Liebe Mitstreiter/innen für Recht und Gerechtigkeit,
die Zweistaatenlösung ist auf jeden Fall der einzige Weg für ein friedliches Miteinander von Israelis und Palästinensern. Aber es wird nach meiner Einschätzung weder diese noch ein Zusammenleben von Israelis und Palästinensern mit gleichen Rechten in einem Staat geben, weil die israelischen Politiker und religiösen Fanatiker weder das eine noch das andere wollen und die Weltgemeinschaft sie ungehindert gewähren läßt. Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor beschrieb schon in seinem im Jahre 2003 erschienenem Buch „Terror als Vorwand“, wie sich der frühere israelische Ministerpräsident Ariel Scharon einen „Palästinenserstaat“ vorstellte: als Bantustans in Mitten jüdischer Siedlungen – siehe beigefügte Karten. Und genauso dürfte es aussehen, wenn Netanjahu von einer „Zweistaatenlösung“ spricht, um die Weltöffentlichkeit zu täuschen. Inzwischen sind diese Enklaven noch weiter zersplittert und kleiner geworden. Viele radikale Israelis hoffen sogar auf eine Gelegenheit, um alle Palästinenser über den Jordan oder in den Sinai vertreiben zu können, damit das ganze Land nur von Juden besiedelt wird.
Die israelische Menschenrechtsaktivistin Felicia Langer schrieb in „Brücke der Träume – Eine Israelin in Deutschland“ zu den Oslo-Verhandlungen im Jahre 2003: „Da die einzige Lösungsmöglichkeit, die einen wahren Frieden verspricht und die auch von der Mehrheit der Palästinenser sowie von der israelischen Friedensbewegung unterstützt wird, die Errichtung eines palästinensischen Staates neben Israel ist, müßte diese zentrale Frage bereits im Grundsatzabkommen angeschnitten sein, wenn das Abkommen sinnvoll sein soll. Wenn ich jedoch den Worten Rabins und Peres’ lausche, wenn ich die Karte der jüdischen Siedlungen sehe, befürchte ich, daß Israel bestrebt ist, den Palästinensern nur Bantustans zuzugestehen, Reservate, mehr nicht. Dies kann kein Weg zum Frieden sein.“
In Israel ist etwas ungewöhnliches passiert: Zwei ehemalige israelische Geheimdienstchefs, ein früherer Polizeikommandant sowie ein renommierter Rechtsprofessor haben sich mit „Breaking the Silence“ solidarisiert, jener israelischen Reservistenorganisation, die zunehmend unter Beschuß des rechten Regierungslagers geraten ist, weil sie unbeirrt ein Ziel verfolgt: Über den Besatzungsalltag im Westjordanland berichten, über die Willkürmaßnahmen von Armee und Siedlern genauso wie über die bisherigen Gasa-Kriege. Alik Ron, einst Polizeichef im Westjordanland, sagte , daß „noch niemals eine Besatzungsmacht für immer die Oberhand gewonnen hat“. - Der vollständige Bericht der Frankfurter Rundschau ist als Anlage beigefügt. Wirklich lesenswert!
Judith Bernstein hat sich mit einem eindringlichen Brief an unseren Außenminister Sigmar Gabriel gewandt: https://jpdg.de/meldungen/2017/4/11/mein-schreiben-an-auenminister-sigmar-gabriel-vom-04-april-2017
Die Kopi-Konferenz „ 50 Jahre Besatzung“, soll trotz alle Verhinderungsversuche auf jeden Fall am 9. und 10. Juni in Frankfurt stattfinden. Anmeldungen sind an mariusstark[at]gmx[.]de zu richten.
