 1971 unabhängigen Emirat niederschlug. Erst die im letzten Jahrzehnt einsetzende Bonanza aus dem Verkauf von Flüssiggas erlaubte Katar, eine eigene, von Saudiarabien unabhängige Interessenpolitik zu verfolgen. Der seit letztem Sommer regierende 33-jährige Emir Tamim bin Hamad Al Thani hält entgegen der Hoffnung Riads am eigenständigen Kurs seines Vaters fest. Ihn hindern weder ideologische noch religiöse Schranken an der Beziehungspflege mit Teheran. Die beiden Nachbarländer teilen sich in das grösste bekannte Offshore-Gasfeld der Welt. Katar bot den USA vor zehn Jahren seinen Luftwaffenstützpunkt al-Udeid zum Gebrauch an, als die ungläubigen amerikanischen Soldaten auf saudischem Boden nicht länger erwünscht waren. Den USA dient der Stützpunkt für Lufteinsätze in Afghanistan und zuvor im Irak.

Begehrte Vermittlerrolle


Die militärische Präsenz der amerikanischen Luftwaffe hinderte Katars Emir vor zwei Jahren nicht daran, den Taliban die Eröffnung eines Verbindungsbüros zu offerieren. Arabische Aktivisten verschiedenster Couleur sind in Katar im Exil: Nationalisten, Muslimbrüder, Liberale und Kommunisten. Ihr Gastrecht gilt so lange, als sie sich nicht in Katars Angelegenheiten einmischen. Weh tut ihnen das nicht. Im komfortablen Exil lassen sich Umstürze vorbereiten, sie anzuzetteln, gelingt aber nur in der Heimat. Katar demonstriert damit Weltoffenheit und gefällt sich in der Rolle eines regionalen Mediators.

Mit diesem Anspruch ist das kleine Emirat im Golfkooperationsrat nicht allein. Auch Kuwait und Oman wollen Vermittler sein. Sie haben sich der von Saudiarabien vorangetriebenen regionalen Integration entzogen und befürchten, im saudisch-iranischen Ringen um regionale Hegemonie aufgerieben zu werden. Zudem ist ihnen die wahhabitische Staatsdoktrin Saudiarabiens fremd. In Kuwait lebt eine gut integrierte schiitische Minderheit, die örtlichen Muslimbrüder üben sich in legaler Opposition, und die Debatte über die Einführung einer konstitutionellen Monarchie gewinnt an Fahrt. In Oman, wo die Ibaditen (ein lokaler Ableger des Islams) die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist Konfessionalismus ein Anathema. Und der aufgeklärte (doch autoritär herrschende) Sultan Kabus kann für sich in Anspruch nehmen, die ersten Fäden zwischen Washington und Teheran gesponnen zu haben.

Angewiesen auf enge Bande mit Saudiarabien sind hingegen die Vereinigten Emirate und Bahrain. Es waren saudische Polizeieinheiten, die vor drei Jahren dem bedrängten Königshaus in Manama halfen, den von der schiitischen Mehrheitsbevölkerung getragenen Aufstand niederzuwalzen. In den Emiraten wiederum ist den Herrschern bewusst, dass selbst ein Hauch von innenpolitischer Instabilität dem Business-Klima abträglich wäre. Jetzt, da sich Dubai aus der wirtschaftlichen Baisse wieder hochgerappelt hat, sollen nicht irgendwelche Ideologen das Geschäft vermiesen. Saudiarabien ist diesbezüglich ein verlässlicher Partner, der systemerhaltende Massnahmen zu seinen Kernkompetenzen zählt. Noch herrscht in den Emiraten die Ansicht, mit der über Nacht hochgezogenen glänzenden Moderne auch deren Geist mitgebaut zu haben. Diesem Irrglauben erlagen schon andere.

 

Quelle: nzz.ch

 

   

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