Wirtschaft
Im Mittelpunkt stand die erste Djibouti-Germany Economic Conference am 27. März 2014 im Djibouti Palace Kempinski Hotel - unter der Schirmherrschaft des Premierministers der Republik Djibouti S. E. Abdoulkader Kamil Mohamed, der nach Willkommensgrüßen von S. E. Aden Mohamed Dileita, Botschafter von Djibouti in Berlin (Foto), S.E. Wolfgang Piecha, Deutscher Botschafter in Djibouti, Walter Englert, stv. Geschäftsführer des Afrika-Vereins, Abdulaziz Al-Mikhlafi, Generalsekretär der Ghorfa sowie Kammerpräsident, Außenminister und Wirtschaftsminister des Gastlandes die Eröffnungsrede hielt, bevor in einer feierlichen Zeremonie ein MOU zwischen der Ghorfa und der Industrie- und Handelskammer von Djibouti unterzeichnet wurde. Die folgenden drei Sessionen (Wirtschaftspolitik, Banken- und Finanzwesen – Energie und Wasser – Bau, Infrastruktur und Logistik) mit hochkarätigen Referenten beider Länder trug bzgl. Struktur und Organisation die Handschrift der Ghorfa: Unter jeweils Deutscher Moderation gab es nützliche Informationen von Djiboutischen Ministern, Bankdirektoren, namhaften Institutionen, Experten der jeweiligen Bereiche und Unternehmern beider Länder, die die Themen ansprachen, die in Djibouti wichtig sind - repräsentiert durch die Themen der Sessionen. Dies erfolgte nicht nur im Beisein der Deutschen Delegation, sondern auch vieler djiboutischer Unternehmer, die der Einladung gefolgt waren und die Gelegenheit nutzten, am Rande der Vorträge in BtoB Gesprächen bestehende Kontakte zu vertiefen, bzw. neue Kontakte zu knüpfen. Ein Besuch in der Handelskammer mit detaillierter Präsentation vor Ort und ein Besuch des Alten Hafens von Djibouti, des neuen, von Dubai World erbauten Containerhafens Doraleh (Foto) sowie eine Fahrt durch die Djibouti Free Zone rundeten das Wirtschaftsprogramm ab. Dabei erfuhren die Teilnehmer von ehrgeizigen Zukunfts-Megaprojekten, wie z. B. fünf weiteren Häfen, Trockendock, Meerwasserentsalzungsanlage, Freizonen, Business District, Eisenbahnlinien. Rechtfertigung für die zahlreichen Häfen ist Im- und Export von Gütern aller Art aus dem Hinterland, vor allem im Hinblick auf den großen Zukunftsmarkt Äthiopiens.
Ein ermutigendes Beispiel für das Engagement eines mittelständischen Deutschen Unternehmens in Djibouti ist die Firma PRAKLA in Peine: „Die PRAKLA Bohrtechnik GmbH hat eine langjährige Beziehung zum afrikanischen Kontinent. Mit unserer Bohrtechnik ist es möglich, Trinkwasser aus großen Tiefen zu fördern. Diese Technik wird seit einigen Jahren auch in Djibouti eingesetzt, um hier Brunnen für die Trinkwasserversorgung herzustellen“, so Dipl.-Ing. Ulrich Pelleter, Geschäftsleitung/General Manager Sales am Rande der Konferenz. „Der ehemalige Minister für Wasser und Landwirtschaft und heutige Premierminister von Djibouti hat zusammen mit dem djiboutischen Geologen Dr. Gamal, zur Zeit des Kaufs Leiter der ONED Organisation National d`Eau Djibouti, im Jahr 2007 die ersten Bohranlagen in Betrieb genommen“. Dr. Gamal bestätigt: „Seit wir die Bohranlagen betreiben, ist die Trinkwasserversorgung sowohl in der Stadt als auch auf dem Land erheblich verbessert worden. Die sehr gute Partnerschaft mit der PRAKLA hat es ermöglicht, das eigene Personal soweit auszubilden, dass die Mitarbeiter heute selbstständig die Brunnen bis zu 350 m Tiefe abteufen“. (Foto: v.l.n.r.: Pelleter, Premierminister, Dr. Gamal)
Kultur und Tourismus
Dem großen, von allen Teilnehmern gewürdigten und bewunderten Engagement von S. E. Botschafter Aden Mohamed Dileita ist zu verdanken, dass diejenigen Teilnehmer, die sich die Zeit dafür nahmen, in den Genuss kultureller Eindrücke kamen und sich auf einem Tagesausflug auch ein Bild von den touristischen Möglichkeiten machen konnten.
