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09.08.2021

 

Michael Lüders, Die scheinheilige Supermacht, Warum wir aus dem Schatten der USA heraustreten müssen

 

Verlag C.H. Beck (www.chbeck.de), München 2021, 293 Seiten, C.H. Beck Paperback, broschiert € 26,95, e-Book €12,99, ISBN 978 3 406 76839 2

 

Michael Lüders ist als Nahost-Experte und Bestsellerautor häufiger Gast in Funk und Fernsehen. Er war lange Zeit Nahost-Korrespondent der Wochenzeitung DIE ZEIT und ist heute Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft in der Nachfolge von Peter Scholl-Latour. Bei C.H. Beck sind von ihm zum Nahen Osten erschienen: „Tage des Zorns“ (2011) über die arabische Rebellion, „Iran: Der falsche Krieg“ (2012), „Wer den Wind sät“ (2015), „Die den Sturm ernten“ (2017) und „Armageddon im Orient“ (2018).

 

Auch das vorliegende Werk, ein Spiegel-Bestseller, enthält Geschehnisse, die den Nahen Osten betreffen. Doch die Schlüsselfrage, die der Autor stellt, lautet nach seinen Worten im knappen Vorwort: „Wie halten wir Europäer es mit den USA, einer Weltmacht im Niedergang? Darüber eine öffentliche Debatte anzustoßen, …, ist das Anliegen dieses Buches. Nicht in der Absicht, abschließende Antworten zu finden. Sondern die richtigen Fragen zu stellen. Solche, die neue Horizonte eröffnen.“  Es sei erwähnt, dass Michael Lüders seinem Buch einige interessante Zitate voranstellt, u.a. von Niccolò Machiavelli: „Es ist unklug, immer den Sieg davontragen zu wollen“ bis Axel Springer: „Wahr ist, was morgen in der Zeitung steht“. – In den Ausführungen kommen weitere berühmte Denker und Politiker zu Wort, wie der arabische Historiker Ibn Khaldun oder auch der Gründer der Sowjetunion, Lenin. Der Themenkomplex ist in acht Kapitel mit zahlreichen Untertiteln gegliedert. Aus der Fülle des dargebotenen Materials stellen wir im Folgenden einige Aussagen mit Beispielen vor.  

 

Das erste Kapitel behandelt „Schattenkrieger: Warum Politiker und Journalisten die Entführung eines iranischen Tankers schönreden“. Am 4. Juli 2019 wurde ein iranischer Supertanker von 30 britischen Marinesoldaten vor Gibraltar gekapert. Wahrheit und offizielle Begründung der britischen Regierung divergieren erheblich, ebenso die Berichterstattungen in den Medien. – Ebenfalls im Sommer 2019 hatte die Politik der USA des „maximalen Drucks“ auf den Iran einen gefährlichen Höhepunkt erreicht. Es geht um das Atomabkommen, den Ausstieg der USA und natürlich um Erdöl. Michael Lüders zieht das Fazit eines Artikels aus den deutschen Medien „Unterm Strich gehören das Erdöl und die Petrodollars am Golf uns im Westen“. Fürwahr harte Worte…

 

„Fackeln der Freiheit: Big Business bewährt sich als Meister der Manipulation“ lautet das nächste Kapitel. Schon im Ersten Weltkrieg spielte Propaganda eine große Rolle. Präsident Woodrow Wilson gelang es, das pazifistisch und neutralistisch eingestellte Volk der USA zu einer zustimmenden Haltung für den Krieg zu gewinnen. Die amerikanische Presse nahm die Aufgabe mit Begeisterung auf: Ein Krieg, der „alle Kriege beenden soll“ und „um die Welt sicher für die Demokratie zu machen.“ Heute betreiben ‚Denkfabriken‘, Lobbygruppen usw. das Meinungsmanagement. Ein Beispiel aus unserer Zeit sind Saddam Hussein’s angebliche Massenvernichtungswaffen als Auslöser des Irak-Kriegs. - Michael Lüders nennt die Spitzenreiter des Nahen Ostens, die mit Millionensummen ihre Öffentlichkeitsarbeit in der US-amerikanischen Propaganda-Maschinerie honorieren: Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Wer sich kein teures Marketing leisten kann, wie der Iran und die Palästinenser, findet kaum Gehör vor dem Kongress in Washington. –

 

Im dritten Kapitel „Das Propaganda-Modell: Wie Medien unsere Wahrnehmung filtern“ stellt der Autor einen Irrtum richtig. Die Allgemeinheit glaube in großen Teilen noch immer, dass es eine Manipulation der Öffentlichkeit nur in Diktaturen gäbe. Dass dies nicht der Realität entspricht, beweist er anhand einiger weltbewegender Geschehen und Entwicklungen. Ein Musterfall für die in den Medien vorgestellten ‚Feindbilder‘ war die damalige Sowjetunion, die aber heute neben dem Feindbild Islam in der Wahrnehmung Russlands fortlebt. Ein treffendes Beispiel ist die Annexion der Krim 2014 durch Russland: Die Maßstäbe, die hier angelegt wurden, werden bei den Annexionen der Golanhöhen und Ostjerusalems vor Jahrzehnten und der heutigen sukzessiven Aneignung des Westjordanlandes durch Israel ignoriert. Als der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn bei der EU darauf bestand, diese Annexion mit jener der Krim gleichzusetzen, konterte der deutsche Außenminister Heiko Maas: „Er sehe nicht, dass man Israel mit einem solchen Vergleich konfrontieren sollte“, zitiert in der luxemburgischen Zeitung Tageblatt. Dieser Dialog wurde in keinem deutschen Medium erwähnt, geschweige denn einer Kritik unterzogen. Es ist allgemein bekannt, dass in den Medien der Axel-Springer-Verlagsgruppe u.a. die Maxime „Wir unterstützen die Lebensrechte Israels“ gilt.

