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24.02.2014

 

Abu Dhabi: Die Dichter sind los bei „Million’s Poet 2014“

 

Die Chance, beim Dichterwettbewerb „Million’s Poet“ Millionär zu werden, ist deutlich größer als hierzulande im Lotto zu gewinnen. Allerdings muss man der Nabati-Dichtkunst mächtig sein.

 

Bühne mit Dichtern und Moderatoren

Mohamed Salem Al Ahmadi beim Vortrag

Najwa Al Ruwaini

Die Jury

Fünf Millionäre wurden bereits „kreiert“ und der sechste wird am 21. Mai 2014 auserkoren. Dann kann er sich von einem begeisterten Millionen-Fernsehpublikum in der gesamten Arabischen Welt feiern lassen. Bis dahin steigt die Spannung jeden Mittwoch abend. Die Kosten und Mühen dieses Wettbewerbs sind immens, aber das ist man von den Kulturverantwortlichen in Abu Dhabi gewohnt, deren Budget sich sehen lassen kann, denn das ganze Jahr über gibt es inzwischen etablierte Kultur- und Kulturerbeveranstaltungen, die sich auch international wachsenden Interesses erfreuen, wozu außer der Qualität der Veranstaltungen auch die professionelle Medienarbeit beiträgt. Und man hat es geschafft, viele kulturelle Traditionen als UNESCO Weltkulturerbe eintragen zu lassen.

 

Das Al Raha Beach Theater in Abu Dhabi ist nicht nur der Hauptsitz des im vergangenen Jahr gegründeten Cultural Programs and Heritage Festivals Committee, das als Organisator von Million’s Poet fungiert, sondern ist mit seiner professionellen, technischen Ausstattung und der großen Bühne prädestiniert für Theater Festivals und Internationale Show Veranstaltungen. Mit seinen 2.000 Plätzen ist es zum 6. Mal in jährlicher Folge vom 12.2.-21.5.2014 Schauplatz eines Millionenspektakels, das zur größten Kulturveranstaltung dieser Art in der Region gehört und durch Abu Dhabi TV pro Live-Sendung ca. 15 Millionen arabischer Zuschauer erreicht. Unter dem Chairman des Komitees Mohammed Khalaf Al Mazrouei hat sich der Dichterwettbewerb zu der heutigen Bedeutung entwickelt. Al Mazrouei fungiert auch als Berater des Kronprinzen, wenn es um Kultur und Kulturerbe geht.

 

Tausende Dichter aus der gesamten Arabischen Welt und besonders von der Arabischen Halbinsel bewerben sich jedes Jahr, nicht zuletzt wegen der attraktiven Preisgelder, denn der Gewinner erhält  aus der Hand des Kronprinzen Sheikh Mohammed bin Zayed Al Nahyan nicht nur die begehrte, rote, goldgesäumte Dichterfahne „Bayraq“ sondern auch 5 Mio. Dirham (ca. 1 Mio. Euro). Die Plätze 2 – 5 werden mit 4 Mio., 3 Mio., 2 Mio. bzw. 1 Mio. Dirham belohnt. Bisher belegte nur einmal (2012) ein Emiratischer Poet den ersten Platz. Zwei Qatarische Dichter machten den Anfang (2007 und 2008), danach folgten Dichter aus Saudi-Arabien (2009) und Kuwait (2010). Auch Dichterinnen waren bisher unter den Bewerbern, aber nur eine hat einen dritten Platz geschafft. Unter den fünf ersten Plätzen waren bisher die folgenden Nationen vertreten: Qatar, Saudi-Arabien, Irak, Emirate, Jemen und Kuwait. Im Jahr 2009 haben die Saudis alle 5 Preise eingeheimst. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass außer Berühmtheit lukrative Verlagsverträge im Hinblick auf die Veröffentlichung von Gedichtbänden und Auftritte auf Buchmessen - wie der Internationalen Buchmesse in Abu Dhabi - winken. Nicht verwunderlich ist, dass bislang die Saudischen Poeten die meisten Gewinner dieses anspruchsvollen Dichterwettbewerbs stellten, denn es geht um die Nabati-Dichtkunst, eine nachweislich seit dem 16. Jh. bestehende Beduinen-Tradition, dank der sogar ansonsten nicht bekannte, historische Ereignisse durch mündliche Überlieferung erhalten sind. Die Nabati-Dichtung folgt bestimmten Regeln und Strukturen – darüber wacht eine Jury.

