Ist Israel im Recht oder die Hamas?
Vordergründig klingt die FAZ Umfrage zum israelischen Angriff so als würden die Leser aufgefordert, eine rechtliche Beurteilung abzugeben. Daraufhin stimmen mehr als 150.000 Leser ab, fast ausnahmslos, ohne die geringste Kenntnis und Vorstellung zu haben, wie das Geschehen völkerrechtlich zu bewerten ist.
Das Ergebnis ist nicht nur nicht repräsentativ, sondern – wie der Artikel von Michael Hanfeld am 6. Januar beschreibt – mit Hilfe einer Massenmobilisierung durch Israels diplomatische Vertretungen beeinflusst.
Die Manipulation begann jedoch schon mit der Fragestellung. Die vorgegebenen Antworten waren ganz und gar nicht neutral ausgewogen und wollten in Wirklichkeit auch gar keine rechtlich begründeten Meinungen erforschen. Sonst hätten sie ungefähr wie folgt lauten müssen:
a) Israel verteidigt sich rechtmäßig gegen rechtswidrige Angriffe mit Raketen
b) Israel hat natürlich ein Recht auf Selbstverteidigung – aber der Militäreinsatz geht entschieden zu weit; er ist unverhältnismäßig
c) Hamas verteidigt sich rechtmäßig gegen eine rechtswidrige Blockade, die den Zufluss von Nahrungsmitteln, Energie und Medikamenten zum Erliegen gebracht hat
d) Hamas darf sich natürlich gegen die Blockade wehren – aber nicht durch Angriffe auf die Zivilbevölkerung
e) Ich habe mich in der Vergangenheit leider nicht angemessen über die Lage informieren können und kenne mich im Völkerrecht nicht aus – deshalb möchte ich kein Urteil abgeben
Statt dessen hat die FAZ in Wirklichkeit nur gefragt: Wem gehört Ihre Sympathie, Israel oder der Hamas?
Damit wird die peinliche Erkenntnis verdrängt, dass eine nüchterne völkerrechtliche Analyse für Israel sehr viel weniger positiv hätte ausgehen müssen. Ihre Kernsätze müssten lauten:
1. Die mit militärischer Gewalt durchgesetzte Blockade des Ghazastreifens ist völkerrechtswidrig (wie auch die gesamte israelische Siedlungspolitik).
2. Den Palästinensern steht gegen diese Gewaltanwendung das Recht auf Selbstverteidigung zu. Dieses Recht deckt allerdings nicht den Abschuß von Primitivraketen, die mangels Zielgenauigkeit nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen diskriminieren können.
3. Soweit Israel wegen dieser Raketenangriffe das Selbstverteidigungsrecht zusteht, deckt dieses Recht keine eindeutig unverhältnismäßigen Überreaktionen. Der israelische Angriff auf Ghaza ist deshalb völkerrechtswidrig.
Dr. Gerhard Fulda, Berlin
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