Wenn die Hannover-Messe auch als „Stimmungsbarometer“ für die wirtschaftlichen Beziehungen mit Saudi-Arabien gilt, dann kann man nach dem vergangenen Jahr so mancher Irritationen nun wieder das Beste hoffen. Zudem gibt es seit kurzer Zeit sowohl einen neuen deutschen Botschafter in Riyadh und endlich wieder einen neuen KSA-Botschafter in Berlin.
Saudi German Industrial Cooperation Workshop
Vielleicht hing es damit zusammen, dass der Workshop erst relativ kurzfristig organisiert wurde: nicht alle eingeladenen saudischen Unternehmer konnten teilnehmen. Auf jeden Fall hatte der Organisator, das Saudi Center For International Strategic Partnerships (SCISP) in Kooperation mit dem German-Saudi Arabian Liaison Office for Economic Affairs (AHK Saudi-Arabien), vertreten durch den Delegierten der Deutschen Wirtschaft Oliver Oehms ein reichhaltiges und für Investoren sehr informatives Programm auf die Beine gestellt. Gastgeber Abdulrahman Al Hajri, VP of Europe Partnerships beim SCISP hieß die Teilnehmer willkommen. Holger Ziegeler, Deutscher Generalkonsul in Jeddah, Ibrahim Al-Subhi, Saudischer Generalkonsul in Frankfurt, sowie Khaled Al Juffali, Co-Chair des Saudi-German Business Council gehörten zu den Persönlichkeiten, die den Workshop eröffneten. Selbstverständlich war die saudische Investitionsbehörde SAGIA, die seit vielen Jahren ein Büro in Frankfurt/Main unterhält, bei den Vorträgen vertreten. Der Kontakt zu SAGIA ist allen Investitionswilligen nur zu empfehlen, denn hier sind die Gesetze und Bedingungen rund um das Thema „Investition“ zu bekommen. Sämtliche Beiträge standen im Zeichen der Vision 2030 und so gab es vom National Industrial Development and Logistics Program (NIDLP) einen Ausblick auf Saudi-Arabien als „Leading Industrial Powerhouse and Global Logistics Hub“. Im Beitrag des Saudi Industrial Development Fund (SIDF) ging es um „Financing Incentives within the Industrial Ecosystem“. Mit dem Thema industrieller Entwicklung und Infrastruktur befasste sich MODON, die Saudi Authority for Industrial Cities and Technology Zones, die inzwischen zahlreich in den meisten Provinzen des Königreichs aktiv ist. Während alle diese Beiträge sich darum drehten, potenziellen deutschen Investoren ein Engagement im Königreich schmackhaft zu machen, berichtete SEDA (Saudi Export Development Authority) von den diversen Entwicklungsmaßnahmen im Hinblick auf den Export von Saudischen Nicht-Öl Produkten in alle Welt. Neben Newcomern und Unternehmern mit langjähriger Erfahrung im Königreich, wie z.B. Detlev Daues von der niedersächsischen Firma V-Line war auch der deutsche Botschafter a.D. Dieter W. Haller, jetzt in Berlin tätig, nach Hannover gekommen.
5th Networking Event for Oil and Gas
Öl und Gas sind ein wichtiger Bereich auf der Hannover-Messe und so jährte sich zum 5. Mal das schon traditionelle Networking zu diesem Thema, an dem unter anderem auch Saudi-Arabien mit Saudi-Aramco mitwirkte. Schließlich steht auch die Digitalisierung - Hauptthema der Hannover-Messe 2019 - ganz oben auf der Agenda im Öl- und Gassektor und die Messe bot die perfekte Plattform, um hier die internationalen Gas- und Öllieferanten zusammenzubringen, um zukünftige Möglichkeiten digitaler Strategien im globalen Öl- und Gasmarkt zu erörtern. Das Global Cluster for Oil and Gas der beteiligten AHKs aus Ländern wie Saudi-Arabien, Algerien, u.v.m. hatte die Veranstaltung zum wiederholten Mal organisiert und wurde dabei von der DEA Gruppe unterstützt.
