Die meisten Kunstgalerien Jordaniens befinden sich in der Hauptstadt Amman. Eine der besten und aktivsten ist die Nabad Art Gallery (www.nabadartgallery.com).
Diese Galerie liegt in einer Nebenstraße der berühmten Rainbow Street, eine Straße mit vielen Cafés und Restaurants, Geschäften mit Antiquitäten, Kunst und Kunsthandwerk, Clubs und historischen Häusern, die besonders abends viel junges Publikum anzieht. Sowohl dieses Viertel Ammans als auch die Galerie lohnen einen Besuch.
Direktorin der 2008 gegründeten Galerie ist Nadia Zacharia. Mit ausgezeichneten Kontakten und sehr gutem Gespür für Publikumsgeschmack und Qualität organisiert sie laufend neue Solo- und Gruppen-Ausstellungen meist jordanischer Künstler. Es gibt jedoch auch Künstler anderer Länder der arabischen Welt und auch Nachwuchskünstler bekommen eine Chance. Die Liste der Ausstellungen und der Künstler kann sich sehen lassen. Nabad Art Gallery ist sowohl bei Künstlern als auch bei den Besuchern bekannt und äußerst beliebt. Die Galerie hat mehrere große Ausstellungsräume, einen Garten und eine offene Terrasse, von der man einen Blick auf die Zitadelle Ammans hat. Die berühmtesten Künstler haben hier ausgestellt, die Vernissagen sind ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem andere Künstler, Kunstsammler, der Direktor des Kunstmuseums Amman und manchmal auch Mitglieder des Königshauses kommen. Gezeigt werden neben Malerei unterschiedlichster Stilrichtungen auch Skulpturen.
Ein gutes Beispiel einer Gruppenausstellung ist „Places of the Heart“, in der es um das Thema der Stadt- und Landschaftsmalerei geht (26. August bis 25. September 2019). Vier jordanische Künstler zeigen ihre Werke.
Issam Tantawi hat es das Häusermeer in Amman angetan. „Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass meine Beziehung zu Orten ähnlich ist wie meine Beziehung zu Menschen. Ich fühle die Seelen der Bewohner. Besonders interessant finde ich die einfachen, alten Häuser, die sich an die Berghänge anschmiegen und sich - von weitem gesehen - miteinander zu vermischen scheinen“. Amman erstreckt sich über sieben Hügel, die dicht bebaut sind. Diese Häusermeere sind allgegenwärtig, besonders gut ist der Ausblick von der Zitadelle in Amman.
Riham Ghassib meint: „Mich spricht die Natur an und sie hat mich bei der Entwicklung meiner Landschaftsmalerei geprägt. Blühende Natur zieht mich magisch an, ich muss sie einfach malen und so hat sich meine tiefe Leidenschaft dafür stets weiter entwickelt. Die Schönheit der Natur und ihre ästhetischen Geheimnisse, die ausdruckstarken Farben, Licht und Schatten bestimmen meine künstlerische Arbeit“. Tatsächlich gibt es Gegenden in Jordanien, die besonders im Frühjahr grün und voller blühender Obstbäume sind.
Die Werke von Adib Fattal sind die eines Träumers. Ständig auf der Suche nach Schönheit kreiert er nur Gemälde mit positiver Ausstrahlung. Viele Motive entspringen seiner Phantasie, es gibt aber auch tatsächlich vorhandene Orte, die er in seinen Bildern festhält, allerdings sind sie künstlerisch idealisiert: ein Fest von Farben, Formen und Bewegung.
Der vierte Künstler ist Salam Kanaan. Er hat seinen B.A. an der Yarmouk Universität erworben und ist stolzer Besitzer eines „Diplome Supérieur“ der berühmten Ecole des Beaux-Arts in Paris. Seine Vorliebe gilt Landschaften und städtischer Architektur. Starke Gefühle und Transparenz prägen den Malstil seiner Motive aus Jordanien und Palästina.
Ein Gemälde von Salam Kanaan hat es mir besonders angetan: Es zeigt das Haus des Duke of Mukheibeh, dem einzigen Herzog von Jordanien, das schon andere jordanische Maler wegen der einmaligen traditionellen Architektur als attraktives Motiv empfanden. Es ist das älteste noch erhaltene Stadthaus in Amman.
Beim Anblick dieses Gemäldes erinnere ich mich sofort an ein denkwürdiges Gespräch mit dem Herzog nachdem er mir die für das allgemeine Publikum zugänglichen Räume dieses historischen Hauses, heute kleines Museum, gezeigt hatte. Von der Veranda vor den hohen Glasfenstern genoss ich den Blick entlang einer der verkehrsreichsten Straßen der Altstadt Ammans, zu beiden Seiten flankiert von den Häusermeeren, die die Hügel von Amman bedecken. Der Herzog ist Kunstsammler, fördert die Kunst und viele Nachwuchskünstler. Die zahlreichen Gemälde in den hohen Räumen zeugen von einem erlesenen Geschmack. Das Mobiliar ist im Original erhalten und seinen Schreibtisch schmücken zahlreiche Fotos, die ihn mit berühmten Zeitgenossen zeigen. Es gibt viele Berichte und Artikel in Zeitungen und Zeitschriften über ihn, seine Verdienste und sein kleines, ganz privates „Paradies“ mit Quelle und natürlichem Swimmingpool am Fuße der Golan-Höhen. Das Old Town House ist nicht nur ein historischer Ort voller Leben, sondern auch ein Haus der Kunst, Kultur und Lebensart, denn es dient heute auch als Treffpunkt von Intellektuellen verschiedener Bereiche dank der Großzügigkeit seines Besitzers.
Text und Fotos: Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG), Journalistin. Fotos der Gemälde: Nabad Art Gallery.
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