 

„Die Geschichte der Whistleblowerin Katharine Gun“ bildet den Anfang des folgenden Kapitels „Eine Zeitung mit Format“. Die beim britischen Spionagezentrum in Cheltenham beschäftigte Übersetzerin und Analystin hatte am 31. Januar 2003 ein Memorandum des Stabschefs der NSA (National Security Archive), Abteilung Regionale Ziele - das US Spionagependant zum englischen - erhalten. Es war eine Aufforderung, Mitglieder des UN-Sicherheitsrats illegal auszuspähen, um an Informationen zu gelangen, die den Politikgestaltern der USA hilfreich wären: im Hinblick darauf, eine UN-Resolution als Freibrief für einen Angriff auf den Irak zu erhalten. Die junge Katharine Gun wusste aus nachrichtendienstlichen Informationen, dass Saddam keine Massenvernichtungswaffen besaß und fasste den Mut zu einer strafbaren Handlung: Sie ließ das Memo einem Redakteur des linksliberalen Observer zukommen.  Es änderte nicht den Lauf der Geschichte. In der Nacht vom 19. auf den 20. März 2003 griffen die USA und Großbritannien den Irak an – im Rahmen einer „Koalition der Willigen“ von 43 Staaten! – Nicht nur schwelt ein weltweiter Kampf um Erdöl, in unseren Tagen kommt das Lithium dazu. Dazu berichtet der Autor über Bolivien, Venezuela und Kuba; in Brasilien ist die Ausbeutung von Ressourcen durch US- und brasilianische Konzerne in vollem Gange.  

 

„Macht und Meinungsmanagement: Die Guten gegen die Bösen“. Hier erläutert Michael Lüders die Begriffe ‚Framing‘ und ‚Narrative‘. Ein Paradebeispiel für die divergierende Berichterstattung ist der Abschuss zweier Flugzeuge. Am 1. September 1983 schoss ein sowjetischer Kampfjet den Flug 007 der Korean Airlines über sowjetischem Territorium ab, alle 269 Insassen kamen um. Am 3. Juli 1988 schoss der US-Zerstörer Vincennes im Persischen Golf den Iran Air-Flug 655 ab und alle 290 Insassen kamen ums Leben. In beiden Fällen hatten Militärs ein Passagierflugzeug irrtümlich für ein feindliches Ziel gehalten. Doch die politisch Verantwortlichen in Moskau und Washington rechtfertigten diese Vorfälle auf verschiedene Weise.

 

„Die Welt gehört uns: Von der ‚Bürde des weißen Mannes‘ bis zum Einsatz für Freiheit und Demokratie“. Dieses Kapitel läutet der Autor mit den geschichtsphilosophischen Texten Ibn Khaldun’s ein, genauer mit dessen ‚Muqaddima‘ (= arab. Einleitung, Vorwort). Der arabische Denker beschreibt das Wesen der Macht, den sozialen Zusammenhalt, Aufstieg und Niedergang von Dynastien usw. (Er wird deswegen von westlichen Wissenschaftlern als ‚Begründer der Soziologie‘ genannt. Die Rez.) – Es folgen Ausführungen des Autors zur Bedeutung des „ex oriente lux“, dem Kolonialismus und Neokolonialismus. Er zitiert die These des indischen Philosophen Pankaj Mishra, dass die Politisierung des Islams mit der Kolonialisierung ihren Anfang nahm und keineswegs im Koran angelegt sei, wie ‚Islamkritiker‘ insistieren.

 

„Schurkenstaat Iran: Gesinnung zählt, nicht Fakten – auch bei Mord“, die Hintergründe der Tat – die Ermordung einer der ranghöchsten iranischen Militärs durch eine CIA-Operation im Januar 2020 auf irakischem Territorium - bringt Michael Lüders ausführlich ans Licht. Generalmajor Qasem Soleimani wurde vom Weißen Haus in die Reihe der ‚Terroristen‘ und ‚Mörder‘ Osama Bin Laden und Abu Bakr al-Baghdadi gestellt. Das war eine dreiste Rechtfertigung, der Streit schwelt weiter, die Lage am Golf wird angespannt bleiben. „Und der Gewinner ist China“: Der Autor analysiert, wie Deutschland sich selbst schädigt, wenn es bedingungslos den USA folgt, beispielsweise bei Sanktionen gegen den Iran oder Russland.

 

Im letzten Kapitel „Das Wahre ist das Ganze“ folgert Michael Lüders, dass derzeit die USA eine absteigende Weltmacht seien, hingegen China eine aufsteigende. Europa hätte das Potenzial, ein politisches, wirtschaftliches und auch militärisches Machtzentrum zu werden. In seinen Augen bräuchte Deutschland eine langfristig angelegte Außenpolitik, weg von der Rolle eines Juniorpartners der Supermacht USA. – Die Schlussworte erinnern an das ‚Projekt Weltethos‘ unter Federführung des Tübinger Theologen Hans Küng, den ‚kategorischen Imperativ‘ Emanuel Kants und nicht zuletzt an die Bewegung ‚Fridays for Future‘.       

 

Fazit: Michael Lüders gewährt uns in seinen dank umfangreicher Quellenauswertung vielseitigen Ausführungen u.a. einen uneingeschränkten Blick auf die internationale Öffentlichkeitsarbeit und die oftmals zwiespältigen Wege der Presse. Dank an Autor und Verlag für diese notwendige Veröffentlichung.

 

Helga Walter-Joswig

 

   

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