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02.06.2014

 

Demokratie im Nahen Osten: Qual der Wahlen im Orient

 

Nach dem Aufbruch in Richtung pluralistischer Moderne folgt im Orient Ernüchterung. Wahlen sollen den Schein von Demokratie wahren. Die soziale Frage stellt sich drängender denn je. Von Martin Woker

 

Es gibt zwei Grundregeln im journalistischen Berufsstand. Erstens: Hüte dich vor Informationsministern! Gegenüber Staaten, die zur medialen Verbreitung der Regierungsinteressen eines eigenen Ministeriums bedürfen, ist Misstrauen vorrangige Pflicht. Gleiches gilt für die zweite Regel: Wahl- und Abstimmungsergebnisse im Ausmass von über 80 Prozent sind grundsätzlich verdächtig. Autokraten mögen eine solche Sichtweise als weltfremden Dünkel satter Schreibtischtäter werten. Doch die Anschauungsbeispiele zum Erhärten der beiden Regeln häufen sich dieser Tage in einem Mass, das einen Blick auf den Orient und auf Nordafrika erfordert.

 

Wahlen als Meilenstein?

Algerien ist in doppelter Hinsicht ein Paradefall. In dem an Erdgas überreichen Land wurde vor Monatsfrist mit über 80 Prozent der Stimmen ein vergreister Präsident im Amt bestätigt. Nachdem die Armee im Jahr 1991 beim ersten demokratischen Urnengang interveniert und den Wahlsieg der Islamischen Heilsfront verhindert hatte, brach ein Bürgerkrieg aus. Es folgte ein politischer Stillstand, an dessen Folgen das Land bis heute krankt. In Libyen, wo der Ghadhafi-Clan über Jahrzehnte hinweg sein Willkürregime durchsetzte, wird die Euphorie nach dem Tyrannenmord von Zukunftsangst überschattet. Ob der Staat mit vorgezogenen Neuwahlen Ende Juni sein Gewaltmonopol zurückgewinnt, ist offen; wenn nicht, droht Chaos. In Ägypten wurde der erste demokratisch gewählte Präsident nach einem Amtsjahr im letzten Juli gestürzt. Seine Parteigänger sind seither gnadenloser Verfolgung ausgesetzt. Hunderte wurden getötet, Tausende sind eingekerkert, und die Justiz verhängt in Schnellverfahren unzählige Todesurteile. Jemen befindet sich seit der Wahl eines angeblichen Konsenskandidaten zum Staatschef (99,8 Prozent Stimmenanteil) im Prozess des Zerfalls entlang der Einflussgebiete von Stämmen, Konfessionen und Weltanschauungen.

 

Im Irak gab unlängst Ministerpräsident Maliki den erwarteten Wahlsieg seiner Partei bekannt. Die amerikanische Botschaft in Bagdad bezeichnete den Urnengang als weiteren Meilenstein in der demokratischen Entwicklung des Iraks. Das ist Wunschdenken. Seit Jahresbeginn kamen im Zweistromland gegen 5000 Personen als Folge politisch motivierter Gewalt ums Leben. Eine noch verheerendere Opferrate weist nur Syrien aus, wo sich Präsident Asad am 3. Juni zur Wiederwahl stellt, die er mit Sicherheit in den von ihm kontrollierten Landesteilen haushoch gewinnen wird. In Libanon läuft die dem Parlament gesetzte Frist zur Wahl eines Präsidenten am Wochenende ab. Der Syrien-Krieg vertiefte die politischen Gräben zwischen Asad-Protagonisten und Asad-Gegnern. Es wird einer Absprache zwischen Saudiarabien und Iran bedürfen, um im Zedernland einen wählbaren Kompromisskandidaten zu finden. Und das kann lange dauern.

