Viele arabische Medien berichten ausführlich über die Ergebnisse des Besuchs des US-Präsidenten Joe Biden am 15./16. Juli 2022 in Jeddah. Die Bandbreite der Bewertungen ist groß. Es war sicherlich kein Zufall, dass am Vortag eine sehr interessante Studie des „Tony Blair Institute for Global Change“ über die immer noch herrschenden Vorurteile „des Westens“ u. a. gegen Saudi-Arabien erschien, die an prominenter Stelle vor allem in den saudischen Medien behandelt wurde (https://institute.global/policy/think-again-inside-modernisation-new-middle-easthttps://institute.global/policy/think-again-inside-modernisation-new-middle-east).
Lt. dieser Studie besteht das Risiko für den Westen darin, dass "unsere überholte Fehleinschätzung dessen, was die Menschen in der Region (Nah-Ost) wirklich denken, dazu führt, dass wir uns genau in dem Moment zurückziehen, in dem sich uns die Gelegenheit bietet, mit der Region und ihren modernisierenden Elementen zusammenzuarbeiten. Das würde nicht nur der Region selbst, sondern auch unserer eigenen Sicherheit zugutekommen". Der Bericht des Instituts verweist auf die gesellschaftlichen Entwicklungen in Saudi-Arabien als Beispiel für "die gemeinsame Vision des neuen Nahen Ostens für den Wandel", kommt aber zu dem Schluss, dass diese Vision und die sensationellen Fortschritte, die sie bereits bewirkt hat, im westlichen Bewusstsein bisher nicht angekommen sind. Der Besuch von Präsident Biden hatte auf jeden Fall das Potenzial, darüber nachzudenken.
Befasst man sich ausführlich mit den Ergebnissen des Besuchs von Präsident Biden, dann kann man den saudischen Medien nur zustimmen: Er war (jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht) ein Erfolg.
Neben einem mehrseitigen detaillierten Abschlusskommuniqué über die Zukunft der Kooperation beider Länder gab es 18 konkrete Abkommen, die in Jeddah unterzeichnet wurden - in den Bereichen Energie, Raumfahrt, IKT und Gesundheitswesen. Die Abkommen stehen im Einklang mit den Zielen der saudischen Vision 2030 von Kronprinz Mohammed bin Salman. Im Einzelnen:
Saudi-Arabien unterzeichnete Abkommen mit führenden US-Unternehmen wie Boeing Aerospace, Raytheon Defense Industries, Medtronic und Digital Diagnostics und IKVIA im Gesundheitssektor sowie mit weiteren Unternehmen in den Bereichen Energie, Tourismus, Bildung, Produktion und Textil.
Die saudische Raumfahrtbehörde unterschrieb das Artemis-Abkommen mit der US-Raumfahrtbehörde (NASA), das ihr die gemeinsame Erforschung von Mond und Mars in Zusammenarbeit mit der NASA ermöglicht und dem Königreich einen Sitz in der internationalen Koalition zur Vorbereitung der zivilen Erforschung und Nutzung von Mond, Mars, Kometen und Asteroiden für friedliche Zwecke einräumt.
Das saudische Ministerium für Kommunikation und Informationstechnologie vereinbarte mit IBM die Ausbildung von 100.000 jungen Frauen und Männern innerhalb von fünf Jahren im Rahmen von acht Initiativen, um das Ziel des Königreichs zu unterstützen, eine Drehscheibe für Technologie und Innovation im Nahen Osten und Nordafrika zu werden. Das Ministerium unterzeichnete auch eine Vereinbarung mit der US-amerikanischen National Communications and Information Administration, die eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern bei 5G- und 6G-Technologien vorsieht.
Die Energieministerien beider Länder unterschrieben Partnerschaftsabkommen zur Förderung sauberer Energie und zur weiteren Zusammenarbeit bei ziviler Kernenergie und Uran.
Die Gesundheitsministerien beider Länder vereinbarten die Zusammenarbeit in den Bereichen öffentliche Gesundheit, medizinische Wissenschaft und Forschung. Ziel ist, gemeinsame Schulungen für Beschäftigte im Gesundheits- und Medizinbereich zu organisieren und gleichzeitig die ordnungsgemäße Anwendung von Gesundheitsinformationssystemen, Forschung und Entwicklung sowie Innovationen im Gesundheitswesen zu fördern. (Quelle: SPA)
Text: Barbara Schumacher, Beiratsmitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG). Foto: SPA
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