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28.08.2014

 

Meine dringende Bitte an das israelische Volk: Befreit Euch selbst, indem Ihr Palästina befreit.

 

In einem Kommentar für die israelische Tageszeitung Haaretz ruft der emeritierte Erzbischof Desmond Tutu zu einem weltweiten Boykott gegen Israel auf. Er drängt Israelis und Palästinenser, mit mehr Weitblick als ihre Politiker nach einer Lösung für die Krise im Heiligen Land zu suchen.

 

Von Desmond Tutu, Ha’aretz, 14. August 2014  


www.haaretz.com

 

In den letzten Wochen wurden wir Zeugen eines beispiellosen Engagements der Zivilgesellschaft in aller Welt. Es richtete sich gegen die Ungerechtigkeit von Israels unverhältnismäßig brutaler Reaktion auf die Raketenabschüsse aus Palästina.


Wenn man die Zahl derjenigen zusammennimmt, die sich am vergangenen Wochenende in Kapstadt, Washington D.C., New York, Neu-Delhi, in London, Dublin, Sydney und zahlreichen anderen Großstädten versammelten, dürfte dies in der Weltgeschichte der mächtigste globale Bürgeraufschrei für ein Einzelanliegen gewesen sein.


Vor einem Vierteljahrhundert habe ich an etlichen Massendemonstrationen gegen die Apartheid teilgenommen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es noch einmal Demonstrationen von solchem Umfang geben würde. Aber in Kapstadt am letzten Samstag war die Menge genau so groß wie damals, wenn nicht größer. Junge und Alte, Muslime, Christen, Juden, Hindus, Buddhisten, Agnostiker, Atheisten, Schwarze, Weiße, Rote und Grüne –,wie nicht anders zu erwarten in einer lebendigen, toleranten, multikulturellen Gesellschaft waren sie alle vertreten.


Ich bat die Menge, mit mir einzustimmen in folgenden Slogan: „Wir sind gegen die Ungerechtigkeit der illegalen Besatzung Palästinas. Wir sind gegen das wahllose Töten in Gaza. Wir sind gegen die unwürdige Behandlung der Palästinenser an Checkpoints und Straßensperren. Wir sind gegen die Gewalt von allen Seiten. Aber wir sind nicht gegen Juden.“


Ein paar Tage vorher hatte ich dazu aufgerufen, Israels Mitgliedschaft in der Internationalen Architektenvereinigung zu suspendieren, die gerade in Südafrika tagte. Ich appellierte an die israelischen Brüder und Schwestern, die an der Konferenz teilnahmen, sich persönlich und im Namen ihrer Vereinigung von der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen zu distanzieren, die zur Aufrechterhaltung des Unrechts beitragen. Dazu zählen die Trennmauer, die Sicherheitsstationen und Checkpoints sowie die Siedlungen, die auf besetztem palästinensischem Land gebaut werden.


„Ich bitte Sie dringend“, so meine Worte, „nehmen Sie diese Botschaft mit nach Hause. Stemmen Sie sich gegen die Welle von Gewalt und Hass, indem Sie sich der gewaltfreien Bewegung für Gerechtigkeit gegenüber allen Völkern der Region anschließen.“

In den letzten Wochen haben sich mehr als 1,6 Millionen Menschen in aller Welt zu dieser Bewegung bekannt. Sie haben eine Kampagne von Avaaz unterschrieben, die sich an Firmen richtet, die an der israelischen Besatzung verdienen und/oder an Unrecht und Unterdrückung gegenüber Palästinensern beteiligt sind. Die Forderung: sie sollen sich zurückziehen.


Die Kampagne zielt besonders auf den Niederländischen Pensionsfonds ABP, auf Barclays Bank, auf G4S, eines der weltweit größten Sicherheitsunternehmen, auf die französische Transportfirma Veolia, auf die Computerfirma Hewlett-Packard und auf die Bulldozer-Firma Caterpillar.
Im vorigen Monat haben 17 EU-Regierungen ihre Bürger dringend aufgefordert, Geschäftsbeziehungen mit oder Investitionen in israelischen Siedlungen zu vermeiden.


Vor kurzem konnten wir beobachten, dass der Niederländische Pensionsfonds PGGM Einlagen in Millionenhöhe aus israelischen Banken abzog. Ebenso zog sich die Bill und Melinda Gates-Stiftung aus dem G4S (s.o.) zurück. Und die Presbyterianische Kirche der USA zog Investitionen von schätzungsweise 21 Millionen US-Dollars bei Hewlett Packard, Motorola und Caterpillar ab.
Es ist eine Bewegung, die Fahrt aufnimmt.