 

Vor verknorzten Wahlen stehen auch die Palästinenser. Auf die proklamierte Versöhnung zwischen der Fatah von Präsident Abbas und der im Gazastreifen regierenden Hamas sollen innert fünf Monaten die überfälligen Parlamentswahlen folgen. Israels Regierung protestierte prompt, weil sie mit der Hamas offiziell nicht reden mag. Nationale Einheit der Palästinenser ist aber die Grundvoraussetzung für ernsthafte Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung. Und genau daran ist Netanyahus konservative Regierung trotz gegenteiligen Beteuerungen nicht interessiert, was unlängst auch der amerikanische Aussenminister Kerry nach seinem gescheiterten Vermittlungsmarathon in kleinem Kreis resigniert feststellte. Dass dem erfahrenen Politiker dabei auch der Begriff Apartheid über die Lippen kam, trug ihm in Israel viel Tadel ein. Der amerikanische Ex-Präsident und erklärte Israel-Freund Jimmy Carter kam bereits vor Jahren zum selben Befund. In Südafrikas Bantustans waren Wahlen eine Form der Qual. Das ist im heutigen Orient nicht anders.

 

Den seit dreieinhalb Jahren währenden arabischen Aufbruch kennzeichnet eine Gemeinsamkeit: die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und Teilhabe an der politischen Macht. Die Reaktion auf den Aufstand fiel dort am deutlichsten aus, wo monolithische Herrschaft unmittelbar bedroht war. Im kleinen Golfstaat Bahrain wurden die Aktivisten niedergeknüppelt, weil Saudiarabien in seinem Einflussbereich Demokratie und Meinungsäusserungsfreiheit nicht toleriert. Bei Missachtung des Verbots drohen Auspeitschung und jahrelange Kerkerhaft. Die unlängst verhängte drakonische Strafe gegen Raif Badawi, den Gründer eines saudischen Online-Forums, ist Ausdruck wachsender Nervosität der Behörden im Königreich, was auch für alle andern orientalischen Autokratien gilt. Satellitenantennen und Internet haben die Hoheit der Informationsministerien untergraben. Die Gegenstrategie liess nicht auf sich warten.

 

Divide et impera!

In Bahrain, wo anfänglich mehrheitlich schiitische Aktivisten dem sunnitischen Königshaus Rechtsgleichheit abzutrotzen versuchten, erfuhr der demokratische Aufbruch eine beispielhafte propagandistische Korrektur, wie sie danach im ganzen Orient geschah. Inzwischen besteht die internationale Wahrnehmung darin, hinter allen Revolten im arabischen Raum konfessionell oder ethnisch begründete Motive zu vermuten. Von den Ursachen der Unrast wurde erfolgreich abgelenkt. Teile und herrsche – das von Machiavelli als Raster römischer Machtpolitik erkannte Prinzip funktioniert auch im Orient. Mit verheerenden Folgen.

 

In Syrien beschleunigte die Waffenhilfe aus aller Welt die Konfessionalisierung und Ethnisierung. Der Krieg im Mutterland des Panarabismus hat im ganzen Orient individuelle Ängste geweckt und eine mentale Flucht in vertraute Strukturen ausgelöst: ein Rückzug zur Familie, zum Clan, zur Glaubens- oder Stammesgesellschaft. In diesem Klima der Verunsicherung wächst die Sehnsucht nach einem starken Mann an der Staatsspitze. Davon profitieren wird der ägyptische General as-Sisi, dessen Wahlsieg feststeht, ohne dass der Mann seine Regierungsziele zu formulieren brauchte. Droht ein Rückfall in die Zeiten orientalischen Stillstands, da sowjetische Wahlresultate, Bürgerkriege und Informationsminister das Bild prägten? Nein. Die Ursachen des arabischen Zorns gründen darauf, dass sich eine kleine Minderheit auf Kosten einer grossen Mehrheit schamlos bereichert. Der Missstand wird heute endlich thematisiert, was nicht ohne Folgen bleibt. Im Orient hat der soziale Wandel von Untertanen zu mündigen Stimmbürgern eben erst begonnen. Der Prozess lässt sich zwar verzögern, aber ganz abbrechen wird er nicht.

 

Den vollständigen NZZ-Artikel vom 24.05.2014 finden Sie hier.

 

   

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