Erfolgreiche Verweigerung: Die israelische Kriegsdienstverweigerin Tamar Alon ist nach 130 Tagen Haft aus dem Gefängnis entlassen und von der Wehrpflicht befreit worden. (Quelle: Versöhnungsbund)
Kein Geld mehr für Pax Christi? Noch bis Ende Mai läuft die Online-Petition, mit der Pax Christi gegen die Entscheidung der Bischöfe protestiert, der katholischen Friedensorganisation die Zuschüsse zu streichen. Mehr als 6800 Menschen haben schon unterschrieben . Bitte ebenfalls unterschreiben und weiter verbreiten!
Der Politiker Volker Beck (Bündnis90/DieGrünen) versucht überall in der Bundesrepublik kritische Stimmen gegen die israelische Besatzungspolitik zum Schweigen zu bringen. Zuletzt wendete er sich an den Bonner Stadtrat mit einem schlecht recherchierten und verleumderischen Schreiben und forderte die Absage der Veranstaltung "Für Menschenrechte und Völkerrecht in Palästina - Was will BDS?". Gegen diese Zensurversuche protestierte die Jüdische Stimme - siehe http://www.juedische-stimme.de/?p=2285 (Die Veranstaltung hat stattgefunden, aber in einem anderen als ursprünglich vorgesehenem Raum.)
Hierzu noch ein Zitat von Felicia Langer: „Das Kapitel über die Pflicht der Deutschen, sich überall dort einzumischen, wo Menschenrechte verletzt werden, ist heute aktueller denn je. Die Einmischung der Welt – und der Deutschen – wäre für Israel ein Segen. ... wer behauptet, daß man die Menschenrechtsverletzungen Israels nicht anprangern dürfe, weil das Antisemitismus sei, der lügt, wissentlich, frech und erpresserisch, um die Stimmen der Kritik zum Schweigen zu bringen ... .“
Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Bedford-Strohm sagte in einem am 15. 4. 2017 veröffentlichten Interview: „Wo ein Land Verbrechen begangen hat, muß auch klar sein, daß diese Verbrechen in aller Deutlichkeit angesprochen werden.“ Aber wenn es um die Verbrechen geht, die von Israel begangen wurden und werden, soll das nicht gelten.
Hier ein Hinweis auf ein relativ unbekannt gebliebenes Buch über den Gazakrieg 2008/9 „Bleiernes Spiel – Krieg in Palästina“ von Sara Ehrlicher. Ein Auszug findet sich im Internet. Es schildert, wie der Krieg von Deutschland aus per Internet beobachtet wird und was der Krieg mit der "Weltmeinung" zu Israel machte / wie er sie verändert hat.
Breaking The Silence hat Eckhart Drost ein Video geschickt, das eine virtuelle Tour mit Jehuda Shaul, dem Gründer der Organisation zeigt : http://www.breakingthesilence.org.il/media/94776
Wer selbst eine Tour mit den Ex-Soldaten machen möchte, sollte sich rechtzeitig anmelden: http://www.breakingthesilence.org.il/tours
Johannes Zang hat ein neues Buch über seine Begegnungen mit Christen im Heiligen Land veröffentlicht. Näheres siehe http://shop.echter-verlag.de/in-kurze-verfugbar/begegnungen-mit-christen-im-heiligen-land.html
Kürzlich wurde in mehreren Zeitungen von verbalen und tätlichen Angriffen auf einen jüdische Schüler an einer Berliner Schule berichtet. Jegliche Form von Antisemtismus ist selbstverständlich nicht tolerierbar. Aber man sollte sich auch mit den Ursachen befassen. An dieser Berliner Schule waren es türkische und arabisch-stämmige Jugendliche, die sich gegenüber dem jüdischen Mitschüler aggressiv verhielten. Hintergrund ist meistens die Lage der Palästinenser unter der völkerrechtswidrigen israelischen Besatzung. Seit dem letzten großen Angriff der israelischen Armee auf den Gasastreifen unter dem Namen „Gegossenes Blei“ im Jahres 2014 mit rd. 2400 getöteten Palästinensern einschließlich rd. 500 Kindern haben die antisemitischen Vorfälle weltweit zugenommen. Der israelische Friedensaktivist Uri Avnery schrieb schon im Jahre 2003: „Der Staat Israel verursacht eine Renaissance des Antisemitismus auf der ganzen Welt und bedroht Juden überall. Die Sharon-Regierung ist wie ein riesiges Labor, in dem der Virus Antisemitismus gezüchtet und in die ganze Welt exportiert wird.“ Die nachfolgenden israelischen Regierungen haben durch die weitere Entrechtung der christlichen und moslemischen Palästinenser die Zunahme des Antisemitismus vor allem unter den Muslimen in Kauf genommen, anstatt auf das von allen arabischen Staaten unterzeichnete und schon dreimal vorgelegte Friedensangebot einzugehen. Würde der für jüdisches Eigentum geltende Grundsatz, entweder Rückgabe oder Entschädigung von geraubtem Eigentum auch für palästinensisches gelten, wäre dies die Basis für eine Friedenslösung und würde dem Antisemitismus entgegen wirken. Die Palästinenser tragen doch keinerlei Verantwortung für den Holocaust.
