• MARHABA - Migration-Arabien-Religionsübergreifend-Humanitär-Alternativ-Bildungsfördernd-Aktion
    MARHABA - Migration-Arabien-Religionsübergreifend-Humanitär-Alternativ-Bildungsfördernd-Aktion
  • Bahrain
    Bahrain
  • Jordanien Wadi Rum
    Jordanien Wadi Rum
  • Gebet unter freiem Himmel
    Gebet unter freiem Himmel
  • Bauboom am Golf
    Bauboom am Golf
  • Jemen
    Jemen
  • Tunesien-Revolution
    Tunesien-Revolution
  • Wüste
    Wüste
  • Israel/Palästina
    Israel/Palästina
  • Palmyra
    Palmyra
  • Maskat / Oman
    Maskat / Oman
  • Qubbat as-Sachra (Felsendom) und Kirche
    Qubbat as-Sachra (Felsendom) und Kirche
  • Altstadt von Kairo
    Altstadt von Kairo
  • Israelische Mauer
    Israelische Mauer
  • Pumpstation Jordanien
    Pumpstation Jordanien
  • MARHABA - Migration-Arabien-Religionsübergreifend-Humanitär-Alternativ-Bildungsfördernd-Aktion
    MARHABA - Migration-Arabien-Religionsübergreifend-Humanitär-Alternativ-Bildungsfördernd-Aktion
  • Hassan und Hussein Moscheen in Kairo
    Hassan und Hussein Moscheen in Kairo
  • Wiederaufbau im Irak
    Wiederaufbau im Irak
  • Algier Kasbah und Hafen - Barbara Schumacher
    Algier Kasbah und Hafen - Barbara Schumacher
  • SOS! Syrien stirbt! Internationale humanitäre Luftbrücken für Syrien!  - UNRWA
    SOS! Syrien stirbt! Internationale humanitäre Luftbrücken für Syrien! - UNRWA
  • SOS! Syrien stirbt! Internationale humanitäre Luftbrücken für Syrien! - Benjamin Hiller / zenith
    SOS! Syrien stirbt! Internationale humanitäre Luftbrücken für Syrien! - Benjamin Hiller / zenith
  • MARHABA -Migration-Arabien-Religionsübergreifend-Humanitär-Alternativ-Bildungsfördernd-Aktion
    MARHABA -Migration-Arabien-Religionsübergreifend-Humanitär-Alternativ-Bildungsfördernd-Aktion
  • Algier Blick auf Kasbah und Hafen - Barbara Schumacher
    Algier Blick auf Kasbah und Hafen - Barbara Schumacher
  • Sudan Meroe Pyramiden - Barbara Schumacher
    Sudan Meroe Pyramiden - Barbara Schumacher
  • Marokko - Marrakech Abendstimmung - Barbara Schumacher
    Marokko - Marrakech Abendstimmung - Barbara Schumacher
  • Qatar Museum of Islamic Art Doha - Barbara Schumacher
    Qatar Museum of Islamic Art Doha - Barbara Schumacher
  • Qatar Doha Skyline - Barbara Schumacher
    Qatar Doha Skyline - Barbara Schumacher

Book reviews

Die DAG veröffentlicht regelmäßig Rezensionen von Büchern, die sich mit der arabischen Welt befassen. Die Buchrezensionen behandeln den arabischen Raum meist aus politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Sicht.  

 

 

 

HOFFEN auf das Wunder: Meine Begegnung mit Palästinensern, Israelis und Deutschen

HOFFEN auf das Wunder: Meine Begegnung mit Palästinensern, Israelis und Deutschen

Detaillierte Augenzeugenberichte von der brutalen Realität der Besatzung

Ekkehart Drost hat ein aufrüttelndes Buch über den israelischen Siedlerkolonialismus geschrieben

Arn Strohmeyer


Offiziellen israelischen Verlautbarungen zufolge gibt es eigentlich gar keine Besatzung. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird nicht müde, diese Feststellung  zu wiederholen, und die meisten Israelis nehmen ihm das auch ab. Auf vielen Landkarten ist das Westjordanland denn auch schon annektiert, Grenzen zu Israel sind nicht mehr eingezeichnet. Dieses Gebiet, das als „Judäa und Samaria“ bezeichnet wird, ist für die Zionisten das eigentliche historische jüdische Kernland – und dorthin zurückzukehren, kann eben nicht illegal sein. Dass da mehr als 2000 Jahre dazwischen liegen, dass dort seit vorgeschichtlicher Zeit auch Angehörige vieler anderer Völker gesiedelt haben und dass die Mehrheit der Juden wegen Missionierung und Konversion (siehe die Ausführungen des israelischen Historikers Shlomo Sand in seinem Buch „Die Erfindung des jüdischen Volkes“) keineswegs aus dem sogenannten „Heiligen Land“ stammt, was interessiert das machtbewusste Zionisten? Die Mythen und Legenden sind immer noch wirkmächtiger als die historische Wahrheit.

Selbst der Zionistenführer und erste Ministerpräsident Israels, David Ben Gurion, war sich des Unrechts, das die Zionisten den Palästinensern antaten, voll bewusst. Er schrieb: „Warum sollten die Araber mit uns Frieden schließen? Wäre ich selbst ein arabischer Führer, würde ich niemals mit Israel verhandeln. Das ist ganz natürlich: Wir haben deren Land geraubt. Sicher, Gott hat es uns versprochen, aber was geht die das an? Unser Gott ist nicht deren Gott. Wir stammen aus Israel, aber das ist 2000 Jahre her und was interessiert die das? Es gab Antisemitismus, die Nazis, Auschwitz, aber war das deren Schuld? Das einzige, was die sehen, ist: Wir kamen her und stahlen ihr Land. Warum sollten sie das akzeptieren?"

Ehrliche, aber äußerst zynische Worte. Der revisionistische Zionistenführer Wladimir Zeev Jabotinsky formulierte denselben Sachverhalt so: „Hat man je ein Volk gesehen, das sein eigenes Land hergibt? Desgleichen werden die arabischen Palästinenser auf ihre Souveranität nicht ohne Gewalt verzichten.“ Der sogenannte palästinensische „Terrorismus“ erscheint im Zusammenhang mit solchen Zitaten führender Zionisten in einem ganz anderen Licht, denn das Völkerrecht kennt für solche Eroberungs- und Besatzungssituationen durchaus ein Widerstandsrecht. Die Inbesitznahme Palästinas war von Anfang an das Ziel des zionistischen Siedlerkolonialismus. Im sogenannten Sechs-Tage-Krieg 1967 kam als neue Eroberung neben dem Gaza-Streifen und den Golanhöhen das Westjordanland unter israelische Herrschaft. Das brutale Militärregime dort, unter dem 2,4 Millionen Menschen seitdem leben und leiden müssen, nicht „Besatzung“ zu nennen, ist wohl der Gipfel sprachlich-ideologischer Verschleierung.

Der deutsche Friedensaktivist und Publizist Ekkehart Drost hat sich als Mitarbeiter des Programms EAPPI des Weltkirchenrates aufgemacht, sich selbst bei einem mehrmonatigen Aufenthalt im Westjordanland von den Realitäten der israelischen Besatzungspolitik zu überzeugen. Wie andere Autoren und Menschenrechtler machte er dort erschreckende Erfahrungen. Ob es nun die brutale willkürliche Gewalt der israelischen Armee gegenüber den Palästinensern ist, die nächtlichen Razzien mit den Verhaftungen (auch von Kindern!), die Einkesselung und Abriegelung der Menschen durch Mauern und Checkpoints mit der totalen Beschränkung der Bewegungsfreiheit, die Häuserzerstörungen und der tägliche Landraub, um Platz für Judaisierungsprojekte und Siedlungen zu schaffen, die Gewalt der Siedler gegen die wehrlosen Menschen, die permanente Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen, wobei Polizei und Armee tatenlos zuschauen oder sogar Hilfe leisten, der Augenzeuge Ekkehart Drost beschreibt alle diese Ungeheuerlichkeiten der Organe eines Staates, der zur sogenannten westlichen Wertegemeinschaft gehören will, mit großer Eindringlichkeit.

Er hat unzählige Palästinenser getroffen, die ihm berichten, vieles hat er mit eigenen Augen gesehen und detailliert protokolliert. Muss man das alles immer wieder aufschreiben? könnte man fragen. Ja, man muss es immer wieder sagen, schreiben und an die Öffentlichkeit bringen, weil die Verbrechen schon so lange andauern und kein Ende abzusehen ist. Und weil die Medien gerade in Deutschland sich aus historischer Schuld und aus Angst vor dem Vorwurf des Antisemitismus scheuen, die Realitäten der israelischen Besatzung im Westjordanland beim Namen zu nennen. Dabei verlangen gerade die Verbrechen der Nazis wie der Holocaust die gegenteilige Schlussfolgerung zu ziehen: alle Verletzungen der Menschenrechte aufzuklären und gegen sie anzugehen, wo immer sie geschehen – und sei es auch in Israel.

Ekkehart Drost gehört zu der kleinen Schar der Mutigen in Deutschland, die kein Blatt vor den Mund nehmen und immer wieder ihr Erschrecken, ja ihr Entsetzen über das ausdrücken, was die „Opfer des Holocaust“ einem anderen Volk antun. Die Bilanz seiner Erfahrungen im besetzten Palästina kleidet Drost in Fragen, auf die er auch keine Antworten geben kann:

 
• Wer denkt sich ein derartiges Unrechtssystem aus?

• Wie tief müssen Hass und Verachtung bei den Israelis sein, um Menschen (die Palästinenser) schlimmer als Tiere zu behandeln?

• Warum hört man in westlichen Ländern keinen Aufschrei des Protestes gegen einen Staat, mit dem man doch angeblich dieselben Werte teilt?

• Was wird aus jungen Palästinensern nach einer Tortur ohnegleichen? Für Monate und manchmal Jahre [durch Gefängnisaufenthalte] herausgerissen aus Familie, Schule und Studium? Können sie überhaupt noch Hoffnung auf ein selbst bestimmtes Leben haben oder sehnen sie nur die nächste, die dritte Intifada, herbei?


