"In diesem Konflikt braucht man keine Mittler", meint die russische Zeitung NEZAWISSIMAJA GAZETA: "Die beteiligten Seiten sind selbst in der Lage, ihre Probleme zu lösen. Dass Spannungen zwischen den Ländern des Persischen Golfs von Zeit zu Zeit eskalieren, ist logisch. Phasen der engen Zusammenarbeit werden abgelöst durch Reibereien wie diese. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Region weiterhin stabil bleibt. Es scheint, dass die Nachbarn Katar einfach zur Ordnung aufrufen möchten."
Die HINDUSTAN TIMES aus Delhi rät: "Keine Panik. Das kleine Katar hat gelernt, Schläge dieser Art einzustecken. Schon immer stand der Golfstaat im Schatten Saudi-Arabiens. Die Kataris sind deshalb getrieben von einem unbedingten Willen ernstgenommen zu werden. Vielleicht erklärt das, warum sie überall mitmischen - die radikalislamische Hamas genauso unterstützen wie Mitglieder der Taliban. Krisen wie diese nutzen Katar mehr als sie ihm schaden.“
"Es besteht kein Zweifel, dass Katar überwiegend wegen seiner guten Beziehung zum schiitischen Iran isoliert wurde", urteilt die in Hongkong chinesische Zeitung TAKUNGPAO: "Denn das sunnitische Königreich Saudi-Arabien sieht im Iran einen Erzrivalen. Aber die Isolation Katars ist auch das Ergebnis des geopolitischen Interessenkampfes der Großmächte. Ohne die Unterstützung des Weißen Hauses, ohne Trumps Iran-Politik, ohne das gigantische Waffengeschäft zwischen den USA und Saudi-Arabien in dreistelliger Milliardenhöhe wäre der Konflikt nicht derart eskaliert."
Der holländische TELEGRAAF macht US-Präsident Trump verantwortlich: "Die Konfrontation zwischen einer Reihe von arabischen Staaten und dem kleinen, aber mächtigen Katar hat den Nahen Osten in seinen Grundfesten erschüttert. Trump gießt Öl ins Feuer, indem er den kleinen Ölstaat zur Quelle des islamistischen Terrors erklärt. Die Fehde zwischen den Scheichs wegen so explosiver Themen wie Iran und dem radikalen Islam verschärft die ohnehin schon angespannte Lage in der Region. Katar könnte nun weiter in die Arme des Irans getrieben werden. Die relativ gute Beziehung zu Teheran, das bereits Lebensmittelhilfe angeboten hat, ist vielleicht der wichtigste Grund für den Konflikt. Er ist sicher nicht zufällig just in dem Moment ausgebrochen, da die USA gerade dabei sind, zusammen mit Saudi-Arabien und Israel eine große Koalition gegen Teheran zu schmieden".
Die in London erscheinende panarabische Zeitung AL-QUDS AL-ARABI:
"Offenbar glaubt der US-Präsident, was er bei seinem Besuch in Riad gehört hat. Ein wesentlicher Grund für seine Glaubenstreue dürfte aber das Geld sein, das er im Zuge mehrerer Geschäfte von Saudi-Arabien erhalten hat. Trump scheint sogar bereit, den Saudis mehr Vertrauen zu schenken als den militärischen Führungsspitzen seines eigenen Landes und den strategischen Partnern der USA“.
Der in Zürich erscheinende TAGES-ANZEIGER warnt: "Europa sollte sich nicht in diesen Strudel ziehen lassen oder gar Trumps Kardinalfehler nachmachen, sich im Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien auf eine Seite zu schlagen. Forderungen, Katar die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 zu entziehen, zeugen von gefährlichem Opportunismus. Katar mit Boykott zu drohen bedeutet, sich mit Saudi-Arabien und den Emiraten gemeinzumachen. Und das sollten die europäischen Kräfte in der momentanen Situation vermeiden.“
Anders sieht es die spanische Zeitung EL PERIODICO DE ARAGON:
"Es ist nicht das erste Mal, dass Saudi-Arabien auf Konfrontationskurs zu Katar geht, aber diesmal scheint man es wirklich ernst zu meinen. Alles deutet darauf hin, dass es Saudi-Arabien um eine Stärkung seiner Führungsrolle in der Golf-Region geht. Alte Allianzen stehen auf einmal auf dem Spiel, wie auch zwischen den USA und Europa. Natürlich will auch Saudi-Arabien bei dieser Neuordnung der Welt nicht zu kurz kommen, aber zunächst einmal hat Riad nur erreicht, dass der Persische Golf zu einem neuen Unruheherd geworden ist und dass Länder auf Konfrontation zueinander gehen, die dieselben muslimischen Traditionen haben und als Erdölproduzenten eigentlich dieselben Interessen verfolgen sollten".
Die BÖRSENZEITUNG: "Bis vor kurzem sind katarischen Investoren in Europa noch die roten Teppiche ausgerollt worden. In Deutschland zählen sie bei Deutscher Bank und Volkswagen zu den stabilen strategischen Aktionären. Jenseits der Frage, ob der Boykott sogar eines der reichsten Länder der Welt dazu zwingen könnte, sich aus finanziellen Gründen von einigen seiner Investments wieder zu trennen, müssen sich die Unternehmen ganz neue Gedanken über ihr Aktionariat machen. Es darf dem Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft nicht egal sein, ob mit den ausgeschütteten Dividenden indirekt auch Terror finanziert wird."
