Die Direktion von Qatar Museums in Doha ernannte Anfang Oktober 2016 Deutschland zum Partner des Kulturjahrs 2017. Nach Japan, England, Brasilien, Türkei und China ist Deutschland das sechste Land, das sich auf diese Weise in Qatar präsentieren wird. Geplant sind über ein Dutzend Veranstaltungen in Qatars Hauptstadt Doha, wobei u. a. sowohl die Deutsche Botschaft als auch das Goethe Institut involviert sind. Mohammed Al Othman, der Direktor für internationale Beziehungen von Qatar Museums kündigte bereits ein Freundschafts-Fußballspiel sowie Kunst- und Fotoausstellungen an. Zu Qatar Museums gehören mehrere Museen und Kunstgalerien, darunter das Museum of Islamic Art, Mathaf und das im Bau befindliche Nationalmuseum. Qatar Museums (QM) wird u. a. von zwei Kunst- und Kulturexperten geführt: Sheikha Al Mayassa Al Thani, im Vorstand von QM und Sheikh Hassan Al Thani, QM Vizepräsident und Gründer von Mathaf – Arab Museum of Modern Art. In der Entwicklung des modernen Qatar spielt QM neben der Qatar Foundation eine wichtige Rolle, wenn es um Kunst, Kultur und Bildung geht. Dabei steht die Förderung der zeitgenössischen Kunst an bedeutender Stelle, die immer im Zusammenhang mit der Vergangenheit und Zukunft der qatarischen Kultur gesehen wird und stets den internationalen Dialog sucht.
Darüber hinaus gibt es weitere Pläne von Qatar Museums, nämlich eine Retrospektive des international bekannten irakischen Künstlers Dia al-Azzawi, in der über 550 seiner Gemälde zu sehen sind. Die Ausstellung steht unter dem Titel „I am the cry, who will give voice to me?” (Titel eines Gedichts von Fadhil al-Azzawi) und ist vom 16. Oktober 2016 bis 16. April 2017 terminiert. Zwei attraktive Ausstellungsorte stehen dafür zur Verfügung: Die geräumige Galerie Al Riwaq, gegenüber dem Museum of Islamic Art (MIA) im gleichnamigen Park und Mathaf, in dem sich in der ständigen Ausstellung Gemälde aus der über 3.000 Bilder umfassenden Gemäldesammlung von Sheikh Hassan befinden. Diese Gemäldesammlung ist einzigartig, enthält sie doch Werke aller bedeutenden Künstler der arabischen Welt, die ältesten Gemälde sind über 150 Jahre alt. Auch Gemälde von Dia al-Azzawi befinden sich in dieser Sammlung. Besucher werden sich über den Shuttle-Service zwischen dem zentral gelegenen MIA und dem in der Education City außerhalb gelegenen Mathaf freuen.
Das Besondere an der aktuellen Ausstellung der Werke von Dia al-Azzawi ist, dass sie einen Überblick über sein gesamtes künstlerisches Schaffen vermittelt, das sich über 50 Jahre erstreckt – von seiner Zeit als Student in Irak bis heute. Kuratorin dieser Ausstellung ist Catherine David vom Centre Pompidou Paris. Diese Ausstellung gilt als eine der größten Soloausstellungen eines arabischen Künstlers, die es jemals gab. Dia Al-Azzawi wurde 1939 in Baghdad geboren, graduierte am Institute of Fine Arts in Baghdad, er arbeitete in Iraq bis 1976 und zog dann nach London, wo er bis heute lebt. Ausstellungen hatte er in den führenden Museen der Welt, darunter British Museum, Tate Modern und Victoria and Albert Museum, Barjeel Art Foundation in Sharjah, Kinda Foundation in Saudi-Arabien sowie in den Kunstmuseen in Baghdad, Damascus und Tunis. Auf der Arabischen Halbinsel hat er sich einen Namen erworben durch die Präsenz auf den größten, jährlichen Kunstmessen Art Dubai und Abu Dhabi Art, wo er von Anfang an durch die Meem-Galerie in Dubai professionell vertreten war. Die Meem Galerie hat inzwischen internationale Anerkennung und ist im Besitz des sehr wohlhabenden Inhabers der Kanoo-Unternehmensgruppe in Dubai. Selten hat man ein solch gutes Beispiel von Kunst und Kommerz erlebt und Dia al-Azzawi hat davon profitiert, denn die Preise für seine Werke sind in den letzten Jahren stetig gestiegen.
Dass es bei der aktuellen Ausstellung um einen irakischen Künstler geht, ist nicht verwunderlich, wenn man weiß, dass sich Sheikh Hassan stets für Künstler aus diesem Land eingesetzt hat. Als viele irakische Künstler während der unruhigen Jahre in ihrem Land die Heimat verließen, fanden sie auf persönliche Einladung von Sheikh Hassan eine neue Heimat in Doha – an einem Ort, an dem sie sich künstlerisch frei entfalten konnten. Das Gebäude ihres Wirkens ist ein schneeweißes, hochherrschaftliches Haus gegenüber dem noch im Bau befindlichen neuen Nationalmuseum und dient heute als Museum für orientalische Malerei mit einer äußerst sehenswerten Sammlung. Dia al-Azzawi gilt als sozial und politisch engagiert und seine Bilder spiegeln das Leben der Menschen, Geschichte und Politik der arabischen Welt. Die künstlerischen Elemente entstehen aus der eigenen Kultur, volkskundlichen Mythologien, aktuellen Kriegen und Gewalt aus der Geschichte Iraks. Interessant ist seine Entwicklung von realistischer zu abstrakter Malerei. Wer auf dem internationalen Flughafen von Doha ankommt, kann zwei Skulpturen des Künstlers bewundern, die in Kürze enthüllt werden sollen.
Wer im ersten Quartal 2017 Doha besucht, kann neben Veranstaltungen des Kulturjahres die Dia al-Azzawi Ausstellungen erleben und wird natürlich auch den Besuch der zahlreichen, ausgezeichneten Museen/Galerien in Doha nicht verpassen. Diese sind neben MIA und Mathaf noch das Al Fanar Islamic Centre, vier neue Museen (Jassim House, Radwani House, Company House und Jelmood House) im völlig neu gestalteten Mscheireb-Viertel von Doha sowie Kunstgalerien im Souk Waqif – bei noch relativ angenehmen Temperaturen.
Text und Fotos: Barbara Schumacher
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