Höhepunkt des „Ausflugs“ in die Kultur des Landes waren im Rahmen eines Galadinners im Sheraton Hotel die professionellen Folkloretänze je einer Tanz- und Musikgruppe der beiden größten Volksgruppen des Landes: Afar und Issa, die sich – für das westliche Auge gleich ersichtlich – in den Kostümen unterschieden. Vor allem die farbenfrohen Gewänder der Afar-Frauen mit ihrem dekorativen Goldschmuck (Foto) werden im Gedächtnis bleiben. „Diese Tänze werden auch heute noch z. B. bei Hochzeiten aufgeführt. Jeder Tanz hat eine bestimmte Bedeutung“, so Dr. Gamal zur Erklärung.
Freunde exotischer Architektur kommen im Zentrum von Djibouti Stadt auf ihre Kosten. Das schönste Gebäude ist das „Maison du Tabac“ (Foto), 1914 erbaut von Nathoo Mooljee, einem der berühmten „Banyans“ aus Indien. Die heutige Stadtmitte entstand zwischen 1890 und 1935. Die spannende Geschichte der Häuser am Place du 27 Juin zwischen der Rue d’Ethiopie und der Rue de Rome, sowie viele andere Informationen über Geschichte und Kultur Djiboutis, wie z. B. die über 100 Jahre alten Moscheen, Initiationsriten und traditionelle Hochzeiten der Einwohner erfährt man aus dem Buch „Djibouti Ex-Libris“, einer Sammlung von Artikeln aus dem „DjibOut Magazine“, im Dezember 2013 bei Editions acs (ISBN: 978-2-9547228) erschienen. Das Buch ist sehr empfehlenswert und jeder, der sich für Djibouti interessiert, sollte es lesen (560 Seiten mit vielen historischen Fotos – eine wahre Fundgrube).
Der Freitag eignet sich gut für Ausflüge und so waren die Teilnehmer per Bus und Schnellboot einen ganzen Tag unterwegs: Durch eine atemberaubende Landschaft roter Felsketten hinter einer schwarzen Steinwüste mit Stop am Dimbiya Canyon führt der Weg zum Lac Assal (Foto), einem Salzsee 157 m unter dem Meeresspiegel, dessen dicke Salzkruste vor der Kulisse türkisfarbenen Wassers und dahinter liegender Bergkette begehbar ist. Seit Millionen Jahren scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Rimbaud war hier mit einer Karawane im Jahr 1886. In Tadjourah, der ältesten Hafen-Stadt des Landes und einzigen Stadt mit präkolonialer Geschichte, die schon in der griechischen Antike erwähnt wird, gibt es sieben Moscheen mit außergewöhnlichen Minaretten, von denen einige auf den Etiketten der zerstörten Mineralwasserfabrik zu sehen waren. Heute gibt es eine neue Fabrik, mit privatem Kapital aus Dubai errichtet, die die Marke „Eau der Tadjourah“ herstellt. Vor der Besichtigung eines neuen SOS-Kinderdorfs mit schöner Arkadenarchitektur steht der Besuch im Haus des Bürgermeisters auf dem Programm, der stolz von dem bereits im Bau befindlichen neuen Hafen erzählt. Dieser Hafen ist u. a. als „Durchgangsstation“ für Pottasche aus Äthiopien gedacht. Im kleinen Marinehafen warten drei Marine-Schnellbote auf die Gäste. Ziel sind die Moucha Inseln, die auch von zivilen Ausflugsschiffen angefahren werden und Infrastruktur für Badegäste bieten. Auf dem privaten Anwesen der Familie des Botschafters genießen die Gäste Meer und Strand, die großartige Gastfreundschaft der Gastgeber und den Sonnenuntergang, bevor es per Schnellboot zurück nach Djibouti geht.
Kunst und Bildung
Während die Unternehmer den letzten Tag für B2B-Gespräche nutzten, hatte die Autorin dieses Artikels – wiederum durch die großzügige Hilfe des Djiboutischen Boschafters -Gelegenheit, den einzigen professionellen Kunstmaler Djiboutis zu treffen und einen Besuch in der Universität abzustatten.
