Der Autor, promovierter Staatswissenschaftler, stammt aus einer politisch einflussreichen jemenitischen Familie. Er war Offizier in der Bundeswehr und ist heute sowohl in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit tätig als auch in Beratungsgremien. Said AlDailami engagiert sich in Hilfsorganisationen, um vor allem das Leid der Kinder zu lindern. Mit diesem Buch will er seinem Geburtsland und der arabischen Welt eine Stimme geben.
Der Jemen wird von allen Arabern als Wiege der arabischen Kultur gesehen. Arabia felix, Glückliches Arabien, wurde dieser Teil Südarabiens, in geostrategischer und wirtschaftlich bedeutsamer Lage an den Gestaden des Roten Meeres und des Indischen Ozeans gelegen, schon von den alten Griechen und Römern genannt. Doch seit fünf Jahren herrscht Krieg, dessen Entstehen und die Hintergründe der Autor analysiert. In seine Ausführungen flicht er eigenes Erleben ein.
Said AlDailami gliedert das komplexe Thema in 9 Kapitel mit zahlreichen Untertiteln. Drei Landkarten lokalisieren das Geschehen: „Die geographische Lage in der Region“, „Die politische Gliederung - Stand 1990“ sowie „Der Frontverlauf - Stand Sommer 2018“. Nach Vorwort und Einführung beginnt „Die Geschichte des Jemen – Ein Ritt durch Jahrtausende der Hochkulturen“ mit den Königreichen des alten Jemen, dem Jemen im islamischen Zeitalter und den Zeiten vor dem Putsch 1962 und danach. 1978 beginnt die Ära von Präsident Ali Abdullah Saleh, der bis 2012 regierte. Auch der Jemen erlebte wie andere arabische Staaten eine blutige Revolution der Entrechteten, die am 17. Dezember 2010 in Tunesien begonnen hatte. Im Jemen wurde sie begraben, noch bevor sie ihr erstes Ziel, den Sturz der Regierung, erreicht hatte.
Mit der Losung aus der Antike „Wer den Frieden will, bereite den Krieg vor“ läutet der Autor das Kapitel „Ein erstes Donnergrollen: Vom Dialog zum bewaffneten Konflikt“ ein. Schon seit 2011 erlebte der Jemen eine rapide politische, soziale und vor allem wirtschaftliche Abwärtsspirale mit einer höchst fragilen Sicherheitslage, an der auch die Nationale Dialogkonferenz zwischen März 2013 und Januar 2014 nichts zu ändern vermochte. Die Aktionen verschiedener Parteien, Clans und Volksgruppen wie den Huthis, die ihre Macht immer weiter stärken konnten und schließlich Sanaa einnahmen, weisen die Etappen des sinnlosen Krieges auf. Die Rolle des Iran, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate wird im Kapitel „Der Sturm bricht los … und das Versagen der Internationalen Gemeinschaft“ aufgedeckt. Auf „Wirtschaftskrieg und Kriegswirtschaft“ folgen „Die großen Player im Krieg – eine Allianz auf Zeit?“ mit der Gewichtung „Die Kriegstreiber im Westen und die Melkkühe vom Golf“.
Treffend wird das vorletzte Kapitel „Ein Land geht durch die Hölle: Facetten der Katastrophe“ genannt. Die Schlagzeilen sind bekannt: ungesühnte Kriegsverbrechen, humanitäre Hilfe läuft ins Leere, Missachtung der Menschenrechte, Ausrottung einer tausendjährigen Kulturgeschichte und schließlich der Fall Khashoggi: Wie ein Journalistenmord die Welt aufrüttelt.
Said AlDailami beschließt seine Ausführungen mit der Frage „Ein Ende mit Schrecken oder ein Schrecken ohne Ende?“ und beschwört eine glückliche Zukunft: „Sie können uns Jemeniten nicht unterwerfen…Wir verfügen über eine jahrtausendealte Geschichte…Gott ist überall. Gott ist im Jemen und daher geht es dem Jemen gut“. - Möge es sich bald bewahrheiten!
Ein Quellen- und Literaturverzeichnis regt zu weiteren Studien an – ein zutiefst bewegendes Buch, das der Autor dem Gedenken an die Opfer des Krieges im Jemen gewidmet hat.
Helga Walter-Joswig
< Brian A. Catlos, Al-Andalus, Geschichte des Islamischen Spanien