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14.01.2016

 

Muslimisches Frauenbild Sie hassen uns

 

Die giftige Mischung aus nordafrikanisch-arabischer Kultur und Religion, die sich in der Kölner Silvesternacht Bahn brach, wird in Deutschland noch immer beschönigt oder beschwiegen. Islamkritik ist überfällig. Ein Gastbeitrag von Samuel Schirmbeck erschien in der in der FAZ am 11.01.2016.

 

© cyrilschirmbeck.com Samuel Schirmbeck ist Autor und Filmemacher. Er berichtete bis 2001 als Korrespondent der ARD über Algerien.

Was in der Silvesternacht in Köln passierte, passiert jetzt, in diesem Moment und wie selbstverständlich, am helllichten Tag hunderttausendfach in Nordafrika und in der arabischen Welt: Frauen werden sexuell belästigt, gedemütigt und, so sie es wagen, sich den Übergriffen zu widersetzen, als „Schlampen“ oder „Huren“ beschimpft.

 

Die ägyptische Schriftstellerin und Feministin Mona Eltahawy hat dieses Phänomen und seine Ursachen am 2. Mai 2012 in der französischen Zeitung „Le Monde“ beschrieben: „Ja: sie (die Männer der arabischen Welt) hassen uns. Es muss endlich gesagt werden . . . Die Frauen der ganzen Welt haben Probleme; stimmt, die Vereinigten Staaten haben noch keine Frau zur Präsidentin gewählt; und richtig, in vielen ,westlichen‘ Ländern (ich lebe in einem von ihnen) werden Frauen weiterhin wie Objekte behandelt. Das ist im Allgemeinen der Punkt, an dem das Gespräch beendet wird, wenn Sie versuchen, über die Gründe zu diskutieren, aus denen die arabischen Gesellschaften die Frauen hassen . . . Nennen Sie mir den Namen arabischer Länder, und ich werde Ihnen eine Litanei an Beispielen für den schlimmen Umgang – er ist tausendmal schlimmer, als Sie denken – mit Frauen rezitieren, der von einer giftigen Mischung aus Kultur und Religion angefacht wird, mit der sich anscheinend nur wenige auseinandersetzen wollen, aus Angst, der Blasphemie beschuldigt zu werden oder zu schockieren.“

 

Der Gewaltausbruch von Köln war jedoch derart heftig, dass sich die „giftige Mischung aus Kultur und Religion“, die Mona Eltahawy in ihrem Buch „Foulards et Hymens. Pourquoi le Moyen Orient doit faire sa révolution sexuelle“ („Schleier und Jungfernhäutchen. Warum es im Nahen Osten eine sexuelle Revolution geben muss“) detailliert darlegt, nicht länger leugnen oder verdrängen lässt, auch wenn das von linker und muslimischer Seite auch jetzt wieder versucht wird. So sprach die „taz“ angesichts der Empörung über die Übergriffe von der „Reproduktion des rassistischen Bildes der unschuldigen weißen Frau, die vor dem aggressiven muslimischen Mann geschützt werden muss“.

 

Es war allerdings eine nicht „weiß“, sondern asiatisch aussehende junge Frau, die ausführlich schilderte, wie sie von Dutzenden Händen überall begrabscht wurde: „Ich fand, sie (die Männer) hatten nicht den Eindruck, dass sie was Falsches tun.“ Bei Mona Eltahawy könnte die „taz“ erfahren, warum die jungen Muslime kein Unrechtsbewusstsein zu haben schienen.

 

 

Frauen können sich nicht entziehen

Doch ist zu befürchten, dass auch sie, obwohl Muslimin und Ägypterin, dann als „rassistisch“ eingestuft würde. Schon warnte der Beauftragte der türkischen Religionsbehörde (Ditib) für interreligiösen Dialog in Deutschland, Bekir Alboga, vor einer „Kulturalisierung von Verbrechen“, und die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor befand: „Beim Oktoberfest in München und beim Kölner Karneval kommt es gehäuft vor, dass stark alkoholisierte Männer Frauen sexuell bedrängen und belästigen. Das wird dann gern als Kollateralschaden dieser Veranstaltungen abgetan. Es gibt keinen Unterschied zwischen der einen sexuellen Gewalt und der anderen.“

 

Wirklich nicht? Der Unterschied liegt darin, dass die sexuelle Gewalt in Nordafrika und im Nahen Osten zum Alltag gehört und dass in dieser Hinsicht dort permanent „Oktoberfest“ und „Karneval“ ist, denen sich keine Frau entziehen kann, indem sie diese Veranstaltungen meidet. Die Gewalt beginnt vor der Haustür auf der Straße. Nawel, eine algerische Mitarbeiterin, berichtete mir von regelmäßigen Übergriffen im Bus. Obwohl sie eigentlich die Verschleierung ablehnte, verhüllte sie sich für die Fahrt mit einem Hijab (Kopftuch). Das hielt Männer im Gedränge nicht davon ab, sich durch Reibung an Nawels Körper Befriedigung zu verschaffen.

 

Rachida, eine marokkanische Mitarbeiterin, musste ich eines Tages von meinem Grundstückswächter per Fahrrad abholen und heimbringen lassen. Sie hatte beschlossen, die Djellaba (langes Gewand) abzulegen, und war daraufhin von jungen Männern mit Messern verfolgt worden. Nun wurde sie, mit wippendem Haar und in Jeans auf der Fahrradstange sitzend, an ihren Peinigern vorbeigefahren.

