Seit Monaten beherrscht die jährliche UN-Klimakonferenz COP 28, die in diesem Jahr vom 30.11. bis 12.12.2023 in Dubai EXPO City stattfindet, die Medien weltweit, vor allem aber die arabischen Medien und besonders die der GCC-Staaten. Die Konferenz wirft ihre Schatten voraus: Rund 70.000 Teilnehmer werden erwartet und so viele Gäste auf einmal ist selbst für die Millionenstadt Dubai mit ihrem großen Hotelangebot ungewöhnlich, die Hotels sind daher ausgebucht. Neben Staats- und Regierungschefs aus aller Welt haben eine Vielzahl von Mitgliedern der verschiedensten Nicht-Regierungsorganisationen zum Thema Umwelt, aber auch Vertreter aller Religionen, Think Tanks, Entscheidungsträger aus der Wirtschaft, etc. nicht nur ihren Besuch angekündigt, sondern den VAE schon im Vorfeld Besuche abgestattet, sodass der Präsident der VAE, Sheikh Mohammed bin Zayed über Besuchermangel nicht klagen konnte.
Besonderes Aufsehen auf internationaler Medienebene erregte Anfang November die Nachricht, dass König Charles die Eröffnungsrede auf dem Weltklimagipfel halten wird. Sein engagierter Einsatz für den Umweltschutz ist bekannt, aber diese Rede wird die erste große Rede zur Klimakrise in seiner Rolle als Monarch sein.
Als Dr. Sultan Al-Jaber, Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien sowie geschäftsführender Direktor und Konzernchef von ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company) und Sondergesandter der VAE für den Klimawandel zum designierten COP 28-Präsidenten ernannt wurde, stieß dies nicht nur auf Wohlwollen, sondern international auch auf harsche Kritik. Kritiker sind der Meinung, dass er zu stark die Interessen der Öl- und Gasindustrie vertritt.
Drei Wochen vor Beginn der Konferenz erklärte der führende Think Tank Clean Air Task Force aus den USA folgendes: Die VAE seien der beste Ort für die Ausrichtung von COP 28, weil das Land den globalen Öl- und Gassektor zur Dekarbonisierung drängen könne. Dr. Sultan Al-Jaber könne eher andere Öl- und Gaskonzerne im Sinne des Klimaschutzes beeinflussen als die meisten anderen COP-Präsidenten.
In diesem Zusammenhang ist interessant, wie Dr. Sultan Al-Jaber sich selbst zu diesem Thema geäußert hat. Anlässlich der Climate Future Week im großartigen Museum of the Future in Dubai am 30.9.2023 verwies er auf die großen Verdienste der VAE im Hinblick auf die Förderung der Erneuerbaren Energien und verteidigte mit deutlichen Worten sein Land als Gastgeber der Klimagespräche. Lautstark wies er diejenigen zurück, „die einfach angreifen, ohne etwas zu wissen, ohne zu wissen, wer wir sind". Insbesondere Klimaaktivisten kritisieren die Ernennung von Dr. Sultan Al-Jaber zum designierten Präsidenten von COP 28, weil er als CEO der ADNOC fungiert, die ihre Produktion von kohlenstoffemittierendem Rohöl und Erdgas steigern will. Nach seiner Teilnahme an der UN-Generalversammlung verwies Al-Jaber auf seine 20-jährige Arbeit im Bereich der erneuerbaren Energien als Zeichen dafür, dass er selbst und sein Land die besten Chancen haben, einen Konsens zur Bekämpfung des Klimawandels weltweit zu erreichen. "Die Welt betrachtet uns nur, aus welchen Gründen auch immer, als eine Öl- und Gasnation", sagte er. "Wir haben uns jedoch bereits vor 20 Jahren über Öl und Gas hinaus bewegt. Vor 20 Jahren haben wir die Energiewende in Angriff genommen. Wir handeln nicht leidenschaftlich oder ideologisch oder emotional. Wir sind geschäftsorientiert. Wir sind ergebnisorientiert.“
Al-Jaber (50) hat offenbar zwei Seelen in seiner Brust, denn einerseits ist er langjähriger Klimabeauftragter und steckt hinter Dutzenden von Milliarden Dollar, die in den sieben Emiraten für erneuerbare Energien ausgegeben oder versprochen wurden – und andererseits leitet er ein Ölunternehmen, das etwa 4 Millionen Barrel Rohöl pro Tag pumpt und hofft, auf 5 Millionen pro Tag zu expandieren. Al-Jaber sprach die Abhängigkeit der Welt von Rohöl an und forderte seine Zuhörer auf: „Sagen Sie unserem Präsidenten, wie er die Nutzung aller fossilen Brennstoffe sofort stoppen kann. Einige behaupten, dass wir die Welt einfach vom aktuellen Energiesystem abkoppeln und mit einem Knopfdruck ein neues Energiesystem initiieren können", sagte er. "Das wird nicht funktionieren. Wir müssen also nüchtern werden und realistischer und praktischer denken."
Auf die Ergebnisse von COP 28 kann man gespannt sein.
Text: Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG). Fotos: WAM.
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