Gewalt zeugt Gewalt und Hass, und die zeugen wiederum nur Hass und Gewalt.


Wir in Südafrika kennen uns aus mit Gewalt und Hass. Wir wissen, wie weh es tut, das Stinktier der ganzen Welt zu sein, wenn es aussieht, als ob niemand versteht oder auch nur bereit ist uns zuzuhören. Eben da kommen wir her.
Wir wissen auch, welchen Nutzen der Dialog zwischen unseren Politikern uns schließlich gebracht hat. Wir erinnern uns, wie es war, als das Verbot von Organisationen, denen das Etikett „Terroristen“ anhaftete, aufgehoben wurde und ihre Führer, allen voran Nelson Mandela, aus dem Gefängnis, aus der Verbannung und aus dem Exil befreit wurden.


Wir wissen, dass, als unsere Politiker anfingen, miteinander zu reden, die angebliche Logik der Gewalt, die unsere Gesellschaft kaputt gemacht hatte, in den Hintergrund trat und schließlich verschwand. Terroristische Gewalttaten, die begangen wurden nachdem die Gespräche begonnen hatten, - wie etwa die Angriffe gegen eine Kirche oder eine Kneipe – stießen auf nahezu einhellige Ablehnung, und die Partei, die dafür verantwortlich gemacht wurde, erhielt an der Wahlurne eine Abfuhr.


Der Freudentaumel, der auf unsere erste gemeinsame Wahl folgte, beschränkte sich nicht auf die schwarzen Südafrikaner. Der eigentliche Triumph unserer friedlichen Einigung war die Tatsache, dass sich alle einbezogen fühlten. Und später, als wir eine Verfassung vorlegten, die so tolerant und teilnahmsvoll und integrativ war, dass Gott darauf stolz sein konnte, da fühlten wir alle uns befreit.


Natürlich war es eine Hilfe, dass wir einen Kader außergewöhnlicher Politiker hatten. Aber was brachte die Politiker letztlich am Verhandlungstisch zusammen? Es war das Zusammenwirken überzeugender gewaltloser Instrumente, die entwickelt worden waren, um Südafrika wirtschaftlich, akademisch, kulturell und psychologisch zu isolieren.

 

An einem bestimmten Punkt – dem Wendepunkt – wurde der damaligen Regierung klar, dass die Kosten für die Aufrechterhaltung der Apartheid den Nutzen überwogen.


Die Absage von Handelsbeziehungen mit Südafrika in den 1980er Jahren vonseiten multinationaler Konzerne aus Gewissensgründen war letztlich einer der wesentlichen Hebel, die den Apartheidstaat ohne Blutvergießen in die Knie zwang. Diese Konzerne hatten verstanden, dass sie durch ihren Beitrag zur Wirtschaft Südafrikas an der Aufrechterhaltung eines Unrechtszustandes mitwirkten.


Diejenigen, die immer noch Geschäfte mit Israel machen und damit zu einem Gefühl der Normalität in der israelischen Gesellschaft beitragen, diese Kräfte tun den Israelis und den Palästinensern einen schlechten Dienst. Sie tragen zu der Verfestigung eines zutiefst unrechtmäßigen Status quo bei.
Hingegen bringen diejenigen, die zu Israels vorübergehender Isolierung beitragen, damit zum Ausdruck, dass Israelis und Palästinenser ein gleiches Recht auf die Anerkennung ihrer Würde und auf Frieden haben.


Letzten Endes stellen die Vorgänge in Gaza in den vergangenen sechs Wochen einen Test dar, bei dem sich zeigt, wer an den Wert der Menschen glaubt.
Es zeigt sich immer deutlicher, dass Politiker und Diplomaten überfordert sind. Deshalb steht die Zivilgesellschaft in der Verantwortung, eine Mittlerrolle zu übernehmen im Bemühen um eine tragfähige Lösung für die Nahostkrise. Und ebenso tragen diese Verantwortung die Menschen in Israel und Palästina selbst.


Neben der derzeitigen Verwüstung von Gaza sind anständige Menschen überall, und auch in Israel, zutiefst beunruhigt wegen der Verletzungen von Menschenwürde und Bewegungsfreiheit, denen Palästinenser an Checkpoints und Straßensperren tagtäglich ausgesetzt sind. Hinzu kommt Israels Politik der illegalen Besatzung und Schaffung von als Pufferzonen wirkenden Siedlungen auf besetztem Land. Dies alles macht es immer schwieriger, zu einer Verhandlungslösung zu gelangen, die für alle annehmbar wäre.


