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24.02.2014

 

Christen im Heiligen Land: Glaube unter Beschuss

 

Kanzlerin Merkel reist mit ihrem Kabinett nach Israel, die Liste der Gesprächsthemen ist lang. Große Probleme haben die Christen im Land: Radikale Siedler schänden Friedhöfe und Kirchen. Von den Behörden gibt es kaum Hilfe.

 

Aus Jerusalem berichtet Annette Langer

 

Zwei Männer stehen auf einem Friedhof. Der eine schaut ratlos, der andere bitter auf einen geköpften Grabstein. Das Kreuz, einst obenauf, liegt jetzt im dünnen Gras in der Sonne. Es brauchte viel Kraft, es vom Sockel zu schmettern - einen Vorschlaghammer, vielleicht. "Das war kein Vandalismus", sagt der evangelische Propst von Jerusalem, Wolfgang Schmidt. "Das war ein symbolischer Akt."

Schmidt vertritt die Evangelische Kirche Deutschlands im Heiligen Land, den protestantischen Zionsfriedhof verwaltet er gemeinsam mit den Anglikanern. Im November vergangenen Jahres schändeten Unbekannte hier mehr als 20 Gräber.

Eigentlich ist der Friedhof ein idyllischer Ort: Es duftet nach Zypressen, der Blick auf die Heilige Stadt ist atemberaubend. In der Luft tragen die Religionen ihren akustischen Hoheitskampf aus: Muezzine rufen zum Gebet, Kirchenglocken läuten um die Wette.

Doch die Stimmung ist seit den Schändungen gedrückt. Die Polizei nahm vier junge Israelis vorübergehend in Gewahrsam. Zwei von ihnen gehörten der berüchtigten Hügeljugend an - einer Gruppe radikaler Siedler, die seit Jahren gewaltsam gegen Palästinenser, aber auch die israelische Armee vorgehen. Doch die Tatverdächtigen wurden freigelassen.

"Verreck, du Christ!"

"Wir haben unseren Unmut geäußert", sagt Propst Schmidt, der ein großes silbernes Kreuz wie einen stummen Kommentar um den Hals trägt. Er habe mit einem Berater von Präsident Schimon Peres gesprochen, auch mit dem Oberbürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat. "Man hat mir versichert, dass solche Übergriffe streng verfolgt würden", so der Propst. "Aber das sind Lippenbekenntnisse."

"Machen wir uns nichts vor - selbst die Polizei gibt offen zu, dass kein einziger Angreifer je ein Gefängnis von innen gesehen hat", sagt Pater Nikodemus Schnabel, Benediktiner aus der benachbarten Dormitio-Abtei. Der Priester im einfachen schwarzen Mönchshabit hat jede Menge Erfahrungen mit antichristlichen Übergriffen: "Ich werde auf der Straße angespuckt, mit Steinen oder Flaschen beworfen", sagt er. Erst kürzlich sei ein junger Mann zu ihm gekommen und habe geschrien: "Verreck, du Christ!", erzählt Schnabel. Er habe den Pöbler fotografiert, um einen Beweis zu haben, doch der habe sich nur lachend in Pose geworfen.

Im Mai 2013 schmierten Unbekannte Parolen wie "Jesus ist ein Hurensohn" oder "Tod den Christen" an die Mauern der Abtei. Direkt neben der Dormitio-Abtei liegt die Thora-Schule Diaspora-Jeschiwa, wo mehr als hundert Schüler die Schriften studieren. Es gibt Gerüchte, dass sich dort einige Extremisten der Hügeljugend verstecken. Beweise gibt es nicht.

Der Leiter der Jeschiwa, Rabbi Avraham Goldstein, bezeichnete die Gerüchte als "Missverständnis". Zwar kümmere sich die Schule um "gewisse orientierungslose Jugendliche", er könne sich aber nicht vorstellen, dass "unsere Schüler sich solcher Gewalt schuldig machen können", sagte er dem "Figaro".

Große Betroffenheitsshow inszeniert

Ob armenische Seminaristen oder rumänische Nonnen, franziskanische Mönche oder Trappisten - allzu oft kam es in den vergangenen Jahren zu Übergriffen auf Christen. Zunächst waren palästinensische Moscheen von den sogenannten "Preisschild-Attacken" betroffen - Graffitis mit der Botschaft, dass jede Konzession an die Palästinenser ihren Preis haben werde. Dann erweiterten die Täter ihren "Wirkungskreis" auf die christlichen Konfessionen.

"Beleidigungen hat es immer gegeben, wer in Jerusalem Gott sucht, darf kein Angsthase sein", meint der Benediktiner Schnabel. Seit etwa zwei Jahren jedoch hätten Gewalt und Sachbeschädigung eine neue Dimension erreicht. "Es ist die Melange aus Religion und Politik, die so explosiv ist."

