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01.08.2013

 

"Das Militär will keine politische Rolle"

 

Ägyptens Botschafter in Berlin über das Übergangskabinett in seiner Heimat.

 

Auch zwei Wochen nach dem Sturz von Mohammed Mursi kommt Ägypten nicht zur Ruhe. Nach der Vereidigung einer neuen Übergangsregierung kündigten die Muslimbrüder neue Proteste an. Ein Gespräch mit Mohamed Higazy, dem ägyptischen Botschafter in Berlin, über die tiefe Spaltung der Gesellschaft und die Rolle des Militärs in seinem Heimatland.

 

Herr Botschafter, Ägypten hat ein neues Übergangskabinett, Armeechef Abdel Fattah al-Sisi ist nun Verteidigungsminister und Vizeregierungschef. Bemächtigt sich das Militär nun doch der Politik?

 

Nein. Die Militärführung hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie keine politische Rolle spielen will. Vizeregierungschef ist im Übrigen nicht nur der Verteidigungsminister, sondern auch der Minister für Internationale Zusammenarbeit und der für Hochschulbildung.

 

Haben wir in Ägypten einen Putsch erlebt?

Die Absetzung von Mohammed Mursi war kein Staatsstreich. 33 Millionen Ägypter sind auf die Straße gegangen, um die Korrektur der Fehler nach der ersten Revolution einzufordern. Wenn das Volk seinem Willen Ausdruck verleiht, ist das kein Putsch.

 

Aber es ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass eine demokratisch gewählte Führung vom Militär entmachtet worden ist.

Es war eine Volksbewegung, und das Militär hat in dieser Situation eine schlimme Eskalation verhindert und dem Volk beigestanden. Demokratie beschränkt sich nicht nur auf den Wahltag, sondern soll auch danach den Willen des Volks respektieren. Der Aufstand von 2011 hatte drei Ziele: Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Die Ex-Regierung unter Mursi hat diese Erwartungen und Hoffnungen der Menschen nicht erfüllt und stattdessen ihre eigene Agenda verfolgt. Mit dem erneuten Aufmarsch der Millionen wollten die Ägypter ihre Revolution beschützen. Das Volk war nicht bereit hinzunehmen, dass sich eine einzelne Kraft ihres Aufstands bemächtigt. Demokratie nach einer Revolution kann nur funktionieren, wenn man unterschiedliche Bevölkerungsgruppen mit einbindet.

 

Die Zeichen stehen aber doch wohl eher auf Konfrontation. Fast täglich kommt es zu blutigen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Mursi-Anhängern. Steht Ägypten vor einem Bürgerkrieg?

Die ägyptische Bevölkerung wird einen Kompromiss erreichen, davon bin ich überzeugt. Der Fahrplan für den Übergang zu einer Zivilregierung steht, in den nächsten sechs bis neun Monaten wird es Parlaments- und Präsidentschaftswahlen geben. Außerdem sind wir dabei, die Verfassung zu überarbeiten. Das Volk wird am Ende per Referendum darüber abstimmen. Wir sind auf dem richtigen Weg: Es gibt einen zivilen Übergangsregierungschef, der die verschiedenen politischen Gruppen an einen Tisch bringen will.

 

Sie betonen, wie wichtig es ist, alle politischen Kräfte zu beteiligen. Wie passt das mit den zahlreichen Verhaftungen von Muslimbrüdern zusammen?

Die Muslimbrüder sind mehrfach zur Beteiligung aufgerufen und eingeladen worden. Ich bin überzeugt, dass in einem modernen, demokratischen Ägypten Platz für alle ist. Die Muslimbrüder sind ein integraler Bestandteil der ägyptischen Gesellschaft.

 

Aber wie sollen sie sich beteiligen, wenn ihre Führer verhaftet werden?

Derzeit wird ein nationales Aussöhnungskomitee vorbereitet, das alle politischen Parteien in Ägypten an Bord holen soll. Dieses Komitee wird sich mit allen offenen Fragen beschäftigen.

 

Aber wie soll das gehen? Die Muslimbrüder haben wiederholt betont, dass sie an einer politischen Zusammenarbeit nicht interessiert sind.

Eine Lösung für Ägypten kann nur auf politischem Wege erreicht werden, davon müssen wir die Muslimbrüder im Dialog überzeugen. Die Anwendung von Gewalt oder der Aufruf zu Hass schadet allen, am meisten schaden sich die Muslimbrüder damit selbst.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert die sofortige Freilassung von Ex-Präsident Mursi, der derzeit an einem unbekannten Ort festgehalten wird. Empfinden Sie das als ungebührliche Einmischung?

