Von einer "historischen Gelegenheit" spricht ein Teilnehmer: Überraschend haben sich die verfeindeten Regierungen Libyens auf ein Friedensabkommen geeinigt. NATO-Generalsekretär Stoltenberg sicherte Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten zu.
Die libyschen Konfliktparteien haben sich überraschend auf einen Friedensplan geeinigt. Der wichtigste Punkt dabei: Das Bürgerkriegsland soll künftig von einer Regierung der nationalen Einheit gelenkt werden. Denn bislang gibt es in Libyen zwei rivalisierende Regierungen und Parlamente: Die international anerkannte Regierung hat ihren Sitz in Tobruk, die islamistische Gegenregierung in Tripolis.
Vertreter der beiden rivalisierenden Parlamente in Tobruk und Tripolis berieten nun mehrere Tage lang in Gammarth, einem Vorort der tunesischen Hauptstadt Tunis, über den Friedensplan. Awad Mohammed Abdul Sadik forderte seine Landsleute nach dem Abschluss der Gespräche auf, die "historische Gelegenheit" zu unterstützen. Wenn das Volk und die libyschen Institutionen dem Abkommen zustimmten, könne "in weniger als zwei Wochen oder einem Monat" eine Lösung gefunden werden, um die politische Krise zu beenden.
Beide Seiten vereinbarten in einer "Grundsatzerklärung", die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, eine "transparente Zusammenarbeit". Das Ziel ist demnach ein politisches Abkommen, das insbesondere die Bildung einer Einheitsregierung vorsieht. Zehn Vertreter beider Parlamente sollen dazu ein Komitee bilden, um einen neuen Ministerpräsidenten und zwei Stellvertreter auszuwählen. Amna Emtair vom Nationalkongress in Tripolis sprach von einem "wichtigen Durchbruch". Vertreter des international anerkannten Parlaments in Tobruk meldeten sich zunächst nicht zu Wort.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte der künftigen libyschen Einheitsregierung die Unterstützung des Militärbündnisses zu. Wenn in Libyen eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werde, "dann würden wir helfen, Kapazitäten aufzubauen", sagte Stoltenberg mehreren europäischen Zeitungen in einem Interview, darunter "Die Welt". Es gehe aber nicht um einen großen Militäreinsatz. "Das würde ich nicht empfehlen", sagte Stoltenberg.
Unter Vermittlung der Vereinten Nationen waren nach monatelangen Verhandlungen bereits im Oktober Personalien für eine solche Regierung bestimmt worden, die allerdings kurz darauf in Libyen auf Widerspruch stießen: Nur eine der zwei Regierungen unterzeichnete den Entwurf. Die Friedensverhandlungen gerieten ins Stocken.
Am kommenden Sonntag ist in Rom eine internationale Libyen-Konferenz geplant. Dazu werden unter anderem US-Außenminister Kerry und der russische Außenminister Lawrow erwartet. Vier Jahre nach dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi kämpfen in Libyen schwer bewaffnete Milizen um die Macht. Es gibt in dem ölreichen Land zwei Regierungen und zwei Parlamente. Terrorgruppen wie die Miliz "Islamischer Staat" (IS) nutzen das Machtvakuum aus und werden immer stärker.
Der Artikel vom 06.12.2015 stammt von tagesschau.de.
< Irak-Syrien und kein (erkennbares) Ende