Die in Washington ansässige "Organisation Search for Common Ground" hat Angriffe auf heilige Stätten in Israel von April 2011 bis November 2013 aufgelistet. 17 Mal wurden christliche Einrichtungen geschändet, 23 Mal muslimische - aber auch 41 Mal jüdische. Insgesamt haben sich die Übergriffe pro Jahr mehr als verdoppelt. "Was die Angriffe betrifft, leben wir in perfekter Ökumene", so Schnabel sarkastisch.

Unweit der Dormitio-Abtei auf dem Berg Zion liegt das Restaurant "Davids Harfe". Dessen jüdischer Besitzer wurde laut Schnabel bedroht, sein palästinensischer Koch von radikalen Siedlern brutal zusammengeschlagen - weil er nicht koscher kochte. "Es ist ein Armutszeugnis für den eigenen Glauben, wenn man meint, Andersgläubige demütigen zu müssen", bedauert der Mönch.

Die Behörden unternehmen wenig. "Es wird eine große Betroffenheitsshow inszeniert, aber de facto passiert nichts", sagt Pater Nikodemus. "Es gibt einen politischen Unwillen durchzugreifen."

Nikodemus hat ein lautes, gutmütiges Lachen, das wie eine warme Wolke an den dicken Mauern der knapp hundert Jahre alten Dormitio-Abtei abprallt. Der Mönch ist Benediktiner, ein waschechter Gelehrter, der stundenlang über seine Steckenpferde, die Ostkirchenkunde und die Liturgiewissenschaft, reden kann. Aber auch gestenreicher Sohn einer Schauspielerin, überzeugter Städter und umtriebiger Pressesprecher, der schon fast alle wichtigen deutschen Politiker getroffen und durch Jerusalem geführt hat.

Vorsicht, Fettnapf!

Das diplomatische Parkett in der religiös wie politisch umkämpften Stadt ist spiegelglatt. Hier kann man eigentlich nur verlieren - wenn man Stellung bezieht genauso, wie wenn man es partout vermeiden will. Schon die Vielstimmigkeit innerhalb der großen monotheistischen Religionen ist immens: Allein 60 christliche Konfessionen sind in Jerusalem vertreten. Insgesamt machen sie mit 14.700 Gläubigen aber nur zwei Prozent der Gesamtbevölkerung aus - das entspricht in etwa dem Landesdurchschnitt.

Man dürfe sich keine Illusionen machen über den Stellenwert der christlichen Stimme in Israel, sagt Pater Nikodemus. "Wir werden nicht so massiv gehört." Als Auslandsgemeinde sei man stark an Pilgern und Touristen orientiert, die Zahl der dauerhaft im Heiligen Land lebenden Gläubigen bleibe überschaubar.

Wie politisch darf ein Geistlicher im heiligen Land sein? Ist es nicht seine Pflicht, Stellung zu beziehen, erst recht, wenn er aufgrund seines Glaubens bedroht ist?

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"Ich äußere mich nicht zu politischen Themen, nur zu Fragen, die unsere Kirche oder das christlich-jüdische Verhältnis betreffen", sagt Schnabel. Auch sein evangelischer Nachbar Propst Schmidt hütet sich vor politischen Kommentaren. Beide Geistlichen betonen, dass man sich immer die historische Verantwortung Deutschlands aus den Verbrechen des Holocaust vor Augen führen müsse, bevor man mit unerwünschten Ratschlägen an die Öffentlichkeit gehe.

Das sieht Bischof Munib Younan von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land anders. Er kritisiert offen die Siedlungspolitik der Israelis und fordert die Christen auf, ihre Stimme gegen religiösen Fanatismus zu erheben. (Lesen Sie hier ein ausführliches Interview mit Bischof Younan)

Befördert die religiöse Vielfalt in Jerusalem die Ökumene? Oder verhärtet sie die Fronten, weil jeder sich gegen den anderen abgrenzen will? "Wir Benediktiner regeln ganz viel auf der Mönch-zu-Mönch-Ebene", sagt Pater Nikodemus. Die Theologie habe aber im Heiligen Land nicht die Leichtigkeit, die man aus weniger konfliktbeladenen Regionen kenne. Zu jedem Satz, den er sage, gebe es eine Gegenfrage: "Wieso ist das so? Ist es nicht anders?" Das sei fruchtbar und spannend, könne aber auch zu Verwirrung und Verhärtung im Glauben führen, zu einem "Anything goes" oder einer Fundamentalisierung: "Der Glaube ist hier unter Dauerbeschuss."

 

Quelle: Spiegel.de

 

 

 

   

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