Die Pläne der algerischen Regierung, z. B. für den Bau von 2,4 Mio. Wohnungen, 1.200 km Autobahn, Ausbau von U/S-Bahnlinien, Krankenhäusern und Mega-Projekten in den Bereichen Wasser- und Abfallwirtschaft, Umwelttechnologie und Erneuerbare Energien kann man nur als gigantisch bezeichnen. Allein im Bereich der Erneuerbaren Energien besteht der Plan, bis 2030 vierzig Prozent des Stroms aus den Erneuerbaren Energien zu gewinnen. Im Sektor Bauanlagen besteht z. B. großer Bedarf. Die deutschen Anlagen kosten zwar im Durchschnitt 30 Prozent mehr als die der Konkurrenz, aber mittlerweile weiß man die deutsche Qualität zu schätzen. Der Bereich Gesundheitswirtschaft ist ebenfalls als interessant für Deutsche Unternehmer ausgemacht. Algerien importiert den größten Teil des Bedarfs an Arzneimitteln und Medizintechnik, einschließlich Verbrauchsgütern wie Verbandsmaterial, Spritzen und Schläuchen, etc. Für deutsche Unternehmen werden gute Geschäftschancen gesehen, z. B. hinsichtlich der Lieferung und Wartung von medizinischem Gerät, der Lieferung und dem Aufbau lokaler Produktion von Arzneimitteln sowie in der Aus- und Fortbildung von Fachpersonal. Und was wünschen sich deutsche Unternehmer? „Mehr Transparenz bei Ausschreibungen und eine erleichterte Prozedur bei der Finanzierung“, ist zu diesem Thema zu hören.
Deutsche Investoren sind in Algerien sehr willkommen. Kheireddine Medjoubi, Generaldirektor für den Bereich Internationale Entwicklung im algerischen Industrieministerium weist auf die erfolgten Reformen nicht nur im Hinblick auf das Investitionsgesetz hin sondern auch hinsichtlich des öffentlichen Sektors. Wer erfolgreich in Algerien investieren will, für den ist die Nationalagentur für Investitionsentwicklung (ANDI) mit ihrem Generaldirektor Abdelkrim Mansouri (siehe Foto) der perfekte Ansprechpartner: „Wir wollen die Wirtschaft privatisieren, weil die Kapazitäten erhöht werden sollen. Dass Privatisierung funktioniert, zeigt das Beispiel der Bauwirtschaft, in der es bereits viele Privatunternehmen gibt. Besonders gelegen ist uns an der Produktion wettbewerbsfähiger Produkte. Gute Rentabilität ist in verschiedenen Bereichen zu erwarten, z. B. bezüglich Maschinenbau, Kunststoffproduktion, Geotextilien, Elektronik, Kabel, Chemieprodukten. Bei der Finanzierung hilft das Land. Die notwendigen Gelder stehen zur Verfügung, die Banken verlangen nur bis 3,5 % Zinsen. Außerdem existiert ein nationaler Investitionsfonds. Bei Grundstücksfragen hat man es lediglich mit einem Gesprächspartner zu tun, der für Grundstückskonzessionen zuständig ist. Ein wichtiger Punkt sind ferner die geringen Energiekosten sowie die geringen Durchschnittslöhne die im öffentlichen Sektor zwischen 180 und 750 Euro und im Privatsektor zwischen 180 und 900 Euro liegen. Mindestlohn ist 180 Euro pro Monat“.
Das folgende Beispiel eines deutschen Unternehmers zeigt, dass man in Algerien z. B. im Baustoffsektor gewinnbringend tätig sein kann. Zwischen Algier und Oran betreibt der deutsche Baustoffhersteller Basalt Minerals GmbH eine erfolgreich operierende Abbau- und Produktionsanlage. Prof. hc. Dipl-Ing. Uwe Drewes, Senator E.h. und General Manager der Basalt Minerals GmbH ist Mitglied der AHK Algerien und auf die Frage nach den Aktivitäten der algerischen Produktionsstätte meint er: „Die Basalt Minerals GmbH als eine Tochtergesellschaft der Basalt AG mit Zugehörigkeit zur Werhahn-Gruppe, Neuss hat im Jahr 2009 ein 50% Joint Venture mit einer algerischen Unternehmergruppe für den Betrieb von Steinbrüchen und anderen Aktivitäten im Baustoffbereich gegründet. Seit 2011 betreibt diese JV-Firma EGEGRAN in der Wilaya von Ain Defla (180 km westlich von Algier) einen Kalksteinbruch. Es werden alle Arten von Zuschlagstoffen für die Betonherstellung, Asphaltherstellung und für Fundationsschichten produziert. Für die Aufbereitung haben wir eine mobile Brech- und Siebanlage aus Deutschland eingeführt. Alle mobilen Geräte wie Bagger, Planierraupe und Radlader stammen aus europäischer Herstellung. Wir beschäftigen 25 Arbeiter, 6 Wächter und 5 Leute in der Administration in Algier“.
Nach seinen Erfahrungen in Algerien gefragt, erklärt er: „In Algerien gibt es bisher sehr wenige Produktionsbetriebe und die allgemeine Mentalität ist nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Es müssen mehr als 97% der Maschinen und Anlagenteile (Industriegüter) eingeführt werden. Außer im Bereich weniger Konsumgüter ist der Ruf stets nach billiger Ware ausgerichtet (arabische Mentalität). Die Steuerehrlichkeit liegt weit unter dem griechischen und italienischen Niveau und wird auch wenig hinterfragt und verfolgt, da der Staat den Großteil seiner Einkünfte aus Gas und Öl rekrutiert. Die lokale Ausbildung von Handwerkern ist frankophon orientiert und sehr schlecht. Die Hochschulausbildungen sind theoretisch auf mäßigem Niveau und ohne praktische Erfahrungen. Management-Themen wie Organisation, Planung, Moderation, Arbeitsvorbereitung sind unbekannt und die Mehrzahl der Leute ist nicht fähig systematisch zu arbeiten und vor allem analytisch Aufgaben zu lösen.
Im Geschäftsleben muss man sich intensiv mit den Traditionen und muslimischen Gebräuchen auseinandersetzen, um Erfolg zu haben. Neben einer schwerfälligen Staatswirtschaft entstehen langsam flexible Privatbetriebe die eigentümerbetrieben sind“.
Die letzte Frage gilt dem obligatorischen algerischen Partner und die beantwortet Uwe Drewes so: „Seit Juni 2009 besteht, wie in den meisten arabischen Ländern, die Verpflichtung einer mindestens 51%igen einheimischen Beteiligung. Außerdem ist das Land stark devisenreglementiert, was bedeutet, dass der Import von Investitionsgütern erschwert ist und sich langwierig gestaltet. Die übliche Importdauer für Waren aus dem Ausland beträgt 10-15 Wochen. Man muss also langfristig planen oder am besten selber die Waren einführen“.
Text und Foto: Barbara Schumacher
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