 

Die Jury besteht aus drei ausgewiesenen Fachleuten:  Sultan Al Amimi stammt aus den Emiraten, ist nicht nur Schriftsteller, Literaturkritiker und Kolumnist, sondern auch Erforscher der traditionellen Kulturgüter -  Dr. Ghassan Al Hassan, das an Erfahrung reichste Jury-Mitglied, ist Jordanier, hat an der Faculty of Arts der Ain Shams Universität in Kairo in Arabischer Sprache und Literatur promoviert und war 29 Jahre lang Chairman des Copyright and Publishing Department im Ministerium für Information und Kultur in Abu Dhabi. Er gilt nicht nur als Experte für die Arabische Sprache, inkl. ihrer verschiedenen Dialekte, sondern hat jahrelang die Nabati Dichtkunst erforscht – Hamad Al Saeed ist Direktor der Jury des Kuwait Poetry Festivals, stammt aus Kuwait und bringt viel Erfahrung von weiteren, internationalen Dichterwettbewerben mit. Außerdem ist er Herausgeber eines Kuwaitischen Magazins und hat zwei Gedichtsammlungen veröffentlicht. 

 

130 Dichter schaffen es pro Kampagne nach einem komplizierten und langwierigen Auswahlverfahren, die in verschiedenen Arabischen Ländern vor Ort stattfinden, in die 15 Sendungen, die jeden Dienstag ab 22:00 live ausgestrahlt werden, produziert von dem Medienunternehmen Pyramedia mit seiner agilen Eigentümerin und Direktorin Nashwa Al Ruwaini, die den einzelnen Shows persönlich beiwohnt. Die vielfach ausgezeichnete Unternehmerin, die ursprünglich aus Ägypten stammt, hat den Wettbewerb von einer einfachen Fernsehshow zu einem professionellen Medienspektakel entwickelt, bei dem nichts dem Zufall überlassen bleibt, wofür ein eingespieltes Team sorgt. Sie ist ein gutes Beispiel für eine der vielen Frauen in den Emiraten, die eine steile Medienkarriere geschafft haben.

 

Männliche und weibliche Zuschauer im „Theater-Fernsehstudio“ sitzen nach Geschlechtern getrennt. Das Theater ist bei der Sendung am 19. Februar 2014 fast voll und in den Farben rot und gold, mit fließenden Kristallketten und kunstvollen Kalligrafiesprüchen (z. B. „Es gibt nichts wertvolleres als wahre Freundschaft“) dekoriert. Während das weibliche Fachpublikum sich weitgehend ruhig verhält, schwenken die männlichen Dichterfans Transparente mit den Konterfeis der jeweiligen Favoriten, jubeln und leiden lautstark mit den Dichtern, die nacheinander auf dem ausladenden Plüschsessel auf der Bühne ihren Platz einnehmen und vortragen, oft mit lauter Stimme und lebhaften Gesten. Manchmal hält der leidenschaftlich rezitierte Inhalt den Poeten nicht mehr auf dem Sessel. Bei den vorwiegend emiratischen Zuschauern spielen sich ähnlich dramatische Szenen ab: Gefällt der Vortrag eines Dichters aus den Emiraten, dann werden emiratische  Fahnen geschwenkt und wenn die Begeisterung mit einzelnen Fans durchgeht, fliegt das Tuch der Kopfbedeckung in die Luft. Die Jury beeindruckt das alles nicht, ihre professionelle Reaktion wirkt eher wie ein „Stimmungskiller“ und da brauchen die Dichter schon Mut, das von der Jury sachlich vorgetragene Lob und vor allem die Kritik in der Live-Sendung zu ertragen und dies dann möglichst einsichtig zu kommentieren.

 

Eine Studie über Google ergab, dass bisher rund 25 Mio. Artikel und Kommentare in nationalen und internationalen Medien veröffentlicht wurden. Hervorgehoben werden der kulturelle Wert des Programms und die Verdienste, die den Kulturverantwortlichen in Abu Dhabi gebühren. CNN spricht von einer der bedeutendsten TV-Wettbewerbs-Shows der Welt und sendete ein Interview mit Cynthia P. Schneider, anerkannte Professorin in Practice of Diplomacy an der Georgetown University, die die Show als höchst fairen Wettbewerb und „completely open platform“ für alle teilnehmenden Poeten beschreibt. 15 Millionen Dirham Preisgeld warten darauf, am 21. Mai 2014 an die erfolgreichsten Dichter vergeben zu werden. „Ich rechne mir durchaus Chancen auf einen der ersten Plätze aus“, so voller Hoffnung Mohamed Salem El Ahmadi, ein Dichter aus Shabwa im Jemen, der unschwer an dem im Gürtel getragenen Dolch zu erkennen ist. „In meinem Gedicht geht es um ein achtjähriges Mädchen, das auf der Straße Kartoffeln verkaufen muss, um den Lebensunterhalt der Familie ein wenig aufzubessern. Poesie ist wie ein Spiegel“, meint er vielsagend bei einem Gespräch vor der Live-Sendung am 19.2.2014, zu der die Autorin dieses Beitrages von der Kulturbehörde in Abu Dhabi eingeladen war.

 

Internet: www.almillion.net
 
Text und Fotos: Barbara Schumacher
 

 

   

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