 

 

Todesdrohungen der Fundamentalisten

Sexuelle Übergriffe sind in islamischen Ländern die Regel und nicht Ausnahmen. Eine Muslimin kann in Deutschland den Bus nehmen, ohne befürchten zu müssen, begrabscht zu werden, eine Europäerin in Nordafrika kann das nicht. Davon konnte ich mich während meines zehnjährigen Aufenthaltes in Algerien und Marokko überzeugen. Eine Muslimin kann in Deutschland auf den Markt gehen, ohne plötzlich Männerhände am Hintern zu spüren, eine Europäerin kann das in Nordafrika nicht. Westliche Frauen gelten bei vielen jungen Nordafrikanern als halbe Huren, weil „sie es ja schon vor der Ehe mit vielen Männern tun“. Selbst wenn sie mit ihrem siebenjährigen Sohn an der Hand – als Mutter sozusagen eine „heilige Kuh“ – weitab von allen Menschenmengen einen Spaziergang über eine Wiese machen sollte, dauert es nicht lange, bis junge Männer auftauchen, sich an sie drängen, nicht von ihr ablassen und ihr vulgäre Worte ins Ohr raunen. Die islamische Grundeinteilung der Welt in „Gläubige“ und „Ungläubige“ ermutigt den Übergriff auf „westliche“, gleich „ungläubige“ Frauen. Da hilft nur schnellste Umkehr und Verzicht auf jeden weiteren Spaziergang.

 

In den zehn Jahren Nordafrika habe ich zugleich viele Musliminnen und Muslime kennengelernt, die diese Sicht auf die „westliche“ Frau abscheulich fanden. Sie hielten großen Abstand zu den Predigern, die die Welt auf letztlich menschenfeindliche Art in „Gläubige“ und „Ungläubige“ einteilten, setzten sich für eine humane, weltoffene Auslegung des Korans ein, schrieben mutig und ungeschützt gegen religiösen Obskurantismus und legten sich mit den mächtigsten Männern ihrer diktatorischen Staaten an, Frauen und Männer, Intellektuelle, Künstler, aber auch unzählige sogenannte „einfache Leute“. Nicht zuletzt ihretwegen blieb ich trotz Todesdrohungen seitens der Fundamentalisten in Algier. Das Problem ist aber, dass die meisten maßgeblichen Islam-Instanzen in den muslimischen wie den nicht-muslimischen Ländern den theologischen Diskurs darüber verweigern, wie man die fatale „Gläubig/Ungläubig“-Dichotomie überwinden und das Verhalten undogmatischer Muslime in den Islam integrieren könnte. Auch die Wortführer der muslimischen Verbände sollten über diese „Ausgrenzung“ von Muslimen endlich offen diskutieren.

 

Meine Freunde und Gesprächspartner in Nordafrika riskierten so viel mehr, als es meine politischen Weggefährten aus der 68er-Zeit jemals riskiert hatten: Ermordung, Folter, Gefängnis. Man erinnere sich an den Oktoberaufstand von 1988, die erste und hierzulande kaum zur Kenntnis genommene Arabellion, bei der Büros und Ministerien der algerischen Einheitspartei gestürmt und Polizeikommissariate attackiert wurden – ohne einen einzigen religiösen Slogan. Diese Leute haben meinen Blick auf Musliminnen und Muslime geprägt.

 

 

Muslimische Dissidenz wird als „islamophob“ verhöhnt

Um so schockierender fand ich nach meiner Rückkehr aus Nordafrika den Blick meiner alten Weggefährten sowie des linksliberalen Mainstreams einschließlich der SPD und der Grünen auf die muslimische Welt: Sie schienen keine Ahnung zu haben von dem, was dort vor sich ging, wie sehr Frauen dort unter religiösen Diktaten litten, nachdenkliche Menschen von Staat und Staatsislam gleichzeitig fertiggemacht wurden. Sie schienen völlig zu ignorieren, wie sehr Islam und Diktatur letztlich Hand in Hand arbeiteten, wenn es darum ging, ihre gemeinsamen Hauptfeinde zur Strecke zu bringen: die Demokratie, die Menschenrechte, die Religionsfreiheit, die Gleichberechtigung.

 

Die muslimische Dissidenz à la Necla Kelek, Seyran Ates, Taslima Nasreen, Hirsi Ali et cetera wurde von Linken und Linksliberalen in Deutschland kaum ernst genommen, wenn nicht sogar verhöhnt oder als „islamophob“ diffamiert. Meinungsfreiheit und Demokratie, so war zu lesen, seien nicht unbedingt Lebensformen, nach denen sich die arabische Welt sehne. Das gesamte linke und linksliberale Spektrum baute jedoch eifrig an einem Multikulti-Schutzprotektorat für das Kopftuch samt dahinter steckendem Frauenbild, den Hass auf den „Westen“, die Verschonung des Islams vor jeder Kritik. In diesem intellekt- und kritikfeindlichen Dunst konnten die Parallelgesellschaften aufblühen. Dieses Nicht-wissen-Wollen war unfassbar.

 

Heute taucht diese Haltung im Zeichen der „Willkommenskultur“ und der „Der-Islam-gehört-zu-Deutschland“-Rhetorik wieder auf. Man erinnere sich nur an das Frohlocken der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt auf allen Fernsehkanälen über den höchstrichterlich ermöglichten Einzug des Lehrerinnen-Kopftuches in deutsche Klassenzimmer. Warum aber schreien Millionen fundamentalistisch gesinnter Männer von Pakistan über Afghanistan, Iran, Saudi-Arabien, Nigeria, Mali, Algerien und Marokko nach dem Kopftuch, warum ist das Kopftuch dort am häufigsten zu sehen, wo es am fundamentalistischsten zugeht?

 

 

Hier finden Sie den vollständigen Artikel erschien in der FAZ als Gastbeitrag am 11.01.2016.

 

   

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