Der Blick in die Zukunft ist für die Palästinenser düster, es gibt keinen realistischen Hoffnungsschimmer. Gerade deshalb bewundert Ekkehart Drost ihren „Sumud“, ihre Standhaftigkeit, Beharrlichkeit, Duldsamkeit, Friedfertigkeit und Lebensfreude. In diesem Zusammenhang zitiert er im Kapitel seiner Begegnungen die in Deutschland lebende Israelin Judith Bernstein, die auch voller Bewunderung für den „Sumud“ ist: „Vielleicht ist es die Überzeugung, dass sie [die Palästinenser] nach den Kreuzrittern, den Osmanen und den Briten eines Tages auch die Israelis überleben werden. Ein trauriger Gedanke, der mittlerweile von vielen Israelis geteilt wird: ‚Uns wird es bald nicht mehr geben.‘ Liegt dies im Interesse Europas?“ Und die Israelin fragt: „Warum kann die deutsche Regierung nicht endlich den Schritt tun und auf die eklatante und ihr ja längst bekannte Verletzung der Menschenrechte durch Israel hinweisen? Warum verhält sich die deutsche Regierung so, wie sie es tut? Es kann doch nicht allein der Holocaust sein? Die deutsche Politik schadet Israel.“

Ekkehart Drost hat ein wichtiges, weil aufklärendes und aufrüttelndes Buch geschrieben, weil es die Realität im Westjordanland unverstellt vor Augen bringt und uns an unsere eigene Geschichte erinnert. Die Palästinenser sind das letzte Glied in der Kette der Nazi-Verbrechen an den europäischen Juden, die ihren Hass und ihre Traumatisierung nun an diesen Menschen auslassen, die für sie die „neuen Nazis“ sind. Was für eine ungeheure Verfälschung der historischen Wahrheit! Die Palästinenser haben keine andere „Sünde“ begangen und begehen sie noch immer, dass sie seit Urzeiten in dem Land wohnen, das ein völlig unzeitgemäßer und anachronistischer Siedlerkolonialismus nun seit etwa 130 Jahren für sich beansprucht.

Aber wer heute die Fakten klar sieht und die Dinge beim Namen nennt wie Ekkehart Drost und Humanität, Menschenrechte und Völkerrecht einfordert, um eine gerechte Lösung für das Nahost-Problem zu erreichen, muss damit rechnen, von den Vertretern und Freunden dieses Staates als „Antisemit“ denunziert zu werden. Damit ist ein Tiefpunkt in der politischen Kultur der sogenannten „westlichen Wertegemeinschaft“ erreicht. Auch Ekkehart Drost droht dieser Spießrutenlauf noch. Aber die Zahl der Menschen, die deutlich sehen, was in Israel/Palästina geschieht und dagegen protestieren, nimmt ständig zu. Und der permanente denunziatorische Antisemitismus-Vorwurf verliert auf Grund seiner inflationären Verwendung immer mehr an Überzeugungskraft, was äußerst schlecht ist für den Kampf gegen den wirklichen Antisemitismus, den es ja auch leider auch noch gibt. Aber diese Leute wollen das so und sehen gar nicht, wie sehr sie ihrer eigenen Sache und damit auch Israel Schaden zufügen.

Israels Politik gegenüber den Palästinensern kann man weder vom humanen, völkerrechtlichen und zivilisatorischen Standpunkt aus rechtfertigen und verteidigen. Sie widerspricht der jüdischen Ethik und den universalistischen Forderungen, die sich aus dem Menschheitsverbrechen Holocaust ergeben. Und weil das so ist, können die Lobbyisten Israels nur noch bei jeder Gelegenheit die Kritiker dieser Politik als „Antisemiten“ an den Pranger stellen. Andere Argumente haben sie nicht mehr zur Verfügung. Es ist ihre letzte Bastion.

Ekkehart Drost: Hoffen auf das Wunder. Meine Begegnungen mit Palästinenser, Israelis und Deutschen, Gabriele Schäfer Verlag Herne, 21 Euro

Kulturrevolution statt „Betonrevolution“: Emir von Sharjah stellt sein drittes Buch vor

Kulturrevolution statt „Betonrevolution“: Emir von Sharjah stellt sein drittes Buch vor

Frankfurter Buchmessen ohne den Emir von Sharjah, Sheikh Dr. Sultan bin Muhammad Al‑Qasimi sind – jedenfalls für seinen deutschen Verleger Georg W. Olms - kaum noch vorstellbar. Zum dritten Mal in Folge begab sich der Emir höchst persönlich nach Frankfurt – zur Signierung seines dritten, in deutscher Übersetzung von der Georg Olms Verlag AG herausgebrachten Bandes „Fest im Sattel“, das die Entwicklung der Vereinigten Arabischen Emirate in den Jahren 1979-1987 im Kontext wichtiger Weltereignisse schildert. Gelingt es dem Autor, die Spannung von „Meine frühen Lebensjahre“ (Band 1) und – wie der Titel schon vermuten lässt -  „Stürmische Zeiten“ (Band 2), aufrecht zu erhalten? Ja – und in sehr informativer Weise darf der Leser teilhaben am schwierigen Weg der Einheit eines ursprünglich von Stämmen mit den verschiedensten Interessen geprägten Landes. Auch einen Blick auf die Internationale Bühne durch die Augen des Emirs darf der Leser erhaschen und nimmt teil an Treffen des Emirs mit Politikerlegenden wie Gerald Ford, die zugeben müssen, dass der Herrscher von Sharjah ihr „Denken ordentlich auf den Kopf gestellt“ hat. Auch bei Staatsbesuchen des Emirs in verschiedenen Ländern darf der Leser „teilnehmen“ und es ist erstaunlich, dass viele Dinge, die vor 30 Jahren geschahen, immer noch eine gewisse Aktualität besitzen.

 

Von jeher war Sharjah das kulturell am fortschrittlichsten entwickelte Emirat – dank des unermüdlichen Einsatzes seines Herrschers, der nach dem Motto „Kulturrevolution statt „Betonrevolution“ handelt. Wer die Entwicklung des Emirats verfolgt und z. B. die über 30 Museen in Sharjah besucht hat, wird dieses Engagement zu schätzen wissen und sich auch darüber freuen, im Buch aus erster Hand Informationen über die Etablierung einer Vielzahl kultureller Veranstaltungen in Sharjah zu bekommen, die sich im jährlichen Rhythmus wiederholen und ständig weiter entwickeln. Als Beispiel sei die Buchmesse von Sharjah genannt: sie entwickelte sich von einem bescheidenen Buchbasar zu einer – das sei vorweggenommen - Internationalen Messe mit einem aufsehenerregenden Kulturprogramm, das die Bevölkerung in Scharen auf die Messe treibt und internationalen Verlegern als professionelle Plattform dient. Höhepunkt der letzten Buchmesse war eine Ausstellung von Kunstwerken, kostbaren Büchern, Gemälden, Lithografien aus der privaten Ägypten-Sammlung des Emirs, präsentiert in einer beidseitig einsehbaren, etwa 50 m langen Vitrine im Zentrum der Eingangshalle. Die Sammlung war als großzügiges Geschenk des Emirs an Ägypten gedacht, nachdem am Anfang der dortigen Unruhen, wertvolle Kulturgüter verbrannt waren. - Der Leser erlebt die „Premieren“ des ersten Nationalen Kunstfestivals, des Festivals der Arabischen Dichtkunst, Theatertage und vieles mehr.

 

Der Emir ist von jeher ein starker Verfechter der engen Verbindung zwischen Religion und Politik gewesen. Dies bestimmt sein Handeln und das klingt in seinen Büchern an vielen Stellen immer wieder an. Geradezu als Sensation ist seine Arbeit zu werten, die mit dem Mythos der arabischen Piraterie in der Golfregion gründlich aufräumte. Das Thema interessierte ihn so sehr, dass er damit promovierte. Die Suche nach entsprechenden Beweisen gestaltete sich als spannendes Abenteuer, das ihn u.a. in die British Library, das staatliche Archiv von Bombay und das Staatsarchiv von Den Haag führte. Die überraschendsten Funde machte er in einer Bücherkiste eines Antiquariats in London. Die dort entdeckten Originaldokumente waren für seine Doktorarbeit ausschlaggebend. Das Komitee an der Universität Exeter verlieh ihm 1985 den Doktorgrad in Geschichte – mit Auszeichnung und akademischen Ehren!

 

In über 30 s/w-Fotos lebt die jüngste Geschichte wieder auf, wenn der Emir mit Sheikh Zayed, Indira Gandhi, Queen Elizabeth II, Sultan Qaboos, Prinz Albert von Belgien oder dem früheren Präsidenten des Sudan, Ahmed Al-Mirghani zu sehen ist. Aber auch Treffen der emiratischen Herrscher anlässlich feierlicher Eröffnungen, z. B. des Internationalen Flughafens von Sharjah sind Gegenstand der Fotografie. Auf einer ganzen Seite posiert der Autor im Promotionsgewand mit Doktorhut nach seiner Promotion an der Universität Exeter.

 

Sultan Bin Muhammed Al-Qasimi: Fest im Sattel – Die Jahre der Konsolidierung 1979-1987 (Coverfoto: Emir von Sharjah (links) und Sheikh Zayed) 238 S. - Georg Olms Verlag AG, Hildesheim 2013 - 29,80 € - ISBN 978-3-487-15012-3    

 

Text und Foto: Barbara Schumacher

Victoria Waltz: Israel - Monopoly ohne Grenzen

Victoria Waltz: Israel - Monopoly ohne Grenzen

Kommentar von Dr. Ludwig Watzal unter 'Between the lines'

Als ich von Dr. Viktoria Waltz um ein Vorwort zu dem vorliegenden Buch angefragt worden bin, habe ich nach Lektüre des Manuskripts sofort zugesagt. Die Autorin ist eine ausgewiesene Expertin in Sachen Raumplanung und hat über Jahrzehnte an der Universität Dortmund dieses Fach unterrichtet. Neben ihren zahlreichen Veröffentlichungen zur Raumplanung und deren enormen gesellschaftspolitischen Implikationen in der Bundesrepublik Deutschland ist Viktoria Waltz immer wieder auch ihrem internationalistischen Anspruch gerecht geworden. Seit Beginn ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit galt ihr Interesse Palästina, weil sich dort eine geplante Landnahme durch Kolonisation scheinbar am deutlichsten manifestierte.