„Siemens von Saudi-Arabien“
Die Suche nach einer saudischen Aussteller-Firma ergibt einen Treffer: In Halle 12 die Firma Al Fanar (www.alfanar.com) aus Riyadh. Hossam Ahmad Al Fashtaki, Marketing Communication Manager, empfängt mich gastfreundlich, es gibt Kaffee und mit Walnüssen gefüllte Datteln aus Saudi-Arabien bester Qualität. „Wir sind bereits zum achten Mal in Folge auf der Hannover-Messe und haben unsere Messepräsenz stets als Erfolg verbucht, denn es gibt keine bessere Gelegenheit, unsere vielen internationalen Kunden außerhalb von Saudi-Arabien zu treffen“. Tatsächlich pflegt das vielfach prämierte und ISO-zertifizierte Unternehmen engste Kontakte zu Unternehmen in 23 Ländern von Irland über Deutschland (Fa. Kopp), Algerien, Ägypten und Oman bis nach Indien und Singapur, um nur einige zu nennen. „Vor einiger Zeit hatten wir eine Gruppe deutscher Journalisten zu Gast, sie bezeichneten uns als Siemens von Saudi-Arabien“. Allein der Katalog für die elektrischen Produkte umfasst die gesamte Palette aller elektrischen Konstruktionsprodukte von Schaltern bis zu riesigen Transformatoren bzw. automatischen Steuerungsanlagen für Öl- und Gasunternehmen für private, kommerzielle, industrielle Bauen und bewegliche Objekte, wie Züge. „Wir haben z. B. die sechs Stationen des neuen Al Haramain Zugs zwischen Mekka und Medina gebaut, ferner stammen sämtliche Schalter und Kabel der neuen Metro in Riyadh von Al Fanar“. Außerdem bieten wir den Al Fanar Ingenieur Service z. B. für Kraftwerke, Stahlkonzerne, Erneuerbare Energien, u.v.m. und haben einen großen Bereich „Technical Training“. Wir haben uns von Anfang an als visionäres Unternehmen begriffen. Von unseren 20.000 Angestellten in den 11 Fabriken der Al Fanar Industrial City (südlich von Riyadh) sind 2.000 Ingenieure. Das Gelände dieser Industriestadt ist 700.000 qm groß, drei Mrd. Saudische Rial wurden für den Bau investiert. Die Firma ist ein privates, rein saudisches Familienunternehmen und gehört drei Brüdern. Unsere Belegschaft ist multinational, wir haben viele Fachkräfte aus Syrien, Ägypten, Indien und Europa“. Auf die Frage, worauf die Firma besonders stolz ist, meint er: „Im Jahr 2004 haben wir eine spezielle Fabrik gebaut - nur für saudische Frauen. Der Start erfolgte mit 5, jetzt sind es 700. Die Frauen arbeiten 6 Stunden pro Tag in einem sehr angenehmen Ambiente. Wir bieten ihnen kostenlosen Transport von zu Hause in die Firma und zurück in Minibussen. Wir zahlen sehr gute Gehälter und alle haben Anspruch auf berufliche Weiterbildung, die nicht nur technische Fächer, sondern auch IT und sonstige bürorelevante Bereiche umfasst mit dem Ziel, dass sie sich auch in anderen Unternehmen erfolgreich bewerben können.“ - Nach dem Messeaufwand gefragt erklärt er: Unser Messestand ist mit 270 qm einer der größeren und für unsere verschiedenen Unternehmensbereiche sind wir mit 25 Mitarbeitern vor Ort. Zum Vergleich: Bei der jährlichen Dubai Middle East Electricity Messe sind wir der größte Aussteller mit einem 570 qm Stand und 60 Mitarbeitern Standpersonal. Beim letzten Mal haben wir 300 Gäste zu dieser Messe eingeladen, d. h. wir haben sämtliche Kosten wie Flug, Hotel, etc. übernommen“. Ist er zufrieden mit dieser Hannover-Messe? „Ja, unser Ziel war, weitere Kontakte zu knüpfen mit Ländern, in denen wir bisher nicht vertreten sind. Unsere Gäste am Nebentisch stammen aus Lateinamerika“. - Zum Schluss bekomme ich eine Einladung zur ausführlichen Firmenbesichtigung in Riyadh und auf die Frage, von welcher Seite ich den großen Stand fotografieren darf meint er: „Am besten von der Seite mit den großen Smart Grid Kästen im Vordergrund, die stehen hier im Mittelpunkt des Interesses - made in KSA.“
Text und Fotos: Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft
< Qatar: Nationalmuseum eröffnet