Der Staat Israel handelt, als gäbe es kein Morgen. Seine Bevölkerung wird nicht in Sicherheit und Frieden leben, wonach sie sich und worauf sie ein Anrecht haben, so lange ihre politischen Führer einseitig auf einem Vorgehen bestehen, das den Konflikt anheizt.


Ich verurteile diejenigen in Palästina, die für den Abschuss von Raketen auf Israel verantwortlich sind. Sie schüren die Flammen des Hasses. Ich bin gegen jede Gewalt.


Aber wir müssen ganz klar sagen: die Menschen in Palästina haben jedes Recht, für ihre Würde und ihre Freiheit zu kämpfen. Es ist ein Kampf, der von vielen weltweit unterstützt wird.


Kein von Menschen gemachtes Problem ist unlösbar, wenn Menschen sich mit der ehrlichen Absicht zusammentun, die Hürden zu überwinden. Kein Frieden ist unerreichbar, wenn Menschen entschlossen sind, ihn zu erlangen
Frieden fordert von den Menschen in Israel und in Palästina, sich als menschliche Wesen wahrzunehmen –sich selbst und die anderen - und ihre gegenseitige Abhängigkeit zu anzuerkennen.


Raketen, Bomben und rohe Beschimpfungen führen zu nichts. Es gibt keine militärische Lösung.


Zur Lösung könnte eher der Werkzeugkasten der Gewaltfreiheit beitragen, den wir in den 1980er Jahren entwickelt haben, um unsere Regierung von der Notwendigkeit zu überzeugen, ihre Politik zu ändern.

 

Wodurch haben diese Werkzeuge – Boykott, Investitionsrücknahme und Sanktionen – letztendlich Wirkung erzielt? Die Zahl ihrer Unterstützer – ebenso im Lande wie von außen – hatte eine kritische Masse erreicht. Eine solche Unterstützung erleben wir derzeit für Palästina.


Meine dringende Bitte an das israelische Volk ist, über den Augenblick hinaus zu blicken, über das Gefühl ständiger Bedrohung hinaus zu denken, die Augen zu öffnen für eine Welt, in der beide, Israel und Palästina existieren können, eine Welt in der Würde und Respekt für einander herrschen.

 

Dazu braucht es einen Gesinnungswandel. Einen Gesinnungswandel, der erkennt, was die Zementierung des derzeitigen Status quo bedeutet: künftige Generationen zu Gewalt und Unsicherheit zu verurteilen. Einen Gesinnungswandel, der aufhört, legitime Kritik an der Politik eines Staates als einen Angriff gegen das Judentum anzusehen. Einen Gesinnungswandel, der zu Hause anfängt und sich wie Wellen im Wasser über Gemeinden, Staaten und Regionen ausbreitet – bis hin zu der Diaspora, die zerstreut ist in aller Welt, In der einen Welt, die uns allen gemeinsam gehört.


Menschen, die sich zusammentun, um ein gerechtes Ziel zu erreichen, sind nicht zu stoppen. Gott mischt sich nicht ein in die Angelegenheiten der Menschen. Er hofft, dass wir wachsen und lernen, indem wir selbst unsere Schwierigkeiten und Differenzen überwinden. Aber Gott schläft nicht. Wie die Schriften der Juden uns sagen, steht Gott parteiisch auf der Seite der Schwachen, der Entrechteten, der Witwen und der Waisen. Und auch auf der Seite dessen, der Sklaven befreit auf dem Weg in ein Land der Verheißung. Und war es nicht der Prophet Amos, der sagte, wir sollten Gerechtigkeit fließen lassen wie Wasser eines Flusses?


Am Ende siegt das Gute. Das Streben nach Freiheit für das Volk von Palästina, Freiheit von Demütigung und Verfolgung durch die Politik Israels – das ist ein gerechtes Anliegen. Es ist ein Anliegen, das das Volk Israels unterstützen sollte.


Von Nelson Mandela stammt das berühmte Wort, dass die Südafrikaner sich erst frei fühlen, wenn die Palästinenser frei sind. Er könnte hinzugefügt haben, dass die Befreiung Palästinas auch Israel befreien wird.


Aus dem Englischen: Ulrike Vestring, FrauenWegeNahost

 

Den Originalartikel in Englisch find Sie auf Haaretz.com.

 

   

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