Für die Expertin in Sachen Raumplanung geschieht nichts planlos. Dies trifft auch für das zionistische Kolonisierungsprojekt in Palästina zu. Dass die „Besiedelung“ der Westbank nicht planlos erfolgt ist, hat kein geringerer als der ehemalige israelische Ministerpräsident Ariel Sharon selber bestätigt. Keine Kolonie sei aus einer Laune heraus entstanden, sondern deren Lage sei von Beginn an minutiös geplant gewesen.

Entstehungsgeschichte Israels hat nichts mit biblischen Legenden zu tun
Genau dies hat Waltz in ihrem Buch beschrieben, für das ich folgendes Vorwort im September 2011 verfasst habe:
„Die Entstehungsgeschichte Israels hat weder etwas mit den biblischen Legenden vom „auserwählten Volk“ noch mit den Versprechen Gottes an Abraham zu tun; dies sind religiöse Legenden, wissenschaftlicher Rationalität nicht zugänglich und bloße Glaubenspostulate. Auch wurde Israel nicht gegründet, weil der deutsche eliminatorische Antisemitismus unter der Nazi-Barbarei ein kolossales Menschheitsverbrechen am europäischen Judentum begangen hat. Viel wichtiger war jedoch die Diplomatie der zionistischen Bewegung, die sich auf dem Ersten Zionistischen Kongress 1897 in Basel eine politische Organisationsform gegeben hat.

Wer das Buch der ehemaligen wissenschaftlichen Mitarbeiterin am Institut für Raumplanung an der Universität Dortmund, Viktoria Waltz, liest, erlebt eine völlig andere Entstehungsgeschichte des Staates Israel. Ihrer zentralen These folgend, ist das „Projekt Israel“ einem schlichten Planungsprozess geschuldet, der bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Er konzentriert sich auf das Land eines anderen Volkes, des palästinensischen, dessen Existenz im Begriff ist, völlig zerstört zu werden. Es geht um die Schaffung eines „reinen jüdischen Staates“, in dem kein Platz für die indigene Bevölkerung ist, weil sie als „fünfte Kolonne“ und als „existentielle Bedrohung“ wahrgenommen wird.

Israel und westliche Demokratie - gemeinsame Werte?
Das „Expropriationswerk“, wie es einst der Gründungsvater des Zionismus, Theodor Herzl, genannt hat, läuft nicht im Geheimen, sondern vor den Augen der Weltöffentlichkeit ab. Jeder sieht es, aber niemand protestiert dagegen, obgleich dieser Vorgang nichts mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder Völkerrecht zu tun hat. Der Westen, der immer wieder eine gemeinsame Wertebasis zwischen ihm und Israel betont, sollte einmal hinter die Kulissen dieser rhetorisch-politischen Luftblasen schauen. Sollten es tatsächlich die gemeinsamen Werte sein, welche die westlichen Demokratien mit der selbstdefinierten „einzigen Demokratie des Nahen Ostens“ verbindet, sollte dann der Westen nicht seine Werte überdenken oder gegebenenfalls revidieren?

Die israelisch-politische Elite meint, Israel sei ein „jüdischer und demokratischer“ Staat. Dass dies ein Widerspruch in sich ist, scheint jedem Zoon Politikon evident zu sein. Tatsächlich ist Israel eine „Ethnokratie“ (Felicia Langer), bestenfalls eine „jüdische Demokratie“ oder eine „Demokratie sui generis“. Für alle nicht-jüdischen Staatsbürger gelten nicht die gleichen Rechte, bzw. sie können sie nicht in Anspruch nehmen, weil sie nicht-Juden sind. Hinzu kommt, dass Israel seit 44 Jahren eine brutales Besatzungs- und Unterdrückungssystem über das palästinensische Volk aufrechterhält, das ihnen ihr Land unter fadenscheinigen Rechtskonstruktionen ganz „legal“ unter den Füßen wegzieht; diese „rechtlichen“ Machenschaften sprechen allen westlichen Werten Hohn. In den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten herrscht Besatzungsrecht, aber die in den besetzten Gebieten lebenden jüdischen Kolonisatoren unterliegen „selbstverständlich“ israelischem Recht, obgleich ihr Dasein wider das Völkerrecht ist.

Dies alles hat sich nicht einfach zufällig entwickelt, sondern scheint von Beginn der zionistischen Kolonisierung an geplant gewesen zu sein, wenn man das Buch von Viktoria Waltz gelesen hat. Die Autorin vertritt darin keine gängige Meinung. Sie wird dafür viel Widerspruch ernten. Auch ich könnte viele Einwände formulieren, und ich bin nicht mit allen Formulierungen und Schlussfolgerungen einverstanden. Aber es geht nicht um meine Meinung, sondern um das Recht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz generell. Deshalb habe ich mich bereit erklärt, dieses Vorwort zu schreiben, weil ich überzeugt bin, dass jede wohlbegründete wissenschaftliche Meinung legitim ist, obwohl wir in einer Zeit leben, in der Meinungen, die nicht der herrschenden politischen Auffassung entsprechen, der politischen Verleumdung anheimfallen. Bei diesen Verleumdungskampagnen spielt die „Israellobby“ (Mearsheimer/Walt) eine mehr als unrühmliche Rolle.

In dieser Komposition ist das Buch ein absolutes Novum und ein „eye-opener“ für jeden Nahost-Interessierten. Eine überaus spannende Lektüre."
Dass mehrere Verlage dieses Manuskript nicht veröffentlichen wollten, wie die Autorin gegenüber „Between the Lines“ bestätigt hat, spricht nicht gerade für die vielgepriesene „Zivilcourage“ in Deutschland. Diese oft eingeforderte politische Haltung scheint in Sachen Protest gegen die „Besatzungspolitik Israels in Palästina“ irgendwie nicht zu greifen. Bedenkt man das geistige Klima in der Bundesrepublik Deutschland, verwundert dies nicht. Wenigstens sollten sich die User, die das Recht auf „freies geistiges Eigentum“ einfordern, ohne irgendetwas dazu beizutragen, diese Lektüre antun, auch wenn sie ihren „Überzeugungen“ widerspricht. Dafür kostet das Buch auch nichts, ist aber trotzdem überaus wertvoll und bewusstseinserweiternd, vorausgesetzt, man verfügt überhaupt noch über ein funktionierendes politisches Bewusstsein.

Durch die Globalisierung des Internets ist den Kontrolleuren der „Bewusstseinsindustrie“ ihre Meinungsführerschaft abhanden gekommen. Sie tun aber wieder alles dafür, dieser Welt ihre politischen Vorstellungen in Form von Verlangsamung des Internets, Löschung von unliebsamen politischen Inhalten und dubiosen politischen Vorgaben aufzuerlegen. Wie schrieb schon vor einigen Jahren ein Journalist: „Das Internet macht doof“. Man hört diese bizarre Message, aber allein es fehlt der Glaube.

Dieser Kommentar vom 30. Mai 2013 kann hier als pdf eingesehen werden.

APARTHEID UND ETHNISCHE SÄUBERUNG IN PALÄSTINA

APARTHEID UND ETHNISCHE SÄUBERUNG IN PALÄSTINA

Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat

Über die Palästina-Frage scheint schon alles gesagt. Das Buch von Petra Wild beweist das Gegenteil. Es orientiert sich an den neuesten Erkenntnissen der Kolonialismus- und Genozidforschung, die den Zionismus als eine Form des europäischen Siedlerkolonialismus ausweisen.

Nach einer Einführung in den Ursprung des palästinensisch-israelischen Konflikts und den exklusiv ethno-religösen Charakter des Staates Israel wird in diesem Werk detailliert auf die israelische Politik gegenüber den Palästinensern innerhalb der Grenzen Israels und in den 1967 besetzten Gebieten eingegangen. Diese wird von israelischen, palästinensischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen wie auch von UN-Organisationen immer wieder als Apartheid angeprangert.

Da der zionistische Siedlerkolonialismus anders als der südafrikanische nicht auf die Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung als billige Arbeitskräfte, sondern auf deren möglichst vollständige Ersetzung durch die Siedlerbevölkerung zielt, ist die schleichende ethnische Säuberung neben der Apartheid das Hauptmerkmal der zionistischen Kolonialpolitik. Wie diese Politik in der Praxis aussieht, wird in einzelnen Kapiteln über die Ghettoisierungspolitik in der Westbank, die ethnische Säuberung des Jordantals, die Gewalt der kolonialen Siedler sowie die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung und die Zerstörung der historischen Stadt Jerusalem dargelegt.

Dass es dennoch einen Silberstreif am Horizont gibt, zeigt das Abschlusskapitel zur Debatte über die Ein-Staat-Lösung, wie sie unter Palästinensern, antizionistischen Israelis und Aktivisten der internationalen Solidaritätsbewegung geführt wird. Angestrebt wird die Errichtung eines demokratischen säkularen Staates auf dem Boden des historischen Palästinas, in dem muslimische, christliche und drusische Palästinenser sowie jüdische Israelis auf der Basis von gleichen Rechten zusammenleben. Der seinem Anspruch nach exklusiv jüdische Staat Israel soll durch einen multiethnischen, multireligiösen und multikulturellen ersetzt werden. Die Ein-Staat-Lösung würde nicht nur den Palästinensern ihre von der UNO anerkannten Rechte auf Selbstbestimmung, Rückkehr und Entschädigung garantieren, sondern auch die jüdisch-israelische Bevölkerung von ihrem Status als Kolonialherren befreien.

ISBN 978-3-85371-355-6, br., 240 Seiten, 15,90 Euro, mit Landkarten

Die Autorin
Petra Wild, geboren 1963 in Aarbergen/Hessen, studierte arabische Sprache und Islamwissenschaften in Jerusalem, Leipzig, Damaskus und Berlin. Sie arbeitet als freiberufliche Publizistin vor allem zur Palästina-Frage und zur Arabischen Revolution.

Den Link zum Artikel finden Sie hier.

