Pressestimmen zu Österreichs Entscheidung, eine Obergrenze für Asylbewerber einzuführen.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE findet diese Maßnahme
richtig: "Die 180-Grad-Wende von der Politik der offenen Arme und Grenzen hin zum Stoppsignal musste passieren, auch wenn sie weder angenehm noch nobel ist. Das nennt man Politik. Die Genfer Flüchtlingskonvention würde dann gebrochen, wenn Europa Menschen an der EU-Schengen-Grenze zurückschickte, die Asyl verdienen. Und soweit bekannt ist, wird dies bis auf Weiteres auch an den Grenzen Österreichs nicht passieren. Apropos Menschenrechte und Würde: Wie nennt man eine Politik, die Menschen suggeriert, sie könnten nach Europa kommen, sie dann aber ohne Arbeit, ohne vernünftige Unterbringung und wie in Deutschland ohne effizienten Schutz vor Rechtsextremen karitativen Organisationen überlässt? Inhuman",
Wien - DER STANDARD: "Was vor Wochen aus Faymanns Sicht noch denkunmöglich war, wird jetzt ganz konkret
beziffert: Österreich will 37.500 Asylwerber aufnehmen. Dann ist Schluss. Die anderen werden weggeschickt, abgewiesen, nicht bearbeitet, wie auch immer das gehen soll. Dabei weiß niemand, wie sich die Situation in Syrien entwickelt und ob nicht der Krieg gegen die Kurden, den die Türkei im eigenen Land führt, völlig außer Kontrolle gerät. Aber Österreich hat seine Zahl. So weit sind wir menschlich, solidarisch und gesetzestreu:
37.500, nicht mehr. Mag sein, dass Österreich damit einen europäischen Trend setzt. Alle, die sich fürchten, die nichts hergeben wollen, die sich und dem Land nichts zutrauen, die Menschen in Not nicht helfen wollen, die vielleicht keine Fremden mögen, sie können aufatmen."
"Was macht Österreich mit dem Antrag Nummer 37.501?", fragt der TAGES-ANZEIGER aus Zürich. "Offenbar hofft Kanzler Faymann, dass sich das Problem bald von selbst erledigt. Allein durch die Ankündigung der Kontingentierung soll Druck auf die Nachbarstaaten aufgebaut werden, damit diese ihrerseits die Grenzen schließen. Und es funktioniert. Europas Flüchtlingspolitik 2016: Dominoeffekt statt Verteilung der Last. Und irgendwann, wahrscheinlich sehr bald, bleibt das Problem wieder an Griechenland hängen",
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ergänzt: "Da Griechenland seine Seegrenze nicht kontrollieren kann, würde es faktisch zu einem großen Internierungslager. Eine solche Lösung würde aber das heute bereits vom Staatsversagen bedrohte Land an den Abgrund führen. Für Westeuropa bestünde der einzige Vorteil darin, dass sich die dramatischen Szenen fern der eigenen Grenzen abspielen. Die Sicherheit wäre nur scheinbar, gefährdet doch eine Peripherie im Chaos auch Europa. Realistisch gesehen sind die nächsten beiden Monate vorläufig das letzte Fenster, das sich für die Umsetzung der EU-Strategie in der Flüchtlingskrise bietet. Mit den zu erwartenden noch größeren Flüchtlingsströmen im Frühling wird die Politik noch stärker populistischen Versuchungen ausgesetzt sein, als sie es bereits ist.“
"Die EU steht jetzt vor der Frage, womit sie das defekte 'Dublin'-Verfahren ersetzen wird", erläutert THE GUARDIAN aus London. "Es kann nicht angehen, dass die Länder an den Außengrenzen allein gelassen werden mit hunderttausenden Flüchtlingen. Aber von den reichen Staaten darf auch nicht erwartet werden, dass sie ganz allein für die Integration dieser Flüchtlinge zuständig sind. Allerdings dürfen Länder mit einem eher fragilen Verständnis von Toleranz auch nicht an ihre Grenzen gebracht werden. Das fördert nur Nationalismus, Diskriminierung und die Stärkung genau jener Grenzen, welche die Europäische Union eigentlich abschaffen wollte. Das neue System muss also sowohl Flüchtlingen als auch den einzelnen EU-Staaten gerecht werden. Einfach wird das nicht.“
< Muslimisches Frauenbild Sie hassen uns