Qatar: Neues Heritage Quarter in Doha
An Baustellen mangelt es in Doha nicht und eine besonders große befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des alten Forts: Ein riesiges, umzäuntes Loch ist jetzt dort, wo früher das alte Handelszentrum war. Gleich nebenan ist schon etwas fertig von dem hier neu entstehenden Msheireb Downtown Doha (MDD) Viertel: Vier unmittelbar benachbarte neue Museen im traditionellen, schneeweißen Baustil Qatars wurden am 20. Oktober 2015 eröffnet. Sie sind das Vorzeigeobjekt von Msheireb Properties, einer Tochter von Qatar Foundation und daher nahm auch Sheikha Moza bin Nasser, Vorstand der Qatar Foundation an der Eröffnung teil. Das Projekt gehört zu den vielen Projekten der „Qatar Vision 2030“. Mit den vier neuen Museen ist der erste Schritt zur Wiederbelebung dieses Stadtviertels getan, dazu hat man die den Einheimischen unter Bin Jelmood House, Company House, Mohamed Bin Jassim House und Radwani House bekannten traditionellen Häuser sorgfältig renoviert und in vier Museen verwandelt, die kulturell von großer Bedeutung und in ihrer Konzeption einmalig sind. „Msheireb Downtoun Doha schlägt ein neues Kapitel in seiner Geschichte auf und will vor allem junge Leute mit der Weisheit und der Schönheit der Vergangenheit konfrontieren. Mit diesen Museen erhalten wir die einzigartige Identität Qatars hinsichtlich der Architektur im Herzen der Hauptstadt. Die Museen werden Heimat für nationale, regionale und internationale Ausstellungen werden und mit zahlreichen Bildungsprogrammen Lernorte für die kommenden Generationen sein“, so Sheikha Moza.
Der Besuch der mit neuester Technik ausgestatteten Museen ist nach Voranmeldung möglich und die Führung erfolgt durch kundige junge qatarische Frauen mit Hochschulabschluss, die selbstverständlich perfektes Englisch sprechen. Im Mohamed bin Jassin House beginnt der Rundgang unter dem Motto: „Thikrayat al makan“ (=Erinnerung an diesen Ort). Das Haus war das erste und größte Gebäude Dohas. In den Vitrinen sind u.a. alte Plakate, Schilder und historische Gegenstände ausgestellt und interaktiv kann man herausfinden, wozu sie dienten. Die benachbarte Moschee ist auch für Nicht-Muslime zugängig, das neue Gebäude besticht durch seine weiße Schlichtheit. Das sich etwas verjüngende, schlanke Minarett ist im Stil der Golfstaatenarchitektur gebaut, solche Minarette sind nur noch in verlassenen Dörfern an der Westküste zu finden. - Das Radwani House wurde 1920 gebaut. 1936 erwarb es Ali Akbar Radwani, der es über 70 Jahre mit seiner Familie bewohnte. Die Zimmer haben die typischen Nischen und sind mit Originalmobiliar ausgestattet, Gegenstände des alltäglichen Lebens machen sie lebendig. - Im Company House geht es um „Pioniere“. Hier wird die Geschichte der Arbeiter geschildert an persönlichen Schicksalen. Da ist Thamir Muftah, der vom Perlentaucher zum Ölarbeiter in Dukhan wurde und in einem Video mit dem roten Transportwagen die vier Stunden von Doha nach Dukhan zurücklegt – in brütender Hitze auf der Ladefläche zusammen mit seinen Kollegen. Ein solches Transportfahrzeug ist im Original im Innenhof zu bestaunen. In einem großartigen Film wird die Geschichte der Entdeckung des Erdöls erzählt. – Qatar war Heimat eines berühmt berüchtigten Sklavenhändlers. Er bewohnte das nach ihm benannte Bin Jelmood House und darin wird in vielen Bildern und Dokumenten die weltweite “Sklavenwirtschaft“ aufgearbeitet – bis hin zur heutigen Sklaverei, vor allem im Bereich der Prostitution. Auf die Bemerkung, dass auch Qatar selbst sich in jüngster Zeit an moderner Sklaverei im Hinblick auf die Praktiken der Behandlung der vielen Gastarbeiter aus Asien beteiligt hat, heißt es: „Heute leben die Gastarbeiter nicht mehr in Containern, sondern in festen, klimatisierten Häusern. Sie erhalten pünktlich ihren Lohn und bleiben im Besitz ihrer Reisepässe“.
Text und Fotos: Barbara Schumacher
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