Der Koran

Der Koran

Aus dem Arabischen neu übertragen von Hartmut Bobzin
Unter Mitarbeit von Katharina Bobzin

Hartmut Bobzin gehört zu den international renommierten Gelehrten. Er ist Professor für Semitische Philologie und Islamwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählt der Koran mit seiner Druck- und Auslegungsgeschichte in Europa. Er ist durch seine Veröffentlichungen nicht nur in der Wissenschaft bekannt. In diesem Verlag erschienen seine Werke Der Koran. Eine Einführung (2007) und Mohammed (2011).

Das heilige Buch der Muslime gehört zu den weitestverbreiteten Büchern dieser Welt. Es wurde in viele Sprachen übersetzt. Auch in Deutschland sind bisher einige Übertragungen erschienen. Hartmut Bobzin hat in vorliegender Arbeit den „Kairiner Koran“ zugrunde gelegt, die Ergebnisse der neuesten islamwissenschaftlichen Forschung eingebracht und ein neues, in der Fachwelt schon anerkanntes Standardwerk geschaffen.

Der Koran ist für Muslime das Wort Gottes, das dem Propheten Mohammed in arabischer Sprache offenbart wurde. Die 114 verschieden langen Suren enthalten eine Vielfalt an Texten – predigend, mahnend, gelegentlich archaisch-dunkel, durchdrungen von Ge- und Verboten. Es sind Verse von großer Schönheit in Sprache und Stil. Hartmut Bobzin ist es gelungen, sie in ein wohlklingendes, verständliches Deutsch zu übertragen. Dennoch erschließt sich dem Laien, auch muslimischen und westlichen Theologen, die Bedeutung mancher Aussagen nur schwer. Die Auslegung der Suren hat schon seit Mohammeds Tod (632 n.Chr.) viele Gelehrte beschäftigt und es sind im muslimischen Kulturkreis zahlreiche berühmte Werke entstanden. Auch im christlichen Abendland fand im 18. Jahrhundert das Thema Eingang in die Islamwissenschaft. Herausragend ist Friedrich Rückert (1788-1866) zu nennen mit seiner unvollendet gebliebenen Übersetzung. Das komplexe Thema wird die Forschung in Orient und Okzident weiter beschäftigen.

Die kurzen, eindrucksvollen Suren zum Schluss sind für den Laien zum Einlesen in die Eigenart dieses heiligen Buches besonders geeignet. Sie sind ausgesprochen poetisch, siehe die Suren Die Morgendämmerung (89.), Die Sonne (91.), Die Nacht (92.), Der helle Morgen (93.).

Wir geben als Beispiel die ersten Verse aus der Sure Die Sonne, die noch vor Mohammeds Auszug nach Medina (622 n.Chr.) in Mekka entstanden ist. Auch ihr ist wie allen anderen – mit Ausnahme der 9. Sure – die sogenannte Basmala vorangestellt. Diese invocatio ist die arabische Kurzform für die Worte:

„Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers.

Bei der Sonne und ihrem Morgenlicht,
beim Mond, wenn er ihr folgt,
beim Tage, wenn er sie erstrahlen lässt,
bei der Nacht, wenn diese sie bedeckt,
beim Himmel und dem, der ihn erbaute,
bei der Erde und dem, der sie ausbreitete,
bei einer Seele und dem, der sie gestaltete“


Koran, Sure 91, Verse 1-7

Gekrönt werden die Suren mit der arabischen Überschrift ihres Namens in wunderschöner Kalligraphie. Einige von ihnen tragen Schmuckelemente mit dem Namen Allah am Ende. Im gleichen persischen Stil „Nastaliq“ wurden Vorder- und Rückseite des Buches, der Titel Der edle Koran, die erste Sure, genannt Fatiha, sowie die Schlussformel nach der letzten Sure geschrieben. Die mehr als 120 Schriftzüge stammen aus der Feder des aus Pakistan stammenden, freischaffenden Künstlers Shahid Alam. Im Werk des heute in Deutschland lebenden Kalligraphen, Malers und Bildhauers spielt die Kalligraphie eine wichtige Rolle.

Dem Verlag ist zu danken für die Ästhetik in der Gestaltung des Buches und die gute Lesbarkeit der Texte: Satzspiegel und Zeilenabstand sind großzügig bemessen, jede Sure beginnt auf neuer Seite, jeder Vers auf neuer Zeile. Bei längeren Versen werden Satzteile sinngebend untereinander gesetzt. Das Nachwort erläutert Struktur, Geschichte und die Schwierigkeit in der Übersetzung des Korans. Hinweise zur Transkription und Aussprache, das übersichtliche Stellenverzeichnis sowie eine namentliche Aufzählung aller Suren im Anhang runden diese Ausgabe ab.

Hartmut Bobzin, Katharina Bobzin und den Mitarbeitern sowie Förderern sind wir zu Dank verpflichtet!

Helga Walter-Joswig

640 Seiten mit 118 Kalligraphien
Verlag C. H. Beck, Beck’sche Reihe
München 2012
ISBN 978 3 406 64047 6
brosch. € 17,95, eBook € 13,99

Arabisches Kochbuch

Arabisches Kochbuch

Arabisches Kochbuch „Essen ist Glück“ (Chef Ramzi)

„Essen ist Glück“ (Chef Ramzi)

Chef Ramzi, der berühmte Fernsehkoch, ist davon überzeugt, dass die Liebe zum Essen Menschen einander näher bringen kann. In diesem Buch weiht er Sie in die Geheimnisse der traditionellen arabischen, vor allem der libanesischen Küche ein, die von würzigen Kibbeh bis hin zu süßer Baklawa reicht. Tauchen Sie ein in die alte Kochkultur des Libanon, einem Land immerwährender Tagundnachtgleiche, in dem auf grünen, weichen Böden zahlreiche Obst- und Gemüsesorten gedeihen, Hühner, Schafe, Ziegen und ab und an sogar Schweine gezüchtet werden. Das Buch, hier erstmals in deutscher Übersetzung, wurde bisher über 150 000 mal verkauft und erhielt in der französischen Ausgabe 2003 den Preis „Bestes arabisches Kochbuch der Welt“.




Ramzi Choueiry
Chef Ramzis Arabisches Kochbuch
Mit einer Einführung von Bo Masser und Fotos von Bruno Ehrs. Deutsch-Arabische Ausgabe. 2012. 168 S. durchgehend vierfarbig illustriert. Gebunden.
ISBN 978-3-487-08517-3 € 29,80

Weitere Informationen zum Buch finden Sie hier.

"The General's Son"

"The General's Son"

Miko Peled stellte Anfang Oktober sein Buch "The General's Son. Journey of an Israeli in Palestine." vor.

Es ist eine faszinierende Darstellung seiner privaten Geschichte an Hand deren die Geschichte Israels zusammengefasst wird.

Den überaus sehenswerten Beitrag finden Sie hier.

Wir leben immer zwischen zwei Attentaten

Wir leben immer zwischen zwei Attentaten

29.10.2012 · Der Schriftsteller Jabbour Douaihy ist einer der bekanntesten Intellektuellen des Libanon. Im F.A.S.-Interview spricht er über die drohende Ausweitung des syrischen Bürgerkrieges auf sein Land.

Der Schriftsteller und Literaturprofessor Jabbour Douaihy zählt zu den bedeutendsten Intellektuellen des Libanon. Er will die Gewalt, die dieses Land immer wieder erschüttert, mit literarischen Mitteln ergründen. Jahrzehntelang war seine Familie in eine Blutfehde verwickelt, der in den fünfziger Jahren an einem einzigen Tag zwanzig Menschen zum Opfer fielen. Die Ereignisse von damals hat Douaihy in seinem Roman „Morgen des Zorns“ verarbeitet. Per Mail gibt er mir seine Handynummer, nennt eine Uhrzeit und sagt, er freue sich auf das Gespräch. Als er abnimmt, hört man vor allem lautes Rauschen.

Herr Douaihy, wo erreiche ich Sie gerade?

Ich sitze im Auto und bin gerade erst aus Beirut rausgefahren. Tut mir leid, es war Stau.

Wie ist die Lage dort? Nach der Trauerfeier für den ermordete Geheimdienstchef al Hassan wirkte es, als stünde der Libanon wieder vor einem Bürgerkrieg.

Die Situation ist angespannt. Es liegt etwas in der Luft, das nicht gut ist, jeder spürt das. Es sind mehr Soldaten in der Stadt als sonst, und manchmal hört man Schüsse. Aber die Leute im Libanon hatten oft genug Gelegenheit, um sich an solche Situationen zu gewöhnen. Wenn es ein Attentat gegeben hat, dann wissen wir, dass es auch ein nächstes geben wird. Wir leben immer zwischen zwei Attentaten. Das ist schließlich Beirut.

Die Leute haben keine Angst?

Vielleicht schon. Trotzdem geht das Leben seinen Gang. Die Läden und Straßen der Stadt sind voll, die Restaurants auch. In Beirut feiert man das Leben, denn man weiß ja nie, wie lange es noch dauert.

Man sagt, die syrische Regierung stecke hinter dem Attentat.

Vor allem die Leute, die den Kampf der syrischen Rebellen gegen Assad unterstützten, glauben daran. Der Libanon war unter syrischer Besatzung, erst 2005 haben wir uns befreit. Manche Leute sehen eine Ähnlichkeit zwischen dem Aufstand gegen Assad und der damaligen libanesischen Befreiungsbewegung. Die Hizbullah ist natürlich anderer Meinung.

Sie unterstützt ja auch Assad.

Ja, sie schickt Waffen und Kämpfer nach Syrien.

Und was glauben Sie?

Na ja, es wäre nicht das erste Attentat, das unser Nachbar hier verübt, und sicherlich wird es auch nicht das letzte sein. Syrien mischt sich seit dreißig Jahren in libanesische Angelegenheiten ein. Das Regime kennt dabei nur ein Mittel, und das sind Bombenattentate. Gegner werden nicht überzeugt, sondern eliminiert. Und da es im Libanon ziemlich viele Gegner der syrischen Regierung gibt, wird es auch noch weitere Attentate geben. Glauben Sie mir, Syrien hat hier echt viel zu tun, und ich fürchte, dass das Regime keine Scheu haben wird, dem nachzugehen. Dabei sollte man meinen, Assad habe gerade genügend andere Probleme.

