Nach der spektakulären Eröffnung des Museum of Islamic Art (MIA) in Doha im Jahr 2008 bahnt sich ein nicht minder spektakuläres Ereignis an: Das Jahr 2016 wird für die Eröffnung des neuen National Museums gehandelt. Bestätigt ist dieser Termin allerdings nicht. Die riesige Baustelle, auf der Tag und Nacht gearbeitet wird, sieht im Oktober 2015 so aus, als gäbe es noch viel zu tun. Aber die Phantasie bekommt bereits Flügel, …
Architekt des Gebäudekomplexes, für das ihn Sandrosen inspirierten, ist der Franzose Jean Nouvel, gleichzeitig Architekt des Louvre Abu Dhabi, eines weiteren Museums der Superlative, das im nächsten Jahr eröffnet werden soll. Sandrosen wachsen im Wüstenboden, in einer Tiefe von mindestens 1 m und sind bei Mineralienausstellungen begehrte Objekte wegen der bizarren Anordnungen von Rosenblättern ähnlichen, steinharten Gebilden, die in verschiedenen Größen und in meist bräunlichem Farbton auch in Qatar vorkommen. Das neue Museum im Rohbau glänzt allerdings in weiß und umschließt die schneeweißen Gebäude im traditionellen Stil um den alten Palast von Sheikh Abdullah bin Jassim Al-Thani („Vater des modernen Qatar“), der bis vor einigen Jahren Herzstück des damaligen National Museums war. Dieser etwa 100 Jahre alte Palast wurde mit großem Aufwand in dreijähriger Arbeit renoviert. Vielen Besuchern des 1975 eröffneten ersten National Museums ist die einzigartige Architektur des alte Palasts in unvergesslicher Erinnerung, denn er hatte nicht nur als Familien- sondern auch als Regierungssitz gedient und beherbergte als Museum außergewöhnliche Exponate u. a. der Bereiche Geschichte und Kulturerbe. 1980 war das wunderschöne Gebäude in islamischer Architektur mit dem Aga Khan Preis ausgezeichnet worden. Für die aktuellen Renovierungsarbeiten hatte Qatar Museums (QM), die für alle Museen in Qatar zuständige 2005 gegründete Institution, das Spezial-Unternehmen Ziegert/Roswag/ Seiler Architekten und Ingenieure beauftragt, denn es ging auch um die Restaurierung von Ornamenten, bemalten Holzdecken und historischen Gipsoberflächen. Zu Recht ist Sheikha Al Mayassa bint Hamad bin Khalifa Al-Thani, Vorsitzende von QM, stolz und zufrieden mit der Arbeit der Restauratoren und ist sich sicher, dass die futuristische Architektur des neuen National Museums die traditionelle Architektur des Palastes perfekt ergänzt. Sheikha Al Mayassa hat in USA und Frankreich studiert. Sie gilt als finanzstark und einflussreich, vor allem auf dem weltweiten Kunstmarkt. Für Qatar hat sie ein klares Konzept: Die Schwester des regierenden Emirs ist die treibende Kraft bei dem Anspruch, Qatar zu einer Weltklasse-Destination für Kunst und Kultur im Mittleren Osten zu machen. Schon bei der Eröffnung des MIA hinterließ sie 2008 einen höchst professionellen und souveränen Eindruck und der nächste große Auftritt bei der Eröffnung des National Museums wird mit Sicherheit nicht weniger Aufsehen erregen.
Mit Bauprojekten in Qatar hat Jean Nouvel bereits Erfahrung. Sein silber schimmernder Wolkenkratzer an der Corniche der West Bay ragt wie ein Daumen in den Himmel, wirkt aber geradezu brav im Vergleich zum neuen National Museum. Wer von der Mathaf Street (Museumsstraße) kommt, fährt direkt auf das Museum mit seinen bizarren Formen zu. Auch vom südlichen Beginn der Corniche ist der riesige Bau hinter dem Bauzaun auszumachen und wenn der nach der Eröffnung verschwunden ist, bietet sich vom Meer ein spektakulärer Anblick. Dem zukünftigen Besucher, der auf dem neuen Flughafen gelandet ist, steht dann auf dem Weg zu den Luxushotels der West Bay entlang der attraktiven Corniche eine Fahrt voller Sehenswürdigkeiten bevor, denn es folgen MIA, Al Fanar, Souq Waqif, zahlreiche Ministerien, der Palast des Emir und schließlich die Skyline der Wolkenkratzer.
Text und Fotos: QM (Luftaufnahme) und Barbara Schumacher
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