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09.12.2013

 

Weihnachten ist da: Gedanken zu Chanukka und Christi Geburt. Über die Genesis dieser Feste im Einflussbereich orientalischer Mysterienkulte

 

Herwig Schafberg (67) ist Historiker mit dem Schwerpunkt Geschichte des Orients und lebt und arbeitet in Berlin.

 

„Der milde Geist des Altertums war so geartet, dass die Nationen minder aufmerksam auf die Verschiedenheit als auf die Ähnlichkeit ihres Kultus waren“, heißt es in einer deutschen Übersetzung von Edward Gibbons Buch über den „Verfall und Untergang des Römischen Imperiums“. Weiter heißt es dort: „Wenn sich Griechen, Römer und Barbaren vor ihren gegenseitigen Altären trafen, überredeten sie sich leicht, dass sie dieselben Gottheiten anbeteten, wenngleich unter verschiedenen Namen.“ So wie sich etwa Alexander der Große und seine ptolemäischen Nachkommen (Diadochen) in Ägypten mit den Einheimischen darauf verständigt hatten, dass der griechische Zeus mit dem ägyptischen Ammon identisch wäre, fanden Occident und Orient niemals besser zusammen als unter dem Einfluss des Hellenismus, der sich nach den Eroberungen Alexanders des Großen von Griechenland (Hellas) aus im Orient bis an den Nil sowie den Indus verbreitet hatte und auch noch in römischer Zeit weiter wirkte.

Doch soweit die Juden sich nicht vom Hellenismus beeinflussen ließen, mochten sie ihren Gott, der dem 1. Gebot auf der mosaischen Gesetzestafel entsprechend keine Götter neben sich haben wollte, nicht von der Götterreihe im antiken Pantheon verdrängen lassen und hielten zum Verdruss der seleukidischen Diadochen, zu deren Reich Judäa gehörte, am „Gesetz Gottes“ fest, was der Seleukidenkönig Antiochus IV. Epiphanes nicht länger dulden wollte. Er versuchte, hellenistische Kulte in Judäa mit Gewalt durchzusetzen, indem er den Tempel in Jerusalem Zeus weihen und den Juden die Pflege ihrer religiösen Bräuche verbieten ließ. Daraufhin kam es in Judäa zu einem Aufstand, in dessen Verlauf die jüdischen Rebellen unter Führung des Judas Makkabäus die Seleukiden aus dem Land jagten (164 v.Chr.).

Nach dem erfolgreichen Ende dieses Makkabäeraufstandes wurde der Tempel erneut dem Gott Israels geweiht und als Höhepunkt der Einweihungsfeier das "ewige Licht" entzündet. Es gab allerdings nur eine Krugfüllung mit rituell geweihtem Öl, das normalerweise nach einem Tag aufgebraucht sein müsste. Wie durch ein Wunder reichte es jedoch der Legende nach aus, um das Licht so lange brennen zu lassen, bis nach acht Tagen neues Olivenöl herbeigeschafft war. Zum Gedenken der Neueinweihung des antiken Tempels sowie des „Ölwunders“ feiern Juden Jahr für Jahr – heuer vom 27. November bis 4. Dezember –  acht Tage lang Chanukka, ihr Lichterfest, zünden an jedem Tag eine weitere Kerze auf dem Chanukkaleuchter an und beschenken ihre Kinder.

Während Juden mit dem Entzünden des Chanukkaleuchters zeigen, dass sie an ihren alten Bräuchen festhalten, und die Gläubigen unter ihnen weiter den von ihren Propheten vor langer Zeit angekündigten Messias erwarten, entzünden Christen an jedem Adventssonntag eine weitere Kerze zum Gedenken der bevorstehenden Ankunft (Adventum) Jesu Christi, der vor rund zweitausend Jahren geboren wurde und nach christlicher Auffassung als Messias (griechisch: Christos) erschien, um nicht bloß die Juden, sondern die Menschheit insgesamt zu erlösen.