Wie viele Morde gehen schon auf sein Konto?

Seit dem Mord an Rafik Hariri 2005, dessen Sicherheitschef der jetzt ermordete al Hassan ja war, sollen etwa zwanzig Persönlichkeiten von Handlangern des Regimes ermordet worden sein.

Kurz bevor es Hariri traf, hatte er sein Amt als Ministerpräsident niedergelegt, aus Protest gegen die Einflussnahme des Nachbarlandes.

Ja, und dann haben Sie ihn mit einer Bombe an seinem Fahrzeug hochgehen lassen. Ein ähnliches Vorgehen wie jetzt bei al Hassan.

Ich habe gehört, Sie sitzen oft in den Beiruter Kaffeehäusern. Haben Sie das in den vergangenen Tagen auch gemacht?

Aber ja, natürlich.

Worüber wird dort im Moment geredet?

Über Politik. Aber man muss aufpassen, mit wem. Bei Leuten, die anderer Meinung sind, sollte man es im Augenblick nicht übertreiben mit dem Diskutieren. Alle sind nervös. Aber meistens sitzt man ja sowieso nur mit Leuten der eigenen Seite rum.

Und worüber haben Sie mit denen diskutiert?

Wir überlegen immer, wie man diese Regierung politisch in die Knie zwingen könnte. Es gibt so viele Probleme hier. Das größte ist die Hizbullah und ihre Waffen. Sie ist wie ein Staat im Staate. Sie behauptet immer noch von sich, der Widerstand gegen die israelischen Besatzer zu sein. Doch die Israelis sind längst weg, nur die Hizbullah ist noch da. Wissen Sie, die anderen Gruppierungen haben nicht solche Waffen. Die Christen etwa haben gar keine, um ihren Standpunkt durchzusetzen. Sie können sich nur an die Regierung halten, was man niemandem raten will. Das alles ist ein bisschen kompliziert, aber im Großen und Ganzen ist es das.

Wohin fahren Sie eigentlich gerade?

Nach Tripoli, und von dort aus nach Zgharta, den Ort meiner Kindheit, über den ich auch in meinem Roman schreibe. Der Libanon ist winzig, von Beirut nach Tripoli sind es nur etwa achtzig Kilometer, und von Tripoli nach Zgharta nur ein paar Minuten.

Sie unterrichten französische Literatur an der Universität von Tripoli. In der Stadt soll derzeit ein Stellvertreterkrieg ausgetragen werden zwischen einem sunnitischen Viertel und einem Stadtteil, in dem vor allem Alawiten wohnen, also Mitgliedern der schiitischen Glaubensrichtung, der auch Assad und ein Großteil seines Regimes angehören. Es soll Straßenbarrieren geben, auf Dächern Scharfschützen. Mehrere Menschen sind getötet worden. Sagen Sie jetzt nicht, dass trotzdem Vorlesungen stattfinden.

Der Campus ist in der Nähe dieser Viertel. Wenn die Schießereien zu heftig werden, fällt die Vorlesung natürlich aus. Aber am Montag werden wir wieder ganz normal weitermachen. In den vergangenen Tagen hat sich die Lage beruhigt.

Geht es um Religion?

Nein, damit hat das nichts zu tun. Religiöse Interessen kommen vielleicht hinzu, aber sie sind nicht der Auslöser. Wie so oft im Libanon ist auch dieser Konflikt ein sehr alter. Die beiden Stadtteile streiten sich eigentlich schon seit dreißig Jahren. Und immer, wenn es irgendwelche Vorfälle gibt, wie jetzt die Rebellion in Syrien, dann heizt sich das wieder auf. Es geht hier um Familienclans. Was hier betrieben wird, ist politischer Tribalismus. Im Libanon geht es immer um Gruppensolidarität.

In Ihrem Roman mündet sie in eine Blutfehde. Die Gewalt nimmt solche Ausmaße an, dass das Militär einschreitet.

In gewisser Weise sind die Ereignisse im Roman ein Miniaturbild dessen, was jetzt in Tripoli passiert. Die dahinterstehende Logik ist die gleiche. In meinem Roman sind die Akteure christliche Familien, bei den Ereignissen jetzt sind auch schiitische und sunnitische beteiligt. Was damals passierte, war wie eine Art Vorpremiere für den später einsetzenden Bürgerkrieg. Bis heute sind dessen Auswirkungen in Form der anhaltenden Instabilität im Land spürbar.

Könnte Ähnliches auch in Beirut passieren, wenn die Lage dort weiterhin angespannt bleibt? Oder lassen sich die Stadtteile dort weniger klar zuordnen?

Während des Bürgerkrieges war das dort sogar extrem. Danach haben sich die Dinge verändert. Es gilt aber immer noch als schlecht, wenn man nicht in demselben Viertel lebt wie sein Clan. Die meisten Viertel werden inzwischen von Muslimen dominiert.

Wie ist jenes, in dem Sie leben?

In meinem leben vor allem Christen. Ich bin Christ.

Hat sich die Stimmung zwischen den Vierteln nach dem Attentat verändert?

Nein. Allen war klar, dass der Anschlag auf das Konto der Syrer geht. Da es in Beirut keinen syrischen Stadtteil gibt, kann man sich überall frei bewegen. Es reicht, wenn die unsere Nachbarn sind.

Sie beschreiben die libanesische Gesellschaft als äußerst machistisch. Die Männer gieren nach ausländischen Waffen und verehren diese mehr als die Heiligen in der Kirche. Ist das noch immer so?

Ich wüsste nicht, warum sich das geändert haben sollte. Aber auch die Frauen tragen eine Verantwortung bei der Kriegstreiberei. Sie teilen die Ehrbegriffe der Männer.

Auch noch heute?

In Beirut mag das anders sein. Dort sind die Frauen freier. Aber dort, wo starke tribale Strukturen herrschen, ist die Gruppe in einem Kollektivverhalten gefangen. Alle sitzen in einem Boot, und der Kapitän ist natürlich ein Mann.

Das klingt ausweglos.

Leider ist es so. Nicht nur der Libanon, sondern der gesamte Nahe Osten krankt daran. Man streitet sich um Dinge, um die es sich nicht lohnt zu streiten. Um Probleme mit einem anderen Familienclan zum Beispiel. Das sind meiner Meinung nach falsche Probleme, dennoch werden ihretwegen Kriege geführt. Denn bei Auseinandersetzungen mit jemandem aus einem anderen Familienclan kann man den Feind nicht so einfach aus dem Weg räumen, da jeder Clan sehr viele Mitglieder hat. Also begnügt man sich damit, sich gegenseitig auf die Rübe zu hauen. Das geht eine Weile so, irgendwann setzt man sich an den Verhandlungstisch und redet, doch weil sich der andere auch so nicht beseitigen lässt, bricht man die Verhandlung ab. Alles geht von vorne los. Wieder haut man sich gegenseitig auf die Rübe, wieder wird verhandelt. Es findet kein Ende. Voilà.

Wie ermüdend.

Während des Bürgerkrieges war es in Beirut ähnlich wie in den fünfziger Jahren in meinem Heimatort Zgharta: Es gab eine Demarkationslinie, die man nicht überschreiten durfte. Man sagte, dass der andere teuflisch sei, beschimpfte sich lauthals und schoss aufeinander.

Und wie ist es heute in Zgharta?

Ruhig. Aber man geht immer noch nicht ins Viertel der anderen Familie. Untereinander geheiratet wird eigentlich auch nicht.

Viele Libanesen wandern aus. Sie haben nie daran gedacht?

Ich war zwei Jahre in Frankreich. Damals war ich noch verheiratet. Als meine Frau schwanger wurde, sind wir zurück, weil das Leben dort für uns zu teuer war.

Und wenn es wieder Krieg gibt?

Ich werde trotzdem bleiben. Wissen Sie, ich reise viel, da erhole ich mich immer von dem Stress in meinem Land. Ich bin jetzt übrigens in Zgharta angekommen.

Was für ein Auto fahren Sie überhaupt? In Ihrem Roman wirkt es, als hätten im Libanon alle Leute einen Mercedes.

Sie werden lachen, ich sitze tatsächlich in einem Mercedes. Die Leute hier lieben dieses Auto. Ich sagte Ihnen vorhin doch, dass ich in Beirut im Stau stand. Es ist so viel los, weil die Muslime gerade ihr Opferfest feiern. Hier in Zgharta, wo vor allem Christen leben, ist normaler Verkehr. Stau gibt es bei uns nur an Weihnachten. So ist das eben im Libanon.

Das Gespräch führte Karen Krüger

Jabbour Douaihy: „Morgen des Zorns“. Aus dem Arabischen übersetzt von Larissa Bender. Hanser, 340 Seiten, 24,90 Euro.

Den vollständigen Artikel finden Sie hier.

Buchempfehlung "Europa im Erdölrausch"

Buchempfehlung "Europa im Erdölrausch"

Dr. Daniele Ganser, Jahrgang 1972, studierte an den Universitäten Basel und Amsterdam u.a. Geschichte, Philosophie und Anglistik und setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit Friedensforschung auseinander. Mit seiner Dissertation „NATO-Geheimarmeen und inszenierter Terrorismus in Europa im kalten Krieg" befasste er sich schon sehr früh mit einem Thema, das mit dem Anschlag von 9/11 von einem Tag auf den anderen weltweit allgegenwärtig werden sollte. Bald nach dem Anschlag von 9/11 kamen erste Zweifel an der offiziellen Version der Geschehnisse rund um das Attentat auf. Es ging und geht auch heute noch insbesondere um die Frage, ob der Anschlag von offizieller Seite inszeniert oder geduldet war. Der Friedensforscher Ganser setzt sich damit auseinander, welche wahren Ziele mit Kriegen verfolgt werden. Oil Peak, die Massenvernichtungswaffenlüge, vermeintliche Atombomben im Iran, die Neutralität der Schweiz, Terroranschläge und erneuerbare Energien erscheinen in einem interessanten Zusammenhang, der zu denken geben muss. Lesen Sie ein Gespräch, das aufzeigt, wie komplex zahlreiche politische und wirtschaftliche Entscheide sind, wie die Meinungen vielfältig auseinandergehen und wie auch die Schweiz betroffen ist.

