Nach vier Jahre dauernder Restauration und mehrfach verschobenem Eröffnungstermin ist der Stadtteil Turaif von Diriyah, von 1744 bis 1818 Hauptstadt des ersten saudischen Staates, seit Januar 2019 Besuchern zugänglich.
Diriyah liegt 20 km nördlich von Riyad. Bei meinem ersten Besuch vor fast 20 Jahren sah ich historische Aufnahmen von Diriyah im National Museum von Riyadh und beschloss, mir das riesige Ruinenfeld aus verlassenen Palästen, Moscheen und Gebäuden anzusehen. Damals konnte man ungestört und völlig allein die traditionelle Lehmarchitektur genießen. Die Geisterstadt wurde 2010 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt und Turaif, das Palast-Viertel, war in den letzten Jahren eines der ambitioniertesten Renovierungsprojekte der Saudi Commission for Culture and National Heritage - im Rahmen der Vision 2030. Diriyah war eine der historisch bedeutendsten Städte und während der Blütezeit zu Beginn des 18. Jh. die größte Stadt auf der arabischen Halbinsel. Menschen aus dem Hejaz, Irak, der Levante, Oman und Jemen lebten hier. Die Lage der Stadt ist spektakulär: umgeben von fruchtbarem Land und reichlich Wasser erhöht gelegen über dem Wadi Hanifah war sie ein wichtiges Handelszentrum. Die größte Bedeutung liegt jedoch in einem religiös motivierten Ereignis: Im Jahr 1744 schlossen Imam Mohamed bin Saud (Emir von Diriyah) und der religiöse Reformer Imam Mohamed bin Abdul Wahab einen Pakt, der heute noch gilt. Ibrahim Pasha und seine osmanisch-ägyptische Armee zerstörten die Stadt im Jahr 1818.
Der Turaif gegenüberliegende Stadtteil Bujeirih wurde schon vor einigen Jahren renoviert und ist mit seinen Restaurants, Moscheen, Parks und einen großen Besucherzentrum vor allem an Wochenenden Ziel einheimischer Familien. Im Besucherzentrum gibt es ein ausgezeichnetes Video des „Diriyah Historical Development Program“ zu sehen. “The new Sheikh Mohammed bin Abdul Wahab Foundation will be an academic institution concerned with the Sheikh’s scholarly and intellectual heritage, his school of thought and the Da’wah (mission) faith studies. The mud building of Atthowaihirah Mosque will be restored in the traditional way, this project is supported by H.R.H. Prince Sultan bin Salman bin Abdulaziz, the president of SCTH” hatte mir 2016 der dortige Guide erklärt. - Nun werden in zunehmendem Maße Besucher aus anderen Teilen der Arabischen Halbinsel (und bald auch aus aller Welt) die Brücke über das Wadi Hanifah überqueren und sich Turaif anschauen. Was gibt es zu sehen? Insgesamt elf Lehm-Paläste, der Salwa Palast ist der größte und besticht genau wie der Saad Bin Saud Palast (mit Säuleninnenhof) und der kleinere Nasir Bin Saud Palast durch seine perfekte Najd Architektur. Aus Lehm sind auch Bäder, Moscheen und Ruinen von Wohnhäusern auf Sandsteinfundamenten. Die Decken einiger Häuser sind bis heute erhalten. Sie bestehen aus Tamarisken- und Athil Holz und Palmzweigen. Eine teilweise renovierte Stadtmauer mit kleinen Wachtürmen umgibt das Gelände.
Fünf neue Museen wurden in den Palästen untergebracht: Geschichtsmuseum, Social Life Museum, Militärmuseum, Handelsmuseum, Kunsthandwerksmuseum. In zwei Dokumentationszentren lernen die Besucher Weiteres über Geschichte, Kultur und Traditionen und den Verlauf der Restaurierungsarbeiten. Ferner gibt es ein Araber-Gestüt und ein kleines Museum zum Thema asiler Araber-Pferde. Die Fassaden einiger Gebäude und des Al Faisal Towers dienen als Projektionsflächen für Lichtshows. Wenn die seit längerem angekündigten E-Visa für alle Touristen kommen, dann wird Diriyah mit Sicherheit ein attraktives Ziel für an Kultur und Geschichte interessierte Besucher.
Text und Fotos: Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG)
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