Unter dem Eindruck der hundertjährigen revolutionären sowie kriegerischen Erschütterungen (133-30 v.Chr.), die das Römische Reich weithin verwüstet und seine Bewohner in Schrecken versetzt hatten, sehnten sich nicht bloß Juden, sondern auch viele Menschen des griechisch-römischen Kulturkreises nach einem „Erretter“ – einem gottbegnadeten Friedensfürsten. Die Sibyllinischen Orakel verkündigten den Anbruch eines goldenen Zeitalters mit der Geburt eines göttlichen Kindes, das zur Weltherrschaft vorgesehen war und eine Zeit des Friedens herbeiführen würde – und nach der Weissagung eines Orakels der Cumäischen Sibylle erwartete Virgil die Geburt dieses Kindes im Jahr 40 vor unserer Zeitrechnung.

Es dauerte dann nur noch ein Jahrzehnt, bis der neue Herrscher des Römischen Weltreiches, Caesar Augustus, den vielen Kriegen mit dem Sieg über seinen römischen Rivalen Markus Antonius und Kleopatra, die ptolemäische Königin von Ägypten, ein Ende setzte und als der ersehnte „Erretter“ begrüßt wurde. Griechische Städte in Anatolien beschlossen, den Tag der Geburt dieses ersten römischen Kaisers am 23. September 62 v.Chr. als Ausgangspunkt einer neuen Zeitrechnung zu betrachten, und feierten die Gesetze, mit denen er das Imperium neu ordnete, als „frohe Botschaften“ (Evangelien) – so wie später auch die Berichte über das Leben Jesu Christi genannt wurden.

Es gab nun also mit Augustus einen Alleinherrscher, der das Römische Weltreich befriedet hatte und zur allgemeinen Steuerschätzung im ganzen Reich eine Volkszählung durchführen ließ, zu der nach christlicher Überlieferung Joseph mit Maria von Nazareth nach Bethlehem kam, wo Maria Jesus zur Welt brachte. Dieser wurde in der Zeit seines späteren Wirkens als jüdischer Wanderprediger von seinen Jüngern für den Messias (Christus) gehalten und lange nach seinem Tod – auf Betreiben des Apostels Paulus, der aus dem jüdischen Glauben Christi den christlichen Glauben formte – rückwirkend zum Mensch gewordenen Gott verklärt. Und mit der Auferstehung schien Jesus Christus es in der Außenwirkung mit dem griechischen Dionysos, dem persischen Mithras und dem ägyptischen Osiris gleichgetan zu haben.

„Wenn man dem Klischee glauben dürfte,“ schreibt Joseph Ratzinger – zeitweilig Papst Benedikt XVI. – in seiner „Einführung in das Christentum“, „wären die Dinge etwa so verlaufen: den historischen Jesus müsste man sich als eine Art von prophetischem Lehrer vorstellen, der in der eschatologisch erhitzten Atmosphäre des Spätjudentums seiner Zeit auftrat und darin, entsprechend jener eschatologisch angereicherten Situation, die Nähe des Gottes-reiches verkündete.“ Wie Ratzinger fortfährt, sei dem genannten Klischee entsprechend „die Botschaft aus der semitischen Welt in die hellenistische übergegangen. Das habe bedeutende Folgen gehabt. In der jüdischen Welt hatte man Jesus mit jüdischen Kategorien ausgelegt (Menschensohn, Messias). Im hellenistischen Bereich waren diese Kategorien unverständlich; man habe folglich dort zu hellenistischen Vorstellungsmodellen gegriffen. An die Stelle der semitischen Schemata vom Menschensohn und vom Messias sei die hellenistische Kategorie des ´göttlichen Menschen` oder ´Gottmenschen` getreten, mit der man sich nun die Gestalt Jesu begreiflich gemacht habe.“