Christian Dueblin: Sehr geehrter Herr Dr. Ganser, Sie beschäftigen sich mit geopolitischen Fragestellungen, dem Thema Oil Peak und mit erneuerbaren Energien. Sie haben aber auch Studien zur Friedensforschung betrieben, haben zahlreiche Bücher über Kriege, Terrorismus und versteckte Armeen sowie inszenierte Attentate verfasst. Was hält Ihrer Ansicht nach Ihre zahlreichen und auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinenden Forschungstätigkeiten im Innersten zusammen sprich, was treibt Sie an?

Dr. Daniele Ganser: Das tragende Element, das diese Themen verbindet, ist für mich ganz klar die Friedensforschung. Ich habe schon sehr früh eingesehen, dass ich in der Schweiz ein sehr privilegiertes Leben führen kann. Wir sind hier auf einer Art Insel. Es gibt hier keine Landminen, man wird nicht erschossen, es gibt Bildungsmöglichkeiten für jedermann und ich kann das Wasser aus dem Hahn trinken. Wenn man diese Situation nun mit anderen Menschen vergleicht, die in Ländern wohnen, die ich bereist habe und die Blickpunkt meiner Studien sind, so stellt sich gezwungenermassen ein Schockzustand ein. Es war mir ein Anliegen, gewisse Zusammenhänge und Machenschaften auf der Welt aufzudecken.

Mein erstes Buch handelte von der Kuba-Krise. Es ging damals um die Stationierung von nuklearen Raketen auf Kuba. Das führte zu grossen Spannungen und die Welt schrammte 1962 knapp an einem grossen Unglück vorbei, das einen Dritten Weltkrieg hätte auslösen können. Ich wollte u.a. auch die Rolle der Weltfriedensorganisation UNO in Bezug auf diese Krise näher beleuchten. Ich stellte bald fest, dass einiges in Bezug auf meine Vorstellungen über diese Weltfriedensorganisation nicht zusammenpasste und ging den Dingen systematisch und wissenschaftlich auf den Grund.

Was haben Sie bei Ihren Studien herausgefunden und was hat Sie bewogen, später auch andere Gewaltkonflikte unter die Lupe zu nehmen?

Die Amerikaner führten schon seit der Machtergreifung von Fidel Castro 1959 einen verdeckten Krieg gegen Kuba Die Probleme zwischen den zwei Ländern begannen also nicht erst während der Raketenkrise 1962. Es war immer schon das Ziel der USA, Fidel Castro zu stürzen. Das bekannteste und vom CIA inszenierte Beispiel, das die meisten Menschen kennen, ist wohl die „Schweinebuchtinvasion" von 1961. Diese misslang. Danach erstellte das Pentagon einen geheimen Plan mit dem Namen „Operation Northwoods". Gemäss diesem Plan wollten die Amerikaner ein amerikanisches Schiff an der Küste von Kuba in die Luft sprengen und dieses Attentat Fidel Castro anhängen. Auch hatte man im Sinn, eine Drohne über Kuba in die Luft zu sprengen, mit der Absicht, die Kubaner für den Abschuss verantwortlich zu machen. Auch in den USA selber wollte man Sprengungen inszenieren, um sie Fidel Castro anhängen zu können. Dokumente aus dem Pentagon beweisen also, dass das Pentagon geplant hat, Terroranschläge zu inszenieren, um einfacher gegen Kuba vorgehen und die Bevölkerung für einen Krieg animieren zu können. Der Plan wurde nie ausgeführt, weil ihn Präsident Kennedy stoppte. Aber ich fand diese Vorgehensweisen der verdeckten Kriegsführung abscheulich und interessant zugleich und wollte mehr über die politischen und wirtschaftlichen Hintergründe wissen.

Sie sprechen eine klare Sprache und haben mit vielen Aussagen und Themen, die Sie angegangen sind, auch Kritik einstecken müssen. Was haben Sie in der Schweiz diesbezüglich für Erfahrungen gemacht?

Als ich anfänglich über die Kuba-Krise schrieb und zur verdeckten Kriegsführung beispielsweise in Nicaragua recherchierte und auch Beweise vorlegen konnte, wurde das von der Universität honoriert. Ich bekam Bestnoten und man lobte meine Arbeit. Ich machte damals aber noch keine Medienarbeit, gab also keine Interviews. Ich war aber schon damals weltweit mit anderen Forschern sehr gut vernetzt. Mit ihnen habe ich Bücher und Texte ausgetauscht. USA und England sind Länder, die traditionell verdeckte Kriegsführung betreiben. Da erstaunt es auch nicht, dass die meisten meiner Kontakte, die auf demselben Gebiet forschen, in London und in Washington zuhause sind. Sie stellen in ihren eigenen Ländern eine gewisse intellektuelle Opposition dar. Diese Menschen verstehen die verdeckte Kriegsführung und heissen sie nicht gut. Sie machen immer wieder darauf aufmerksam, dass es schlicht und einfach nicht stimmt, dass die USA und Europa, also die NATO Länder, seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor allem die Menschenrechte und die Demokratie gefördert haben, und dass alle Kriege diesen Zielen dienten. Und in der Tat ist das eine sehr verlogene Geschichte, die nicht mit den Fakten übereinstimmt. Diese Forscher und Experten, von denen ich viel lernen durfte, zeigen deutlich auf, dass in vielen Fällen Krieg nur dazu dient, wirtschaftliche Interessen wahrzunehmen, also Profit. Das gefällt natürlich nicht allen Menschen gleich gut. Ich selber wollte Friedensforschung betreiben, jedoch vor allem das Gebiet „verdeckte Kriegsführung" näher beleuchten.

Sie haben damals die NATO unter die Lupe genommen und ein Buch über verdeckte Geheimarmeen und inszenierten Terrorismus geschrieben, das weltweit zur Kenntnis genommen wurde. In dieser Doktorarbeit bearbeiteten Sie das Gebiet Terrorismus. Wie kamen Sie dazu, diese Themen anzugehen, die doch für einen Laien auch etwas exotisch klingen?

Ich suchte damals im Rahmen meiner Doktorarbeit ein spannendes Thema, das noch niemand bearbeitet hatte und bekam den Hinweis aus den USA, dass das Thema NATO und Geheimarmeen noch nicht erforscht sei. 1998 fing ich an, mich um die NATO-Geheimarmeen und inszenierten Terrorismus zu kümmern und stellte erste Recherchen an. 1998 wurde noch nicht von „Terror" gesprochen. Vier Jahre später, 2001, war meine Doktorarbeit fertig. Es kam kurz darauf zum Anschlag von 9/11, den wir alle kennen. Die Interessenlage rund um das Thema „Terrorismus" änderte sich innerhalb von wenigen Minuten schlagartig und ich wurde aufgrund meines Dissertationsthemas von vielen Medien zum Thema Terror kontaktiert. Damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Buch über die NATO und die Geheimarmeen ist mittlerweile in über 10 Sprachen übersetzt worden und hat sich sehr gut verkauft. Das ist für eine Doktorarbeit ungewöhnlich.

Sie bekamen für diese Dissertation Lob. Die Zeitschrift „Der Spiegel" nahm das Thema ebenfalls auf und machte auf kriminelle Machenschaften aufmerksam, die Sie in Ihrem Buch beschreiben. Sie mussten aber schon früh auch Kritik einstecken, da Sie mit Ihren Aussagen an einem Weltbild rüttelten, an das viele Menschen glauben und von dem sie sich nicht abbringen lassen wollten. Wie gingen Sie mit dieser Kritik um?
(....)
Sehr geehrter Herr Dr. Ganser, was wünschen Sie sich für die Schweiz und die Energieprobleme, die anstehen und gelöst werden müssen?

Die Schweiz hat keine Truppen, die sie, wie das andere Länder tun, in erdölreiche Regionen der Welt entsenden kann, um Ölreserven zu sichern. Und das ist gut so. Die Schweizer Neutralität muss weiter hochgehalten werden. Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn keine Länder auf der Welt mehr Truppen in andere Länder senden würden. Dann hätten wir einige Probleme gelöst. Die Schweiz sollte dabei bleiben, keine Truppen in Kriege zu senden. Was wir tun können ist, unsere Häuser besser zu isolieren und unser Konsumverhalten anzupassen. Das ist machbar. Andere Länder, wie beispielsweise die USA, gehen ganz andere Wege. Häuser werden gar nicht isoliert und es werden nach wie vor Autos gefahren, die ungeheuer viel Benzin verbrauchen. Mit dieser Einstellung wird den Menschen in den USA gar nichts anderes übrig bleiben, als Truppen in andere Länder zu senden, um dort Ölreserven sicherzustellen. Die Schweiz hat in langer Tradition gezeigt, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden können. Ein Konflikt ist nichts Schlechtes. Man kann daran wachsen. Kommt es aber zum Krieg, gibt es nur Elend.

Buchhinweis: Im September 2012 erscheint im Orell Füssli Verlag das neue Buch von Herrn Ganser: Europa im Erdölrausch. Die Folgen einer gefährlichen Abhängigkeit. 400 Seiten. 35 Franken.

Hier finden Sie das vollständige Interview von Herrn Christian Düblin in xecutives.net

Le Monde Diplomatique – Arabische Welt. Ölscheichs, Blogger, Muslimbrüder

Le Monde Diplomatique – Arabische Welt. Ölscheichs, Blogger, Muslimbrüder

Rezension von Julia Schöpp

Die „Monde Diplomatique“ hat gemeinsam mit der taz im Frühling 2012 ihre elfte Ausgabe der „Edition Le Monde“ herausgebracht. Die Editionen sind Sonderausgaben der LMD, in denen Artikel aus den verschiedenen Ausgaben der Monde Diplomatique, ergänzt um aktuelle Reportagen, Essays, Porträts sowie vielen Karten, Grafiken, Chronologien und Links, gesammelt sind. Das Thema der aktuellen Ausgabe: Die Arabische Welt.