Von einem generell in Deutschland zunehmenden Antisemitismus, wie aus propagandistischen Gründen immer wieder behauptet wird, kann nicht die Rede sein. Andernfalls würden nicht so viele Israelis insbesondere nach Berlin kommen – inzwischen schon rd. 20 000. Etliche Israelis emigrierten nach Deutschland, wie die Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff und die Menschenrechtsaktivistin Felicia Langer (Brücke der Träume – Eine Israelin in Deutschland), weil sie das dortige politische Klima nicht mehr ausgehalten haben.
Beigefügt ist Uri Avnerys Kommentar „Das Nessos-Gewand“ zum 50. Jahrestages des Sechstagekriegs. Darin schreibt er: „Israel ist in einen kolonialen Apartheid-Staat verwandelt worden.“ Und weiter: „ Wenn ich religiös wäre, würde ich es in dieser Weise erklären: vor vielen Jahren hat Gott sein erwähltes Volk, Israel, aus dem Heiligen Land ins Exil gesandt, als Strafe für seine Sünden. Vor 130 Jahren entschied sich ein Teil des Volkes von Israel ohne Gottes Erlaubnis ins Heilige Land zurückzukehren. Jetzt hat Gott das Volk von Israel wieder gestraft, indem er ihm einen wunderbaren Sieg schenkte und diesen Sieg in einen Fluch verwandelte, der in eine Katastrophe führt.“
Viele religiöse Israelis glauben, daß Gott sein auserwähltes Volk wegen seiner Sünden zweimal aus dem „Heiligen Land“ verbannt habe. Einmal wurden die Juden (angeblich) nach Ägypten verbracht und einmal (angeblich) durch die Römer aus Palästina vertrieben. Manche glauben sogar, daß der Holocaust ebenfalls eine Strafe für die Sünden des auserwählten Volkes war. Man muß schon sehr jüdisch-ultraorthodox sein, um so etwas zu glauben. Müssen sich diese Ultra-Orthodoxen denn nicht fragen, was die nächste göttliche Strafe sein
könnte?
Sehr interessant ist ebenfalls Uri Avnerys anliegender Kommentar Cui Bono zur Berichterstattung über den Giftgasangriff in Syrien.
Weitere Informationen unter nahost-forum-Bremen, palästina-portal , Der Semit, sicht-vom-hochblauen (Kommentare von Evelyn Hecht-Galinski) und bib-jetzt mit den Themen der Woche.
Mit solidarischen Grüßen
Siegfried Ullmann
Anlagen:
Karten aus dem Buch „Terror als Vorwand“: Scharons Vorstellungen von einem Palästinenserstaat
Bericht aus der Frankfurter Rundschau
Uri Avnery: Das Nessos-Gewand
Uri Avnery: Cui Bono
Israel verhaftete im März 509 Palästinenser
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