Wo der Theologe Joseph Ratzinger eine klischeehafte Vorstellung sieht, nimmt der Philologe Wilhelm Nestle historische Erfahrungen wahr. Nie ist einer der hellenistischen Gottheiten „trotz ihres Erdenwandels eine menschliche Natur zugeschrieben worden“, schreibt er in seinem Buch über „die Krisis des Christentums“ und fährt unbefangen fort: „Um so mehr haben diese hellenistischen Mysterienreligionen auf die Legendenbildung und den Kultus der christlichen Kirche eingewirkt. Dies gilt besonders von der persischen Mithrasreligion, die dem Christentum bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts die stärkste Konkurrenz machte. Es ist schwerlich Zufall, daß sowohl in der Kultlegende der Mithrasreligion als auch in der Geburts-geschichte Jesu Hirten die ersten sind, die von der Geburt des göttlichen Kindes vernehmen.“

Am Tag der Wintersonnenwende, die am 25. Dezember angenommen wurde, feierte man den Geburtstag des Mithras, weil dieser nach den Vorstellungen seiner Anhänger die Sonne ver-körperte, und schmückte dazu einen Baum. Um den populären Mithraskult zu verdrängen, verlegte die Kirche im 3. Jahrhundert das bis dahin am 6. Januar gefeierte Weihnachtsfest der Geburt Christi auf genau diesen Dezembertag, an dem es auch für viele Christen Brauch war und ist, einen Baum zu schmücken.

Der 6. Januar hingegen wurde fortan als der Tag gefeiert, an dem nach christlicher Über-lieferung die „Weisen aus dem Morgenland“ in Bethlehem ankamen, um den neugeborenen „Erlöser“, den „König der Juden“, willkommen zu heißen. Weit verbreiteten Erwartungen entsprechend sollte ein Stern auf die Ankunft des „Erlösers“ hinweisen – ein Stern, dem die „Weisen aus dem Morgenland“ gefolgt waren, wie es im Matthäus-Evangelium (2.2) heißt: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“ Matthäus bezeichnet die „Weisen aus dem Morgenland“ als „Magier“. Das lässt vermuten, dass es Mithraspriester waren, die mit ihrer Tracht auch als solche auf der ältesten erhaltenen Bilddarstellung zu erkennen sind.

Mithras ist nach dem Glauben seiner Anhänger „Mittler“ zwischen Gott und den Menschen. Er stellt zusammen mit Kautes und Kautapates dreigestaltig oder dreieinig (!) die aufgehende, himmelhoch leuchtende sowie untergehende Sonne dar und kehrt nach der Beendigung seiner irdischen Laufbahn, von Helios in dessen Wagen hinauf gefahren, ins himmlische Jenseits zurück. Im Jenseits geleitet er die Seelen der Gläubigen durch die sieben Planetentore in den Himmel, zu dem der persische Gott Zervan Akarana den Schlüssel hat. „Es erhebt sich daher der Verdacht, ob nicht in der längst als späterer kirchlicher Einschub erkannten Stelle des Matthaeusevangeliums, an der Jesus dem Petrus die ´Schlüssel des Himmelreichs` verheißt, eher diese Vorstellung der Mithrasreligion als ´Schlüssel Davids` zugrunde liegt und ob nicht der Felsenmann Petrus hier an die Stelle des Felsengottes Mithras getreten ist, über dessen Heiligtum in Rom die Peterskirche erbaut ist“, schreibt Nestle weiter.

„In den Isismysterien tritt der Charakter der hellenistischen Mysterienreligionen als Erlösungsreligionen fast noch deutlicher hervor als in den Mithrasmysterien“, fährt Nestle fort. Isis ist eine ägyptische Göttin – die Mutter des Horus und Schwester sowie Gattin des Osiris, dem sie nach dessen gewaltsamen Tod das Leben zurückgegeben hatte. Im Zeitalter des Hellenismus wurde sie als Prinzip der Natur erklärt wie auch als Königin des Himmels und des Totenreichs verklärt. Allein ihrer Gnade oblag die Auswahl der Menschen, die durch die Sakramente der Mysterien in die Gemeinschaft der Gottheit aufgenommen wurden.