Auf dem Cover der Zeitschrift, dessen Hintergrund in grün gehalten ist, ist das Portrait einer jungen Frau abgebildet, mit Kopftuch, die fest und entschlossen in die Kamera schaut (dabei erinnert es an die Fotoserie von Feriel Bendjama für den zenith-Fotopreis). Zusammen mit dem Untertitel des Magazins – Ölscheichs, Blogger, Muslimbrüder – vereint dieses Cover somit in einem Rundumschlag die Klischees, die seit dem vielbesagten Frühling 2011 in der deutschen Medienlandschaft von der Arabischen Welt vorherrschen.


Doch schon im Editorial betont Jakob Horst, dass dies nicht das Ziel sei: Keine Klischees sollten reproduziert werden, sondern es ginge darum, „genauer hinzusehen“. Das, so der Redakteur, geschehe immer weniger, da die Öffentlichkeit das Interesse an den komplexen postrevolutionären Prozessen verloren habe.


Diesem Ziel wird die Edtition Le Monde gerecht. Dreiundzwanzig Journalisten und Journalistinnen von verschiedenster Nationalität und Herkunft, darunter auch große Namen wie Volker Perthes und Edward Said, berichten über eine breite Auswahl von Themen. In der Kategorie „Religion und Sprache“ erzählt Edward Said aus einem sehr persönlichen Blickwinkel von den Eigenheiten der Arabischen Sprache und der Rolle, die das Hocharabische (fusha) und die Alltagssprache (ammiya) für die Araber spielen.


Volker Perthes schreibt über „Die letzten Tage des syrischen Regimes“. Dieser Titel mag aus heutiger Sicht voreilig erscheinen, sein abschließender Satz jedoch aktueller denn je: „Je länger es dauert, bis das Regime weicht, je mehr der Aufstand sich militarisiert und die Aufstände einen konfessionellen Charakter annehmen, desto schwieriger werden Versöhnung und politischer Wiederaufbau nach dem unabwendbaren Ende des derzeitigen Regimes.“


Die Edition LMD bietet auch darüber hinaus eine Vielzahl gut recherchierter Artikel abseits des Mainstreams der „Arabischer Frühling“-Berichterstattung, beispielsweise über die Rolle der Fußballfans oder der Arbeiterbewegung während der ägyptischen Revolution. Das Embargo der 1990er Jahre gegen den Irak wird kritisch thematisiert, ebenso die Lage der Palästinenser: Anstatt, wie sonst so oft zu fragen, was die Machtergreifung der Muslimbrüder in Ägypten für Israel bedeuten könnte, beschäftigt sich Joseph Dana mit der katastrophalen Situation der Palästinenser in der so genannten „Zone C“. Diese sowohl militärisch als auch zivil unter der Verwaltung Israels stehenden Gebiete machen den größten Teil Palästinas aus. Auch dem Westsahara-Konflikt widmet sich ein Artikel.


Die Edition LMD „Arabische Welt“ ist also durchaus die Investition von 8,50€ wert, zumal sie aufgrund ihres Fokus auf Hintergrundthemen nicht so schnell an Aktualität verliert.

Hier geht’s zur Homepage der Edition LMD.

Lamya Kaddor und Rabeya Müller: Der Islam - Für Kinder und Erwachsene

Lamya Kaddor und Rabeya Müller: Der Islam - Für Kinder und Erwachsene

von Helga Walter-Joswig

Die beiden Autorinnen sind uns schon mit Werken aus diesem Verlag vertraut. Lamya Kaddor schrieb zusammen mit Rabeya Müller den ersten „Koran für Kinder und Erwachsene“, 2008 erschienen. Lamya Kaddor schrieb das Buch „Muslimisch – weiblich – deutsch! – Mein Weg zu einem zeitgenössischen Islam“ aus dem Jahre 2010 mit ihren Erfahrungen als muslimische Frau in Deutschland. – Lamya Kaddor ist Islamwissenschaftlerin und in der Religionspädagogik bekannt. Ihre Mitautorin, Rabeya Müller, ist islamische Theologin und ebenfalls Religionspädagogin. Mit vorliegendem Werk möchten die beiden Musliminnen einem interessierten Lesepublikum – aus vielen Alters- und Bildungsstufen - in ihrer eigenen Sichtweise den Islam nahebringen, wobei sie brisante Themen nicht aussparen.

Das überaus komplexe Thema ist in elf Kapitel strukturiert. Es beginnt mit „Viele Namen, ein Gott“, eine Vorstellung Gottes - Schöpfer in vielen Religionen - und seinen 99 Namen im Islam. Es folgen die „Fünf Säulen des Islam“, das sind die Pflichten, denen sich jeder Muslim unterwerfen muss. Die Autorinnen stellen sie im Einzelnen vor: 1. das Glaubenszeugnis, 2. das Gebet, zu welchem der Ablauf illustriert ist. Dazu gehört als wichtige Prämisse die Gebetswaschung, denn jeder Gläubige muss vor dem Gebet rein sein, was ebenso bildlich erläutert ist, 3. das Fasten im Ramadan mit genauer Beschreibung des Alltagslebens in dieser Zeit, 4. die Pflichtabgabe, die den Armen und Bedürftigen, den Verschuldeten oder Reisenden zugute kommen soll. Schließlich ist die fünfte Säule die Pilgerfahrt nach Mekka, mit Erklärungen zu Kleidung und Verhaltenweise bei den vorgeschriebenen Riten.

Mit „Allahu akbar“ ist das dritte Kapitel „ Die Moschee, das Haus der Gemeinde“ überschrieben. Wir erfahren, was zu einer Moschee gehört und die Geschichte von Moscheen und Gebetshäusern in Deutschland. Des weiteren den Imam als Gemeindevorsteher und einen Diskurs zur Frage ‚Frauen als Imame?’ Was lernen Schüler in den Koranschulen? Die Autorinnen plädieren für die deutsche Sprache im Koranunterricht, da viele junge Muslime inzwischen das Deutsche besser beherrschten als ihre Herkunftssprache.

Das wichtige vierte Kapitel nennt sich „Der Koran, das Wort Gottes – ‚das Buch, an dem kein Zweifel besteht’“ mit den Untertiteln ‚Gott spricht selbst’ durch die Offenbarung an Muhammad. ‚Suren und Verse’ zeigen die Gliederung des heiligen Buches, ‚Gebote und Verbote’ sowie die ‚Speisegesetze’. Große Diskussionen gibt es in Deutschland zum ‚Schächten’, das im geltenden Tierschutzgesetz verboten ist. Es folgt die Rubrik ‚Den Koran verstehen’ mit Erläuterung der Begriffe ‚Auslegung’ und ‚Interpretation von zentralen Aussagen’. Weiters werden das Alkoholverbot, die Theologischen Schulen mit ihren divergierenden Denkrichtungen angesprochen. Die Autorinnen stellen anschließend im fünften Kapitel „Die Scharia, das islamische Recht“ die verschiedenen Rechtsschulen vor und wir erfahren Näheres zu den angeschnittenen Fragen ‚Harte Strafen?’ und ‚Was ist eine Fatwa?’

Ein längeres, den theoretischen Teil der Religion des Islam abschließendes Kapitel ist dem Propheten gewidmet „Muhammad, der Gesandte Gottes“. Es werden seine Lebensgeschichte und die Überlieferung seiner Worte und Taten behandelt sowie die große Spaltung des Islam in Sunna und Schi’a nach dem Tode des vierten Kalifen Ali.

Das folgende Kapitel gibt einen Einblick in das Zusammenleben von Frauen und Männern in Ehe und Familie. Die Autorinnen prangern Auswüchse in Form von Zwangsheirat und Ehrenmord an. Hier finden wir auch Erklärungen zum Tragen des Kopftuchs als äußeres Zeichen muslimischer Frauen in der Öffentlichkeit. Im nächsten Abschnitt „Tradition und Kunst“ werden die Themen ‚Glaube und Wissenschaft’, ‚Der böse Blick’, ‚Musik und Tanz’ und ‚Verbotene Bilder?’ vorgestellt. Im 9. Kapitel „Der Islam und die Anderen“ belegen die Autorinnen, dass es auch im Islam eine Periode der Aufklärung wie in den westlichen Staaten gegeben hat und dass der Islam sehr wohl den Begriff ‚Toleranz’ kennt und achtet. Es wird allerdings Respekt vor den anderen Gläubigen gefordert. Damit sind Besitzer eines heiligen Buches gemeint, wie Juden und Christen. Die beiden letzten und politischen Abschnitte der Abhandlung sind u.a. der Islamkritik mit dem Phänomen ‚Meinungsmache’ gewidmet sowie der islamischen Vielfalt in Deutschland. Eine Landkarte vermittelt die Ausbreitung des Islam weltweit. In diesem Zusammenhang werden die verschiedenen Baustile der Sakralarchitektur anhand bedeutender Moscheen vorgestellt. –

Das Nachwort im Anhang wirft einen Blick auf das sogenannte ‚Bilderverbot’ und ‚Islamische Medien in Deutschland’ mit Fernsehen, Rundfunk und den Angeboten des Internet. Literaturhinweise, ein Register und ein Verzeichnis der angesprochenen Koranstellen beschließen das Buch.

Wunderschön sind die originellen Zeichnungen der Kulturillustratorin Alexandra Klobouk, einer Meisterschülerin an der Kunstschule Berlin-Weißensee. Den Buchumschlag in ansprechender Farbkomposition zieren Bauwerke aus dem muslimischen Kulturkreis, hübsch ineinandergeschachtelt. Die vielen ideenreichen Illustrationen, künstlerisch gestaltet in Braun- und Gelbtönen, im Innern des gebundenen und mit einem Lesebändchen versehenen Buchs, veranschaulichen den Text. Dieser ist mit einer Fülle an Themen sehr verständlich geschrieben und mit beredten Beispielen belegt. Dem tut eine Unstimmigkeit auf Seite 51 keinen Abbruch: Die Erklärung zur Vokalisierung ist nicht ganz korrekt, denn es gibt im Gegensatz zu den Zeichen für Vokale, die wegfallen können, diakritische Zeichen. Diese gehören zu bestimmten Konsonanten und sind zur Unterscheidung unabdingbar. Außerdem sind die Bezeichnungen für ‚Haus’ und ‚Mädchen’ unter den arabischen Worten vertauscht.

