Ein großer Ägypter
Sein Buch „Seini Barakat“ (1974, deutsch: 1984) galt als Schlüsselroman zur Geschichte Ägyptens unter Präsident Nasser. Der 1945 geborene Gamal al-Ghitani mischte in diesem vordergründig im 16. Jahrhundert spielenden Werk, das weltweite Beachtung fand, Aspekte traditionellen arabischen Erzählens und des Schelmenromans mit solchen moderner literarischer Dystopien über Bespitzelung und Repression durch totalitäre Systeme, weshalb man ihn bald als „arabischen Orwell“bezeichnete.
Ghitani wuchs in dem Kairoer Altstadtviertel auf, aus dem auch der Schriftsteller Nagib Machfus stammte, und sah sich selbst als dessen Erbe. Er lernte zunächst Teppichdesign und wurde dann Schriftsteller und Journalist. Als großer Kenner der arabischen Literatur mit Interesse an ägyptischer Geschichte sowie
islamischer Geistesgeschichte verstand er es, „Welttheater auf kleinstem
Raum“ zu schaffen, wie der „Tagesspiegel“ einmal schrieb, und wurde zu einem
wichtigen Vermittler in der gesamten arabischen Welt und über diese hinaus.
Von 1993 bis 2011 war er Chefredakteur des arabischen Literaturmagazins „Akhbar al-adab“, das auch kritische Töne gegenüber dem Machthaber Hosni Mubarak anstimmte. In einem Interview von 2011 nach dem Beginn der ägyptischen Revolution am Tahrir-Platz sagte al-Ghitani, er sei überglücklich, diese Tage erleben zu dürfen.
Am Sonntag ist Gamal al-Ghitani
in Kairo gestorben.
wiel
Faz vom 20.10.15
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