Der Songtitel "Against all Odds" von Phil Collins könnte die Überschrift zu John Kerrys Nahostmission liefern. Kaum jemand glaubt, dass der US-Außenminister es gegen alle Widerstände schaffen wird. Nur er selbst ist überzeugt davon. Vielleicht wird er am Ende recht behalten.
Der Nahe Osten ist ein Tummelplatz für Zyniker, die sich als Experten oder Realisten bezeichnen. Das Problem ist nur, dass die Zyniker bisher immer recht behalten haben. Mindestens zwei Mal in den vergangenen 65 Jahren standen Israelis und Palästinenser schon vor einer endgültigen Friedenslösung. Das war im Jahr 2000 in Camp David und 2008 bei den Geheimgesprächen zwischen Israels damaligem Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Beide Male scheiterten die Gespräche aus je unterschiedlichen Gründen. In dieser neuen, von Kerry vermittelten Runde mussten die Amerikaner schon enormen politischen Druck ausüben, um die Palästinenserführung überhaupt an den Verhandlungstisch zu bekommen. Und die Liste der Gründe, warum es diesmal wieder nicht klappen wird, ist lang.
Die Palästinenser sind geteilt, in die von Abbas kontrollierte Westbank und den von Hamas-Terroristen kontrollierten Gazastreifen. Warum sollte Israel nur mit halb Palästina Frieden schließen, während die andere Hälfte weiter Raketen gegen israelische Zivilisten schießt?
Eine Lösung für das drängendste Problem
Auf der anderen Seite fällt es Abbas schwer, an den Friedenswillen Benjamin Netanjahus zu glauben, der für eine Konfliktlösung seine Koalition gefährden müsste. Und auch die volatile Lage in der Region spricht aus palästinensischer Sicht eher für ein Abwarten. Da es mit Jerusalem auch um eine heilige Stätte des Islam geht, ist es für die Palästinenser wichtig, die breite Unterstützung der arabischen Welt für eine Friedenslösung zu erhalten.
Und auf wen sie jetzt und in Zukunft bauen können, ist äußerst unklar. Immerhin jedoch steht Ägypten seit dem Putsch des Militärs gegen die Muslimbrüder wieder hinter Palästinenserpräsident Abbas. Andererseits stärken die Atomverhandlungen den Iran.
Sollte es zu einer Einigung kommen, würde das das schiitische Lager unter Führung des Iran deutlich stärken. Und Teheran ist seit der islamischen Revolution der schärfste und aktivste Gegner einer Friedenslösung in Nahost.
Widerstände gibt es also genug. Und man darf zurecht fragen, ob der Nahostkonflikt derzeit tatsächlich das drängendste Problem in einer Region zerfallender oder in Aufruhr begriffener Staaten ist. Doch das ficht Kerry nicht an. Der Mann hat eine Mission. Und da man vor allem selbst überzeugt sein muss, um andere mitzureißen, ist die Dickköpfigkeit Kerrys das stärkste Argument, warum es diesmal vielleicht klappen könnte.
Quelle: abendblatt.de
< Löschzug an Aleppo übergeben