Deutschland war eines der Länder, das die Revolution in Ägypten am meisten unterstützt hat. Bundesaußenminister Guido Westerwelle war seit 2011 sieben Mal in Ägypten. Wir schätzen die bilaterale und politische Zusammenarbeit sehr und haben auch die Äußerungen der Kanzlerin zur Kenntnis genommen. Ich kann versichern, dass Ägypten sich auf dem Weg der Aussöhnung befindet.

 

Ist es auch Teil des Aussöhnungsprozesses, die Medienanstalten der Muslimbrüder zu schließen?

Pressefreiheit ist ein hohes Gut, das in Ägypten respektiert wird. Die Medienanstalten der Muslimbrüder mussten aber geschlossen werden, weil sie Hass verbreiteten und zu Gewalt aufriefen. Wer so handelt, steht im Übrigen nicht für islamische Werte und kann sich auch nicht auf solche berufen. Im Verfassungsdekret werden Presse- und Meinungsfreiheit garantiert, und es wird ein Verhaltenskodex erarbeitet. Wenn sich diese Medien daran halten, können sie jederzeit wieder auf Sendung gehen.

 

Sollte der Westen Einfluss nehmen auf die Muslimbruderschaft und sie an den Verhandlungstisch zwingen?

Ägypten ist in der Lage, seine Bevölkerung selbst zusammenzubringen. Gleichzeitig wissen wir die Unterstützung unserer Freunde sehr zu schätzen, insbesondere die wirtschaftlichen Hilfen. Am meisten würde Deutschland uns unterstützen, wenn die Touristen weiter nach Ägypten kämen. Der Tahrir-Platz erstreckt sich nur auf einem Quadratkilometer, der Rest des Landes ist sicher und friedlich.

 

Frauen gelten als die größten Verliererinnen der ersten Revolution. Was wird sich nun für sie ändern?

Wenn Ägypten vorankommen will, dann müssen die Rechte der Frauen und ihre Bedürfnisse stärker respektiert werden. Die Ex-Regierung stand im Konflikt mit dem weiblichen Teil der Bevölkerung. Dabei waren die ägyptischen Frauen einer der treibenden Motoren hinter beiden Aufständen. Der Kampf um Gleichberechtigung ist ein zentraler Bestandteil der Revolution. Nur wenn er gewonnen wird, kann die Bewegung als erfolgreich gelten.

 

Und was ist mit den Übergriffen auf dem Tahrir-Platz? An diesem zentralen Ort des Protests können sich Frauen offenbar noch immer nicht frei bewegen …

Die Vorfälle auf dem Tahrir-Platz, die Sie ansprechen, sind verachtungswürdig und inakzeptabel für jeden anständigen Ägypter. Die Frauen in Ägypten sind gegen eine solche Behandlung und die Männer im Übrigen auch. Das Bemerkenswerte ist, dass sich die ägyptischen Frauen von derlei Gefahren nicht abhalten lassen. Ihre Stimmen dominierten die Gesänge des Aufstands trotzdem, ich bin davon ehrlich beeindruckt. Das macht mir auch Hoffnung, dass sich die demokratischen Werte am Ende durchsetzen werden.

 

Wie wird sich Ägypten künftig gegenüber seinen Nachbarn wie beispielsweise Israel verhalten?

Frieden ist ein grundsätzlicher Bestandteil der ägyptischen Außenpolitik. Ganz gleich, welche Veränderungen mein Land durchlaufen mag: An unserem strategischen Friedensinteresse wird sich nichts ändern. Der Schlüssel zu einem stabilen Nahen Osten ist ein Ägypten, das mit sich selbst und seinen Nachbarn in Harmonie lebt.

 

Sind Sie enttäuscht von den zurückhaltenden Reaktionen des Westens auf die Absetzung Mursis?

Die Botschaft, welche die 33 Millionen Ägypter auf den Straßen gesendet haben, ist in meinen Augen unmissverständlich. Es war die größte Protestansammlung in der Geschichte der Menschheit. Jeder, der die Menschenmassen gesehen hat, muss das berechtigte Anliegen der Ägypter verstehen und sie bei ihrem Kampf unterstützen. Die Stimme des Volkes lässt sich nicht ignorieren. Die Ägypter haben Bewunderung verdient für ihren Mut, den sie bereits zum zweiten Mal bewiesen haben.

 

Das vollständigen Interview von "Die Welt", erschienen am 18.07.2013, mit Botschafter Mohamed Higazy finden Sie hier.

 

   

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