Das Ziel des Werkes, eine – auch innerislamische – Diskussion anzuregen, verfolgen die Autorinnen mit großem Engagement. Sie haben zum einen selbstkritisch Dinge aus dem Islam angesprochen, fordern andererseits aber „auch eine differenzierte Sichtweise von nicht-muslimischer Seite“. – Dem interessanten, informativen Buch, lange ein Desiderat, sollte eine weite Verbreitung beschieden sein.

-------------------------------------------------

erklärt von Lamya Kaddor und Rabeya Müller
illustriert von Alexandra Klobouk

Verlag C. H. Beck, München 2012
176 Seiten, Halbleinen € 19.95
ISBN 978-3-406-64016-2

Perizade

Perizade

Ein Buch, das Lebenshilfe, Inspiration zu vertiefendem Betrachten und Kunstgenuss zugleich darstellt: die Originaltexte der einzelnen Geschichten,die leidenschaftliche Sprache des deutenden Poeten und die in ihre gegenwärtige Dimension einführende Auslegung der Erzählungen mit schwerpunktmäßiger Interpretation gehaltvoller Sätze lassen das Lesen zu einem Geist und Seele durchdringenden Erlebnis werden.

Wolfram Stutz, Jahrgang 1956, erhielt die Sammlung der Erzählungen aus den Tausendundein Nächten als Geschenk von seinem Bruder Michael Stutz. "Dafür müsste ich meinem Bruder ein Denkmal setzen!" sagt der Schriftsteller

1995 begann er mit der Lektüre, zwei Jahre später mit der Abschrift des Werkes. In Bayreuth gab er ab 2001 sein erworbenes Wissen mit Begeisterung weiter. Im Dotzauer-Literaturforum fanden seine Vorträge und Interpretationen dankbare Aufnahme und hohe Anerkennung.

Madmen at the Helm

Madmen at the Helm

Old versus new, democracy versus dictatorship, madness versus sanity...
Ithaca Press is pleased to announce the publication of Madmen at the Helm: Pathology and the Arab Spring, by Muriel Mirak-Weissbach.
Are dictators mad or do they just not know when to quit? Do they know that people hate them, or do they have personality disorders that block this knowledge from their consciousness?
While taking into due consideration the geopolitical manipulations from outside forces, Muriel Mirak-Weissbach takes a unique perspective when she places the events of the Arab Spring in the context of personality disorders such as narcissism, paranoia, delusion, hysteria and sociopathy, considering five Arab leaders (Mubarak, Qaddafi, Ben Ali, Saleh and Assad) in turn.
A watershed in Arab history, the Arab spring gave young protesters the impetus to challenge established and entrenched dictatorial regimes for the first time, and to demand representative government. Mirak-Weissbach examines the public statements, speeches, interviews and courses of actions of the five leaders in response to these challenges, and identifies patterns and similarities of behaviour. She then argues that their responses illustrate their psychological inability to face reality, and their determination to cling fanatically to power in the face of revolt.
A postscript to the book serves to show that this is a universal phenomenon, not a uniquely Arab one, by identifying examples of narcissism and its associated disorders in contemporary American politics; specifically in the behaviour of George W. Bush and Sarah Palin.
This book will have huge appeal to those interested in gaining a deeper insight into the catalyst for and responses to the Arab Spring, and its implications for the future of democracy and power, in the Middle East and elsewhere.
Muriel Mirak-Weissbach has worked for thirty years as a political journalist, specialising in economic, political and cultural developments in the Arab and Islamic world. She worked with an international press agency for many years and published hundreds of articles in various political and cultural journals on topics related to development policy, the dialogue between Christianity and Islam, and political events in the Arab and Islamic world.

Schönheit des Herzens

Schönheit des Herzens

Lubna Abdullah Al Balushi,
geboren und aufgewachsen in Maskat, der Hauptstadt des Oman, ist gelernte Buchhalterin und führt heute dort das Büro einer Schweizer Firma. In den letzten drei Jahren hat sie Deutsch gelernt und sich so sehr in die Sprache verliebt, dass sie ihre Passion für Poesie nun auf Deutsch auslebt.

Lorenz Korn: "Die Moschee: Architektur und religiöses Leben"

Lorenz Korn: "Die Moschee: Architektur und religiöses Leben"

von Helga Walter-Joswig

In einer Zeit, in der die Medien nicht nur in Deutschland oft und gerne über Moscheebauten diskutieren, liegt es nahe, sich mit diesem Thema intensiver zu beschäftigen. Die Moschee ist das Symbol, mit der sich eine islamische Gemeinde nach außen sichtbar repräsentiert. Die Geschichte der Moschee in ihrer ausgeprägten Architektur und das religiöse Leben, dem sie dient, werden in vorliegendem Werk vorgestellt. - Der Autor ist Professor für Islamische Kunstgeschichte und Archäologie an der Universität Bamberg. 2008 ist von ihm im gleichen Verlag die Geschichte der islamischen Kunst erschienen, welche hier ebenfalls besprochen wurde.

Die Einleitung behandelt „Funktion und Bedeutung von Moscheen“. Mit der Auswanderung des Propheten Muhammad von Mekka nach Medina im Jahre 622 n. Chr. konstituierten sich die Anhänger zu einem politisch-religiösen Gemeinwesen. Für die vorgeschriebenen Ritualgebete und allgemein die Versammlung der Gläubigen war ein Kultbau notwendig geworden. Insbesondere für das Freitagsgebet, dem sich die wichtige Predigt des Imam anschloss. So muss die Moschee im Prinzip drei Kriterien erfüllen: Abgrenzung nach außen, Ausrichtung nach Mekka und kultische Reinheit, die sich bis heute erhalten haben. Die sogenannte Große Moschee für den Freitagsgottesdienst ist zusätzlich mit einer Predigtkanzel ausgestattet. Die Vielfältigkeit der Sakralarchitektur, die sich in den Ländern zwischen Marokko und Indonesien im Laufe von 14 Jahrhunderten entwickelt hat, ist beeindruckend. Interessant sind auch die Namen, welche die Moscheen tragen; oftmals nach Stiftern benannt, aber auch nach Lage oder Umgebung. So ziert als Titelbild die berühmte „Blaue Moschee“ in Istanbul den Buchumschlag.

Im Hauptteil führt uns Lorenz Korn durch die Geschichte der Moschee von der Frühzeit des Islam (622 – 750) bis zur Gegenwart. – Die Ausführungen, beginnend mit Kapitel II. „Monumente einer neuen Religion“, gelten chronologisch der Moschee des Propheten, den Moscheen der Eroberer und jenen aus der Umayyadenzeit. In Letzteren wurde erprobt und eingeführt, was aus heutiger Sicht einen wesentlichen Bestandteil der Architektur und Einrichtung einer Moschee ausmacht. Allerdings ist der berühmteste Sakralbau dieser Zeit, der Felsendom in Jerusalem – erbaut ab 692 n.Chr. - , keine Moschee, sondern dient als Baldachin, den heiligsten Ort auf Erden zu schützen und hervorzuheben. Auch aus der Frühzeit des Islam stammt die berühmte Ka’aba in Mekka, „Haus Gottes“ und Moschee, erbaut ab 622.

Kapitel III. „Gebete im Namen des Kalifen“ behandelt die klassische Epoche des Islam (750 – 1400): Moscheen der Abbasidenzeit in Thema und Variationen; Weiterentwicklung des Betsaals – Moscheen des islamischen Westens; der Kuppelraum in Moscheen des Iran; Koranschule und Moschee in Ägypten und Syrien. Die Vielfalt der Formen in Nordmesopotamien und Anatolien beschließen den Abschnitt.

Kapitel IV. „Siegeszug der Kuppel (1400 – 1750)“ beschreibt dieses besondere architektonische Element in den Moscheen, ebenfalls an Hand von Fotos und Architekturzeichnungen. Berühmte Kuppelbauten finden sich besonders in den Ländern vom Hochland des Iran bis zum Ganges. Ausgangspunkt war die osmanische Kuppelmoschee in Edirne, von Sultan Murat II. (1437 – 1447) in seiner Hauptstadt errichtet. Unter anderem bringt Michael Lüders als Beispiel auch die Aladža-Moschee in Foča (Bosnien und Herzegowina), erbaut 1551. Sie wurde im bosnischen Bürgerkrieg 1992 zerstört, so wie viele Gotteshäuser der Kriegsfurie zum Opfer fielen. Dank finanzieller Unterstützung der EU werden sie wieder aufgebaut und zieren Dörfer und Städte.

Das abschließende Kapitel V. „Die Moschee von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart (ab 1750)“ weist zunächst auf den europäischen Historismus und orientalische Variation und führt zur Moderne und Postmoderne. „Moscheen und Diaspora“ betrifft im Besonderen auch den europäischen Raum. Wie aus den Medien bekannt, trafen einige Bauten in Deutschland auf heftigen Widerstand der ansässigen einheimischen Bevölkerung. Nichtsdestoweniger sind sie eine große Bereicherung der Architektur in Städten und Gemeinden. Beispielhaft nennt Lorenz Korn die Moscheen in Berlin, Hamburg, Duisburg, Mannheim, Köln, Penzberg oder München. Wobei er den in Mitteleuropa entbrannten Streit um das Minarett nicht ausspart.

Der nützliche Anhang bietet ein Glossar, eine Tafel der Dynastien in der islamischen Geschichte, Literaturhinweise, den Bildnachweis sowie Personen- und Ortsregister. Die beiden Karten in den Umschlaginnenseiten des Taschenbuchs zeigen den Ost- bzw. Westteil der islamischen Welt. – Viel Wissen verständlich vermittelt, empfehlenswert!

------------------------------------------

Lorenz Korn

Die Moschee: Architektur und religiöses Leben

Verlag C.H. Beck
Beck’sche Reihe Wissen, München 2012
128 Seiten mit 60 Abbildungen (Fotos, Grundrisse etc.), davon 23 in Farbe, und 2 Karten
Broschur € 8,95
ISBN 978-3-406-63332-4