Hamburg - Nach einer Untersuchung der Arbeitsbedingungen im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 fordert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International von Katar umfassenden Reformen. "Der Missbrauch von Gastarbeitern in der Baubranche von Katar ist grauenhaft", heißt es in einem Bericht, den Amnesty am Sonntagabend veröffentlichte und der SPIEGEL ONLINE vorab vorlag.
Bei ihren Gesprächen mit Betroffenen vor Ort stießen die Amnesty-Vertreter der Studie zufolge auf unzumutbare Zustände. Die Organisation hat zum Beispiel Fälle dokumentiert, in denen Migranten unter der Androhung von Strafen Arbeiten ausführen mussten, für die sie sich nicht freiwillig gemeldet hatten. "In diesen Fällen handelt es sich um Zwangsarbeit", schreibt Amnesty unter Verweis auf eine von Katar ratifizierte Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation.
Im Einzelnen kritisiert der Bericht:
◾Veränderte Arbeitsbedingungen, von denen Gastarbeiter erst nach ihrer Ankunft erfuhren - inklusive reduzierter Gehälter.
◾Fälle, in denen das Gehalt von Arbeitern erst mit monatelanger Verspätung oder gar nicht gezahlt wurde.
◾Unternehmer, die ausländischen Mitarbeitern Arbeitspapiere vorenthielten, so dass diesen die Verhaftung durch katarische Behörden drohte.
◾Fälle, in denen die Pässe von Migranten durch ihre Arbeitgeber konfisziert wurden, so dass diese nicht das Land verlassen konnten.
◾Arbeitszeiten, die zum Teil weit über das zumutbare Maß hinausgingen sowie die Verletzung von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften
◾die Unterbringung von Arbeitern in "armseligen" Behausungen.
Zwar betreffen die Missbrauchsfälle laut Amnesty nicht alle Migranten, die insgesamt 94 Prozent der Arbeitnehmerschaft von Katar ausmachten. Man sei jedoch zu dem Schluss gekommen, "dass die Ausbeutung von Gastarbeitern Routine und weitverbreitet ist". In vielen Fällen liege dies nicht allein an den einzelnen Arbeitgeber, sondern sei "eindeutig verbunden mit systemischen Problemen im Umgang mit der Beschäftigung von Migranten".
Von Katars Regierung fordert Amnesty insbesondere, die Vorgaben aufzuheben, wonach Gastarbeiter sowohl für das Wechseln ihres Jobs als auch für das Verlassen des Landes die Zustimmung des Arbeitgebers benötigen. Außerdem sei es nicht akzeptabel, dass bestimmte Gruppen von Arbeitern keinen Schutz durch das Arbeitsrecht genießen und nur einheimische Arbeiter Gewerkschaften gründen dürfen. Solange grundlegenden Reformen nicht umgesetzt seien, müsse mit zahlreichen weiteren Schritten der Missbrauch innerhalb des bestehenden Systems verhindert werden.
Den vollständigen Artikel von Spiegel Online finden Sie hier.
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