Rifki Abdoulkader Bamakhrama („Keynote Speaker, Artist, Producer“ steht auf seiner Visitenkarte) hat sein Haus mit Kunstatelier in der Nähe des Kempinski Hotels. „Der Stamm Bamakhrama stammt ursprünglich aus Hadramaut/Jemen, genauer gesagt, aus Ghail Bawasir, etwa 60 km nördlich von Mukalla. 1890 kamen meine beiden Großväter nach Djibouti, sie waren Händler und Imam. Mein Vater und meine Mutter wurden in Djibouti geboren“, erzählt Rifki Bamakhrama (Foto) bei Saft aus frischen Früchten in seinem Atelier. Er erblickte 1954 das Licht der Welt und entdeckte schon als Junge seine Vorliebe für die Kunst, die ihn sein Leben lang begleitete. In Djibouti ist er bekannt und beliebt. Von 1995 bis 2011 war er nacheinander Minister für Handel, Tourismus, Industrie, Jugend, Sport, Telekommunikation und Kultur. Man sagt, dass er in allen Ministerien entscheidende Innovationen vorangebracht hat. Als Kulturminister war er fünf Jahre tätig und hat in dieser Zeit u. a. ein Theater und zahlreiche Kulturfestivals gegründet, von denen das jährliche Internationale Musikfestival bis heute besteht. „Ich habe mit dem Malen von Portraits begonnen, später brachte mich die Welt des Theaters zum Malen von Masken und Kostümen. Seit 1994 male ich mit Ölfarben, vorher gab es nur Akryll und Aquarell. Nach dem Ende meiner politischen Arbeit habe ich mich vollständig der abstrakten Malerei gewidmet und hatte im Dezember 2011 meine erste Gemäldeausstellung im Hotel Kempinski. Zwei Stunden nach der Eröffnung waren alle Gemälde verkauft. Der Bedarf an Kunst in Djibouti ist sehr groß. Die Gesellschaft hat sich von Nomaden zu Geschäftsleuten entwickelt, die durch die Welt reisen und ihr Geld in Kunst anlegen wollen“. Inzwischen hatte er weitere Solo-Kunstausstellungen und ist dabei, für die Veranstaltung „Annual day of Telecommunication“ am 17. Mai 2014 in Genf eine Ausstellung von 20 Gemälden vorzubereiten. Abschiedsgeschenk ist sein erstes Buch „Palette of Colours“ – mit Widmung. Das zweite Buch „Rifki crée ses espaces“ ist in Arbeit.
Das Universitätsgelände in Djibouti bildet einen eigenen, an das Stadt-Zentrum grenzenden Stadtteil. Die Uni hat rund 7.000 Studierende und 250 Professoren. Sie ist von einer Mauer umgeben, die zahlreichen Eingangstore (Foto) sind von Wachpersonal bewacht. In der Nähe der Tore befinden sich Treffpunkte für die Studierenden: outdoor Cafés und Buchhandlungen und es gibt eine eigene Moschee. Geschlechtertrennung gibt es nicht. Das Technische Institut hat etwa 1.500 Studierende. Dr. Ayan Mahamoud ist Associate Professor für Angewandte Mathematik und Ingenieurwissenschaften. Sie ist in Djibouti geboren, hat in Frankreich an der Uni Metz/Nancy ihren Master gemacht und kam 2005 nach Djibouti zurück. „Von Djibouti aus habe ich meinen Doktortitel an der Ecole Centre Nantes erworben und unterrichte seit 2006 an der Universität Djibouti in allen Studienjahren. Wir haben etwa 80 Studierende im 1. Jahr, davon sind im 3. Jahr noch 30 übrig und den Masterabschluss in Angewandter Mathematik machen etwa 25. Es gibt nur sehr wenige weibliche Studierende, zur Zeit sind es 7. Ich unterrichte 15 Stunden pro Woche“. Auf die Frage nach den Beschäftigungsmöglichkeiten nach dem Studienabschluss meint sie: „Dadurch, dass wir regelmäßig Experten aus der Wirtschaft zu Konferenzen und Seminaren einladen, bekommen die Studierenden rechtzeitig Ideen für künftige Berufe. Die Studierenden mögen diese Veranstaltungen, sie bleiben lange und vergessen die Zeit. Es gibt für sie viele interessante Tätigkeiten in Djibouti. Da wir sehr eng mit der Industrie- und Handelskammer zusammenarbeiten, tun wir alles, um die Curricula auf die Bedürfnisse der Wirtschaft abzustimmen. Die Unternehmer selbst formulieren die Job-Anforderungen und so entwickeln wir entsprechende Lerninhalte, z. B. für die folgenden Bereiche: Electrical Maintenance, Logistics and Transportation und Civil Engineering“.
Text und Fotos: Barbara Schumacher
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