Wahrten die Anhänger des Mithras – unter den Einwohnern des Römischen Reiches in erster Linie Legionäre – eine aufrechte Haltung beim Gebet, gehörte die demütige Beugung des sündigen und erlösungsbedürftigen Menschen unter die Gnade der Gottheit zu den obersten Tugenden des Isiskultus ebenso wie später der christlichen Religion. Die Huldigungen der Menschen an einen Gott sind „von der Art, wie sie Untertanen einem König darbringen“, lästert der seinerzeit wegen seines Atheismus von der britischen Gesellschaft geächtete Percy Bysshe Shelley in seinen „Anmerkungen zu ´Queen Mab`“. Die Gläubigen – nach Beginn der Missionierung außerhalb Judäas vorwiegend Frauen und Sklaven – „erkennen dankbar seine Güte an, suchen durch Bitten seinen Zorn abzuwenden und erflehen demütig seine Gunst.“

„Es wäre merkwürdig, wenn eine geistig so nahe verwandte Religion nicht auch einen Beitrag zum Aufbau der christlichen Kirche geliefert hätte,“ meint Nestle. Seiner Ansicht nach lebt Isis, die ägyptische „Himmelskönigin“, „himmlische Jungfrau“ und Mutter des göttlichen Horus, fort in der Madonna, der heiligen Jungfrau Maria und Mutter des Gottessohnes Jesus. In der Kunst wurde das Bild der Mutter Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm dem der Isis mit dem Horusknaben nachgebildet „und der blaue sternbesäte Mantel der Maria ist der Ornat der ägyptischen Himmelskönigin.“

In den Überlieferungen und Ritualen, zu denen auch die Sakramente der Taufe sowie des Abendmahls gehörten, gab es so viele auffällige Ähnlichkeiten zwischen den hellenistischen  Mysterienreligionen und dem Christentum, dass viele Christen sie sich nicht anders denn als satanische Nachahmung ihrer Bräuche durch die „Heiden“ erklären konnten. Tatsächlich waren es wohl eher die Kirchen, die manche ihrer Rituale von den „Heiden“ übernommen  und deren Götterglauben neu gedeutet hatten.  

„Über das Reich Satans herrschten verschiedene Ansichten in den verschiedenen Ländern, und im germanischen Norden hatte man eine ganz andere Vorstellung davon wie im romanischen Süden. Dieses entstand dadurch, daß die christliche Priesterschaft die vorgefundenen Nationalgötter nicht als leere Hirngespinste verwarf, sondern ihnen eine wirkliche Existenz einräumte, aber dabei behauptete, alle diese Götter seien lauter Teufel und Teufelinnen gewesen, die durch den Sieg Christi ihre Macht über die Menschen verloren und sie jetzt durch Lust und List zur Sünde verlocken wollen. Der ganze Olymp wurde nun eine lustige Hölle, und wenn ein Dichter des Mittelalters die griechischen Göttergeschichten noch so schön besang, so sah der fromme Christ darin doch nur Spuk und Teufel,“ spottet Heinrich Heine in seiner „Geschichte der Religion und Philosophie“.

Und worauf lief die Entwicklung vom Glauben Christi zum christlichen Glauben hinaus? Durch die Vermischung religiöser Ideen aus dem Judentum und anderer Kulte zu einem neuen System „erweist sich denn die christliche Kirche als ein Produkt des religiösen Synkretismus der Spätantike, als ein Gebilde, in dem das genuin Christliche, besonders die in dem Evangelium Jesu enthaltene Ethik, verschüttet durch Dogmen und Kultgebräuche“, gibt Nestle zu bedenken, „beinahe verschwand.“

 

   

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