Katar ist an vielen deutschen Unternehmen beteiligt. Das kleine Emirat, ein reiches Land, war bisher als Investor gefragt.
Noch sorgen die neuen Spannungen auf der Arabischen Halbinsel die deutsche Wirtschaft wenig, denn das Handelsvolumen mit Katar ist zu klein, auch wenn das Land einer der weltweit größten Investoren ist, der sich an etlichen Global Playern beteiligt.
Die deutsche Wirtschaft reagiert auf die diplomatischen Zerwürfnisse auf der Arabischen Halbinsel um das Emirat Katar noch gelassen. "Die wirtschaftliche Relevanz ist kurzfristig sehr überschaubar", heißt es vom Außenhandelsverband BGA. Auch größere Ausschläge an den Börsen gab es zunächst nicht. Und doch ist die Entwicklung nicht ganz ungefährlich: Das kleine Golf-Emirat gilt wegen seines Öl- und Gasreichtums als eines der reichsten Länder der Welt - und ist ein gefragter Investor mit Beteiligungen an renommierten deutschen, aber auch an etlichen anderen internationalen Großkonzernen.
In der Rangfolge der deutschen Handelspartner lag Katar bei den Exporten im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt auf Platz 52, bei den Importen sogar nur auf Platz 79. Doch auch wenn das Handelsvolumen mit Deutschland gering sei - zuletzt waren es drei Milliarden Dollar -, die Entwicklung werde trotzdem beobachtet. So sind die Scheichs etwa bei Europas größtem Autohersteller Volkswagen, bei der Deutschen Bank und beim Technologiekonzern Siemens engagiert.
Die Experten des Instituts SWFI zählen die katarische Dachgesellschaft für diese Beteiligungen, die "Qatar Investment Authority" (QIA), zu den 15 größten Staatsfonds. Die QIA sieht sich selbst als globalen Investor, der seine Gelder in etlichen Vermögensklassen und Branchen in allen Teilen der Welt anlegt. Experten taxieren die investierte Summe auf mehr als 330 Milliarden Dollar.
"QIA bemüht sich um langfristig orientierte Rückflüsse aus Investitionen, ohne sich ungebührlichen Risiken auszusetzen", beschreibt QIA seine Strategie. Vorrangiges Ziel sei es, Gelder aus dem Öl- und Gasgeschäft so anzulegen, dass der Staat und künftige Generationen auf lange Sicht profitieren. Es gehe um nachhaltige Renditen ohne übermäßigen Risikogehalt.
Scheu sind die Experten auch bei der Nennung der Beteiligungen. Selbst spricht der Fonds lediglich allgemein von Anteilen an Volkswagen, Barclays, Canary Wharf, der Harrods-Gruppe, Credit Suisse, Heathrow, Glencore, Tiffany & Co und Total.
Bei Volkswagen ist die Qatar Holding mit 14,6 Prozent einer der ganz großen Aktionäre. Bei der Deutschen Bank hielten Katars Ex-Premier Hamad Bin Jassim Bin Jabor Al-Thani und sein Cousin Hamad Bin Khalifa Al-Thani Ende vergangenen Jahres zusammen rund acht Prozent sowie Kaufoptionen im Volumen von rund zwei Prozent. Bei Hapag Lloyd wird die QIA mit 14,4 Prozent Kapitalanteil geführt. Auch Konzerne wie Hochtief, Porsche und Solarworld haben Erfahrungen mit katarischen Aktionären. Dabei haben gerade die deutschen Engagements den Großanlegern aus dem Emirat in den vergangenen Jahren erhebliche Verluste gebracht.
Aber Katar ist noch viel breiter engagiert. So beteiligt sich das Emirat auf den Immobilienmärkten, kauft Ländereien, Wälder, Anleihen und andere Finanzinstrumente. Und das Land ist weiter aktiv. Erst jüngst hat sich Katar wieder in der Türkei engagiert. Daneben wurden Anteile an der russischen Ölgesellschaft Rosneft erworben. Beim französischen Mischkonzern Lagardere hat Katar gerade seinen Anteil erhöht und prüft offenbar weitere Aufstockungen.
Die deutsche Handelskammer führt nach Angaben der katarischen Botschaft in Berlin 64 Firmen aus Deutschland an, die in Katars Hauptstadt Doha einen Sitz haben. Dazu zählten Allianz, Deutsche Bank, BMW, Siemens , Thyssen Krupp, Solarworld und Wintershall. Das Land hat wiederholt sein Interesse bekundet, noch stärker mit Deutschland zu kooperieren.
Denn die katarische Wirtschaft hat auch bedingt durch den Ölpreis-Rückgang beständig an Fahrt verloren. Im vergangenen Jahr belief sich das Wachstum auf nur noch 2,6 Prozent.
< Interview mit dem ehemaligen Shin-Beit -Geheimdienstchef Carmi Gillon: