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18.07.2013

 

Gudrun Krämer im Gespräch mit Marietta Schwarz

 

Islamwissenschaftlerin kritisiert den Putsch in Ägypten und sieht neue Koalition als "reine Zweckvereinigung" Ein Bürgerkrieg ist in Ägypten nicht zu befürchten, meint die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer. Es gebe dafür keine Tradition und die Gesellschaft hätte den Willen, einer solchen Entwicklung vorzubeugen. Dem neuen Bündnis aus Liberalen und Salafisten gibt die Berliner Historikerin keine Zukunft.

 

Islamwissenschaftlerin kritisiert den Putsch in Ägypten und sieht neue Koalition als "reine Zweckvereinigung" Ein Bürgerkrieg ist in Ägypten nicht zu befürchten, meint die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer. Es gebe dafür keine Tradition und die Gesellschaft hätte den Willen, einer solchen Entwicklung vorzubeugen. Dem neuen Bündnis aus Liberalen und Salafisten gibt die Berliner Historikerin keine Zukunft.

Marietta Schwarz: Ägyptens Übergangspräsident Mansur sucht den Dialog. Auf die dramatische Eskalation der Gewalt am Montag reagierte er mit einem Fahrplan für Neuwahlen. Innerhalb eines halben Jahres soll ein neues Parlament gewählt werden, auch die Verfassung soll überarbeitet werden. Viele Ägypter hoffen auf eine Beruhigung der Lage, doch die entmachteten Muslimbrüder rufen ihre Anhänger weiter zu Großkundgebungen auf, auch gestern gingen wieder Zehntausende auf die Straße. Und die Frage ist, ob versöhnliche Töne die Spaltung der Gesellschaft überwinden können.


Professor Gudrun Krämer leitet das Institut für Islamwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Unter anderem hat sie zu den Demokratisierungsbestrebungen in der arabischen Welt vor zwei Jahren auch ein Buch veröffentlicht. Guten Morgen, Frau Krämer.

Gudrun Krämer: Guten Morgen.

Schwarz: Dieses Buch trägt den Titel "Demokratie im Islam". Wenn wir jetzt auf Ägypten schauen - in welcher Phase der Demokratisierung befinden sich die Ägypter? Viele halten den Putsch ja für undemokratisch.

Krämer: Ein Putsch ist natürlich undemokratisch, anders kann man das gar nicht sagen, auch dann nicht, wenn man den Muslimbrüdern keine genuinen demokratischen Regungen zuschreibt. Ein Putsch ist per se undemokratisch, aber die Lage ist so, dass ich sie zwiespältig beurteilen würde. Denn auf der einen Seite ist dieser Eingriff der Armee hochproblematisch, und die neue Koalition, wenn man das sagen kann, die ja auch Salafisten einbezieht, ist gleichfalls problematisch, und doch hofft man natürlich, hoffe ich auf jeden Fall, dass durch den Prozess, der jetzt eingeleitet wird, tatsächlich eine Beruhigung und eine Stabilisierung im demokratischen Sinne erfolgen kann.

Schwarz: Halten Sie diese neue Koalition deshalb für problematisch, weil Salafisten einbezogen sind?

Krämer: Sie ist generell aus ganz unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt, die sich ganz sicher über kurz oder lang auch auseinanderentwickeln werden. Zum einen ist auch das sogenannte liberale Lager nicht einheitlich, es gehören eben neo-nasseristische, sehr nationalistische Kräfte an und dann solche, die im weiteren Sinne wirklich demokratisch inspiriert, ja manchmal sogar im wahrsten Sinne liberal angelegt sind, die sich aber im Moment, unter dem Druck der Verhältnisse, auch mit den Salafisten oder mit Teilen der salafistischen Bewegung zusammengetan haben, die nun noch härter in ihrer Linie sind als die Muslimbrüder. Und dieses Bündnis, das ja kein Bündnis im strengen Sinne ist, kann meines Erachtens nicht lange dauern. Es ist eine reine Zweckvereinigung.

Schwarz: Wie stehen denn die Salafisten zu den Muslimbrüdern?

Krämer: In einer Konkurrenz. Sie teilen gewisse Grundanliegen, die Gesellschaft und den Staat zu islamisieren, aber sie sind Konkurrenz im weiteren gesellschaftlichen und politischen Sinne. Und nur aus dieser Konkurrenz lässt sich auch ja ihr Verhalten erklären, denn wenn wir uns die inhaltlichen Positionen ansehen, dann müssten die Salafisten ja mit den Muslimbrüdern gemeinsame Sache machen und nicht mit dem Militär, das sie in der Vergangenheit auch verfolgt hat, und mit politischen Kräften, die man gemeinhin als liberal bezeichnet.

Schwarz: Das heißt ja, wenn ich Sie richtig verstehe, halten Sie die Pläne des ägyptischen Übergangspräsidenten dann doch für eher unrealistisch?

Krämer: Nein, nicht notwendig unrealistisch, aber ganz offenkundig wird es enorm schwer sein, diesen Fahrplan jetzt auch in gewünschter Schnelligkeit umzusetzen. Nicht nur, weil Salafisten und andere Kräfte nicht so einfach mitmachen werden und einen hohen Preis ausschreiben werden für ihre Kooperation, sondern weil, wie Sie ja auch schon sagten, die Muslimbrüder sich um ihren Platz in der Gesellschaft und in der Politik betrogen sehen und Opposition machen.

Schwarz: Frau Krämer, wir haben von den schrecklichen Übergriffen und Gewaltexzessen am Montag gehört. Es besteht auch die Angst vor einem Bürgerkrieg. Für wie konfliktfähig halten Sie denn momentan Ägypten noch?

Krämer: Ich glaube nicht an einen Bürgerkrieg. Ich sage das gewissermaßen aus einem Bauchgefühl heraus und rede von politischer Kultur - es gibt in Ägypten keine Tradition, das kann man so positiv sagen, des Bürgerkriegs wie in manchen anderen Ländern, und in der Gesellschaft selber ist auch eine ganz große Angst vor einer solchen Entwicklung zu spüren, und der Wille, dem vorzubeugen. Insofern denke ich, dieses schlimmste Szenario muss man nicht befürchten. Aber in der aktuellen Situation schreckt die Armee, der wahrscheinlich Kräfte des alten Regimes nach wie vor nahe stehen, auch vor scharfer Repression nicht zurück. Und was am Montag passiert ist, ist ja nun sehr besorgniserregend.

Schwarz: Frau Krämer, ich wollte mit Ihnen auch gerne noch über die Gewalt gegen Frauen reden, über die man öfter gehört hat im Zuge dieser ägyptischen Revolution. Um den Tahrir-Platz machen inzwischen viele Frauen einen großen Bogen. Da gab es zuletzt wieder eine Welle von sexuellen Übergriffen auf Frauen während der Demonstrationen, bis hin zu Vergewaltigungen, von Banden organisiert - wer steckt dahinter?

Krämer: Ja, wenn man das wüsste. Es ist eigentlich erstaunlich, dass bis jetzt nicht hinreichend Männer verhaftet worden sind, die man dann befragen kann - natürlich in der richtigen Form befragen und nicht unter Einsatz von Folter. Also bis jetzt gibt es nur die Vermutung, dass dies Banden sind, die im weitesten Sinne auch vom alten Regime oder auf jeden Fall von demokratiefeindlichen Kräften inspiriert, bezahlt sind. Denn was sie machen, geht ja deutlich ab von der durchaus etablierten Grabscherei, die jede Frau in Ägypten kennt, und wahrscheinlich nicht nur in Ägypten, sondern auch in manch anderem Land, insofern, als sie organisiert sind und bis zu einem Grad gehen, der die Ägypter auch schockiert.

Schwarz: Jetzt frage ich Sie als Islamwissenschaftlerin: Ist das ein Problem einer islamischen Gesellschaft oder, anders gefragt, was hat Vergewaltigung mit Religion zu tun?

Krämer: Mit Religion hat sie gar nichts zu tun, außer, dass sie religiöse Grundsätze verletzt. Ich kann eigentlich eher - ich würde nicht auf die Religion gehen, sondern dann doch im weiteren Sinne auf Repression, gesellschaftliche Repression und Frustration, denn wir haben vergleichbare Zustände auch aus Indien jetzt gehört, keinem islamischen Land. Sodass ich tatsächlich diese Linie Islam/Gewalt gegen Frauen von vornherein zurückweisen würde. Dafür gibt es keine Grundlage, wohl aber für einen Zusammenhang von Frustration und, in diesem Falle denke ich aber auch, angestifteter Gewalt, die nicht religiös fundiert sind.

Schwarz: Die Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer, Professorin an der FU Berlin. Vielen Dank für das Gespräch, Frau Krämer.

Krämer: Sehr gerne.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

Das vollständige Interview im Deutschlandradio Kultur finden Sie hier.

 

   

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