Boomende Unterhaltungsindustrie
Während sich inzwischen niemand mehr über internationale Großereignisse im Sport - von Rally bis Ringen - unter reger Beteiligung des weiblichen Geschlechts (nicht nur unter den Zuschauern) wundert, geht nun auch die Saat im Bereich der Kultur auf: Es gibt bereits zahlreiche große Kinos, hunderte weitere entstehen im ganzen Land, die landeseigenen Filmproduktionen nehmen zu. Ein gutes Bespiel für saudische Filmerfolge ist die saudische Filmregisseurin Haifa Al-Mansour. Sie hat es bereits zu Weltruhm und großer Anerkennung gebracht. Ihr erster Film „Das Mädchen Wadjda“ fand bereits 2014 auch in Europa Beachtung - er wurde z. B. anlässlich der Saudi Cultural Week im September 2014 im Sony Center in Berlin gezeigt - und derzeit macht ihr neuer Film „Die perfekte Kandidatin“ international Furore. Dieser Film soll in einer deutsch synchronisierten Version ab 12. März in die deutschen Kinos gelangen. In dem in Saudi-Arabien spielenden und in Riyadh gedrehten Film geht es um Frauenpower, die sich über kulturelle Normen hinwegsetzt. Der Inhalt: „Die Welt der jungen saudischen Ärztin Maryam ist von Widersprüchen geprägt. Sie genoss eine liberale Erziehung von ihrem alleinstehenden Vater, stößt aber in der saudischen Berufswelt aufgrund ihres Geschlechts konstant auf Widerstände. Ihr vergeblicher Versuch, die Zufahrtsstraße zu ihrer Klinik asphaltieren zu lassen, motiviert sie schließlich dazu, als erste weibliche Kandidatin für den Stadtrat zu kandidieren und das Geschehen selber in die Hand zu nehmen“.
Gefördert werden diese sensationellen Aktivitäten ausdrücklich durch die Vision 2030 des Kronprinzen, der ein ganz neues Konzept der Unterhaltung auf allen künstlerischen Gebieten von Pop-Musik bis Biennale unterstützt. Dabei hilft der engagierte, neue Kulturminister Prinz Badr bin Abdullah Bin Farhan, der fast täglich neue Ideen produziert. Bei den jungen Leuten kommt das sehr gut an, die älteren schütteln zuweilen den Kopf und finden Beschallung von meterhohen Lautsprecherboxen durch US-Popsänger und wildes Tanzen in der Öffentlichkeit, zudem noch ohne die inzwischen aufgehobene Geschlechtertrennung, eher „unislamisch“, aber sie können die Jugend nicht bändigen. Inzwischen braucht man nicht mehr nach Dubai, London oder New York zu fliegen, um solche Attraktionen zu erleben, man kann im Königreich bleiben und das Geld für die teilweise sündhaft teuren Eintrittskarten im eigenen Land ausgeben. Genau das ist der Plan der Regierung und der geht bisher offenbar auf.
Filmfestival mit kritischen Themen
Die wachsende Filmindustrie wünschte sich schon seit einigen Jahren ein eigenes Filmfestival, das früher völlig undenkbar war. Aber nun wird es Realität: Auf dem „Red Sea International Film Festival“ werden über 100 Filme zu sehen sein. Festival Direktor ist Mahmoud Sabbagh, saudischer Filmregisseur: „Um die Preisgelder von insgesamt 250.000 USD bewerben sich Filme aus Ländern wie Angola, Bangladesch, Brasilien, China, Kolumbien, Ägypten, Frankreich, Deutschland, Indien, Kosovo, Libanon, Nigeria, Philippinen, Spanien und USA. Auch Saudi-Arabien ist mit 11 Filmen vertreten. Wir haben Filme zu den Themen wie Frauenrechte, Zunahme von häuslicher Gewalt und Einwanderung ausgewählt, es geht uns darum, mit dem Medium Film auf die gesellschaftlichen Veränderungen hinzuweisen und es besteht der ausdrückliche Wunsch, die Position der Frauen in der Gesellschaft zu thematisieren, wir wollen eine offene Gesellschaft“.
Die Eröffnungsveranstaltung wird im neu erbauten Coral Theatre stattfinden, dort gibt es 1200 Sitzplätze. Dieser Theater-Komplex enthält noch vier weitere Säle, einen mit 240 Plätzen und die drei anderen mit jeweils 120 Plätzen. In einer Serie von Panels unter dem Motto „Perspektiven“ treffen sich Filmemacher aus aller Welt, um neue Trends und Ideen zu diskutieren. Themen sind die Animations-Industrie, die neue unabhängige (!) saudische Filmszene, das internationale Arabische Kino, Europäisch/Saudische Ko-Produktionen und die Zukunft der Film-Produktion in der gesamten arabischen Welt. Besucher können sich auf attraktive Begleitveranstaltungen in Jeddahs Altstadt Al Balad (seit 2014 UNESCO Weltkulturerbe) freuen. „Wir haben hart daran gearbeitet, dass unsere Filme einen Eindruck der aufstrebenden Saudischen Filmindustrie geben um somit zu einem noch offeneren kulturellen Austausch zu ermutigen. Es geht uns nicht nur darum, unsere eigenen Geschichten zu erzählen, sondern wir wollen verschiedene Perspektiven beleuchten und mit dem Medien Film neue Diskussionen nach Saudi-Arabien bringen. Das Festival soll ein solides Fundament für die Film-Industrie sein und Verbindungen zwischen der arabischen Welt und dem Rest der Welt aufbauen“, so der Festival-Direktor. Möge es gelingen! Als Präsident der Jury konnte der berühmte amerikanische Film-Regisseur und Produzent Oliver Stone gewonnen werden.
Im Jahr des geplanten G20 Gipfels in KSA, der am 21./22. November im Hotel Ritz Carlton in Riyadh stattfinden wird, werden insgesamt rund 50 Großveranstaltungen und internationale Kongresse zu den verschiedensten Themen stattfinden - die meisten in Riyadh. Ziel ist, das schlechte Image des Königreichs vor allem in der westlichen Welt, dessen man sich sehr bewusst ist, zu verbessern um das Risiko des Fernbleibens einzelner Länder beim G20 Gipfel zu minimieren. Einfach wird das nicht, denn seit Ende 2019 werden von einzelnen G20 Mitgliedsstaaten immer wieder Bedingungen für deren Teilnahme gestellt.
Einen Überblick über Messen in Jeddah und Riyadh findet man im Internet unter:
https://www.eventseye.com/messen/saudi-arabien/c2_fachmessen_saudi-arabien.html
Text: Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG). Fotos: SPA (4) und Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG).
< Saudi-Arabien: G20 und Weltfrauentag